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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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bis die Türe geräuschvoll von innen entriegelt und geöffnet wurde. Der Farbige erschien im Türrahmen. Er hatte sich eine Jogginghose und ein weißes T-Shirt übergezogen. Die Kleidung war fleckig und ungewaschen, aber im Kontrast zu seiner tiefdunklen Haut strahlte sie leuchtend weiß durch die Nacht. »Er hat Hunger. Das Essen im Restaurant, meint er, sei Spielerei für einen vernünftigen Magen.« Fritz grinste schelmisch und hauchte dem Schwarzen einen Kuss auf die Wange. Dieser verzog auf der Stelle das Gesicht zu dem breitesten Grinsen, das Herbie je gesehen hatte, unter Verwendung des strahlendsten Gebisses, das Herbie je gesehen hatte. »Bissen wenig, was? Wie sagt man? Popelskram!«
    »So ähnlich«, murmelte Herbie. »Wer sind Sie?«
    Der Schwarze reichte ihm eine kräftige, warme Hand. »Rufus, bin Koch hier.« Er grinste jetzt noch ein bisschen breiter und klopfte Herbie auf die Schulter. Dann verschwand das Grinsen, er schnüffelte und sagte: »Riecht nach Rauch. Wassen passiert?« Fritz erklärte: »Die Hütte von Päul ist abgebrannt. Er wäre beinahe darin umgekommen. Er ist Gast im Hotel.«
    »Abgebrannt?« Sie stiegen unterdessen ein paar Stufen hinauf, schritten einen langen Gang entlang und erreichten schließlich eine blinkende Metalltüre.
    »Ja, alles in Schutt und Asche. Jemand hat sie angezündet. Ich hab ihn weglaufen sehen. War nicht zu erkennen, wer es war.« Fritz schilderte die Sache in einer Art desinteressiertem Singsang, aber Rufus schien trotzdem die Dramatik der ganzen Geschichte messerscharf zu begreifen. »Mann oh Mann. Da hassu ers mal was Richtiges zu essen verdient!« Er öffnete die Türe, betätigte ein paar Schalter, und vor ihnen lag die menschenleere, lichtdurchflutete Küche. Eifrig verschwand Rufus in einem angrenzenden Raum, und sie hörten ihn rascheln und räumen.
    Jetzt nutze die Gelegenheit!   Julius wackelte ungeduldig mit dem Kopf.
    »Ich wollte eigentlich erst mal alleine mit Ihnen sprechen«, sagte Herbie eilig.
    »Erst essen.« Fritz holte ein paar Töpfe aus einem chromglänzenden Schrank.
    Wenige Augenblicke später tauchte Rufus mit einer Reihe von Zutaten wieder auf.
    Herbie sah auf die Uhr. Es war beinahe ein Uhr. Die beiden machten sich über die Zutaten her und schälten und hackten und rührten, und nach kurzer Zeit zog ein ungemein leckerer, aromatischer Duft durch die Küche. Herbie konnte nicht anders, als sich der Vorfreude hinzugeben und geduldig auf einem Stuhl Platz zu nehmen, der neben einer voluminösen Rührmaschine an der Wand stand.
    »Is gut, mal was Richtiges zu kochen!« Rufus lachte und schwang einen hölzernen Löffel. »Nis imme nur so Kinkerlitzchen. Wer imme so was isst, der is beklopp!« Er lachte lauthals. Mit einem Knuff in die Rippen bedeutete ihm die grinsende Fritz, leiser zu sein.
    Etwa eine halbe Stunde später saßen sie in einem Nebenraum, der offensichtlich dem Küchenpersonal als Speise- und Aufenthaltsraum diente, um einen runden Tisch herum und blickten zufrieden und mit gehörigem Appetit auf eine Reihe von sättigend aussehenden, fremdländisch duftenden Speisen.
    Julius schüttelte missbilligend den Kopf.   Ich habe schon viele Gründe gehört, aus denen gemeine Verbrecher niemals ihrer gerechten Strafe zugeführt wurden. Es ging dabei meistens um dumme Zufälle, Bestechung und kugelsichere Westen. Aber Verfressenheit ist mir in diesem Zusammenhang völlig neu!
    Herbie kostete vorsichtig. Fremdartige Speisen riefen bei ihm stets eine gewisse Skepsis hervor. Was er hier vorgesetzt bekam, schmeckte süß und salzig zugleich, war scharf und doch bekömmlich. Was er zunächst nur löffelchenweise versuchte, schaufelte er sich wenig später bergeweise auf den Teller. Rufus und Fritz, die gemächlich vor sich hinkauten, beobachteten ihn mit Freude und unverhohlenem Amüsement.
    »Rufus, wenn ich dich so nennen darf, das ist Klasse!« Herbie griff ein weiteres Mal zu. »Wie kannst du nur so einen pingeligen Kram produzieren, den man uns zum Abendessen serviert hat?«
    »Das hier is Kelley Welley mit Kochbananas un Ingwer. Nimm dir noch Erdnüsse dassu! Un das da sin gebratene Auberginen mit Terator. Lecker Soße aus meine Heimat, Nigeria. Fritz liebt das auch.«
    Fritz zauberte ein Lächeln auf ihr klobiges Gesicht. »Und ich liebe dich.«
    Julius rümpfte angesichts der Speisenfolge pikiert die Nase.   Wenn Liebe durch den Magen geht, dann frage ich mich angesichts der Pampe, was wohl das Hirn des Kochs fabriziert,

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