Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
Vom Netzwerk:
oder sterben wird. Er verlässt die Hochwelten kaum noch und wenn, dann ist er so gut bewacht, dass wir nicht an ihn herankommen. Erscheint er aber zu seiner Verabredung mit dir, wird er nicht bewacht sein. Denn niemand darf von seiner Verbindung zu dir wissen.“
    Hätte Elsa noch frei über ihr Herz verfügt, so hätte es jetzt aufgehört zu schlagen. Aber die schwachen, kaum merklichen Schläge, die das Herz der schlafenden Elsa in den Tiefen der Ganduup-Festung noch ausführte, hörten nicht auf. Das Herz schlug weiter, weder langsamer noch schneller, im Trott einer gleichmäßig Sterbenden, weit weg und von Elsas Gedanken unberührt.
    „Er weiß, dass ich hier bin, also wird er nicht kommen.“
    „Er wird kommen. Das weißt du so gut wie wir.“
    „Legard wird es verhindern, weil er weiß, dass es zu gefährlich ist!“
    „Er wird es nicht verhindern können, weil er tut, was ihm gesagt wird.“
    Es taten sich tiefe Strudel in Elsas schwimmenden Gedanken auf. Alles drehte sich bis zur Unkenntlichkeit in alles verschlingende Kreise hinein. Elsas Gestalt blieb davon nicht verschont. Als sie an sich selbst hinabsah, erkannte Elsa keine feste Form mehr, nur das hin- und herflackernde Grau eines formlosen Gespenstes.
    „Was ist, wenn ich nicht hingehe?“, fragte sie und kannte die Antwort schon. Sie stand in den Gedanken der anderen Ganduup geschrieben. Holanda sprach es trotzdem aus.
    „Er wird kommen, um dich zu sehen. Meine Ganduup werden dort sein, um ihn zu töten. Du kannst versuchen, ihn umzustimmen und zu retten. Du kannst es auch lassen. Da machen wir dir keine Vorschriften.“
    Elsa überließ sich für eine unbestimmte Zeit dem Hadern und Grausen und Daseinssturm ihrer unfesten Existenz. Aber es half nichts, der Sturm legte sich irgendwann. Er zwang sie zurück in eine stimmige Erscheinung ihrer selbst und machte der nüchternen Erkenntnis Platz, dass Elsas unausgegorene Pläne den einen Menschen umbringen würden, der wesentlich zum Gelingen dieser Pläne hätte beitragen sollen. Wäre er tot, musste alles, was sie sich vorgenommen hatte, misslingen. Das machte ihr Hiersein, ihr Dasein, ihren Verrat und ihre Zukunft sinnlos. So war es und sie musste sich damit abfinden, viel schlimmer noch, sie musste es durchleben.
    „Ich kann ihn nicht überreden“, sagte sie nach einer langen, qualvollen Zeit. Die Sonne war schon über den Horizont gestiegen und das Licht lag so hell auf der Terrasse, dass Holanda, das Kind, kaum zu sehen war. Sie verschwand darin. Daher hörte Elsa nur Holandas Stimme, als diese sagte:
    „Wenn wir siegen, endet alles Leiden.“

KAPITEL 46
     
    Vorher zog sich das Leiden gewaltig in die Länge. Drei Tage waren es noch bis zu dem verabredeten Treffen in der Welt, die Elsa früher einmal so lustig und bunt vorgekommen war. Wenn sie jetzt an die lächerlichen Krägen der Männer und die bunten Würstchen im Restaurant dachte, drehte es ihr den nicht mehr vorhandenen Magen um. Es gab nur eine Linderung des Leidens, eine Freude, die Elsa abzulenken vermochte. Es war das griesgrämige und mehr als bleiche Gesicht Kamarks, das am frühen Mittag nach dieser schrecklichen Nacht in der Festung auftauchte. Zwar löste die plötzliche Gegenwart eines echten Menschen bei Elsa einen heftigen Anfall von unkörperlicher Seekrankheit aus, doch kaum war dieser abgeebbt, klammerte sie sich dankbar an die willkommene Belästigung. Sie führte ihren Gast auf eine schattige Terrasse mit Meerblick und versuchte, Kamark gegenüber am Tisch Platz zu nehmen. Sie tat es so menschenähnlich wie möglich, doch ohne Erfolg.
    „Du siehst grässlich aus!“, sagte Kamark, als er sich auf seinen Stuhl plumpsen ließ.
    „Ich sehe grässlich aus?“
    „Du bist fast tot! Glaubst du, das macht Laune?“
    „Ich dachte, ich sehe so aus wie immer“, sagte Elsa. „Nur ein bisschen verschwommener.“
    „Du sagst es. Mir wird übel, wenn ich deine Umrisse so rumwabern sehe.“
    „Das hältst du schon aus. Was meinst du, wie es mir mit Menschenfleisch geht? Das ist ekelhaft!“
    „Klar, ich bin ja auch freiwillig hier, um dich zu nerven“, sagte er nörgelig. „Es ist ja nicht so, dass mir Sinhine angedroht hätte, mich zu vierteilen, wenn ich nicht gehe.“
    „Hat sie?“
    „Na, logisch. Die lässt keine Gelegenheit aus, mich fertig zu machen. Hasst mich wie die Pest.“
    „Zu mir hat sie gesagt, du seist ihr wertvollster Weltengänger!“
    „Das war Theater. Die ist überzeugt davon, dass du mich

Weitere Kostenlose Bücher