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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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beginnst, für diese beiden zwielichtigen Gestalten so etwas wie Verständnis zu entwickeln?
    Herbie schmunzelte. Dass Julius kein Verständnis für diese Situation mitbrachte, war ihm vollkommen klar.
    Er atmete tief ein, richtete sich auf und sagte: »So, und jetzt überlegen wir uns, wie wir das ganze Spielchen sauber beenden.« Er blickte zuerst Rufus, dann Fritz intensiv an. Sie saßen da wie die ertappten Schulkinder. »Morgen früh werdet ihr mir zeigen, wo der Hund ist. Um eine Anzeige werdet ihr nicht drum herumkommen. Darauf wird meine Tante bestehen.«
    »Der Hund ist in der alten Fischerhütte unten im Tal an den Fischteichen«, erklärte Fritz trübe. »War nicht leicht, ihn da runterzubringen.«
    »Das glaube ich gerne. Bärbelchen ist eine echte Misttöle. Wäre mir nicht daran gelegen, meine Tante milde zu stimmen, wäre ich froh, wenn der Köter für immer verschwunden bliebe.«
    Ich glaube kaum, dass das etwas ist, was man einem Kidnapperpärchen auf die Nase binden sollte .
    Fritz stand auf und begann, das Geschirr zusammenzuräumen. Sie hatte anscheinend das Bedürfnis, irgendetwas zu tun. »In der Hütte hätte das Vieh bis übermorgen bestimmt keiner entdeckt. Da unten ist alles verwildert. Ich war selber zum ersten Mal da, als Päul mich und Rosi mal mit da runtergenommen hat.«
    Herbie musterte sie aufmerksam. »Rosi?«
    »Ja, die Rosi aus dem Dorf. Die, die im Steinbruch verunglückt ist.«
    »Ich weiß, um welche Rosi es sich handelt. Wir kannten uns von der Schule.«
    »Rosi war Klasse«, bestätigte Rufus mit Nachdruck. »War hier immer bei die Theaterleuten. Hat immer Kostüme genäht un so.«
    Julius sackte in sich zusammen. Herbies Interesse war geweckt. Jetzt würde er sich mit Impetus auf diese Rosi-Geschichte stürzen.
    »Kanntet ihr sie gut?«
    »Das wäre zu viel gesagt. Wir waren oft zusammen beim alten Päul. Der Typ war wirklich wahnsinnig. Da haben wir jede Menge Spaß gehabt.«
    »Iss kannte nur die Rosi. Vom Päul hab iss nur gehört. Fritz war imme für ihn begeistert.«
    Herbie überlegte angestrengt. Wie konnte er vorgehen? Es schien so, als sei hier eine Menge über das Verhältnis von Rosi zu Päul zu erfahren. Was konnte ihm Fritz erzählen? »Sagt mal, findet ihr es nicht merkwürdig, dass der Päul und die Rosi so kurz nacheinander gestorben sind? Das ist doch ein seltsamer Zufall, oder nicht?«
    Fritz nickte. »Seltsam schon. Aber es ist bestimmt ein Zufall und nichts anderes. Der Päul war krank. Der hat sich rumgequält zum Schluss. Und das mit der Rosi, das war eben so was, was man nie verstehen wird.«
    »Was hatte der Päul denn?«
    »Der hat früher gesoffen. Dann war er eine Zeit lang im Heim und ist schließlich wieder in seine Hütte zurück. Da war dann irgendwas mit der Bauchspeicheldrüse oder so. Ich war zum Schluss nicht mehr da.«
    »Warum nicht?«
    Fritz nahm den Stapel Geschirr, murmelte: »Das sag ich Ihnen nicht«, und verschwand in die Küche. Rufus blickte ihr nach. Sein Blick wurde traurig. »Päul hat se angegrapst. War ein alte geile Mann zu Schluss. Imme lustig, abe mansmal eben einfach bissen … bissen zu lustig. Klar?«
    »Klar.« Herbie erhob sich ebenfalls. Er sah Rufus zerknirscht an. »Danke für das Essen. Es war wirklich ganz hervorragend. Tut mir fast ein bisschen leid, dass ich euch die Tour vermasselt habe. Muss aber sein.« Er schob den Stuhl zurecht und folgte Fritz. Wortlos öffnete diese eine Türe, die zum Restaurant führte. Der Raum wurde nur vom Licht der Eingangshalle schwach beleuchtet. Sie tasteten sich langsam zwischen den Sitzgruppen zum Eingang durch, und Fritz spähte vorsichtig in die Halle. Mit einem Wink signalisierte sie Herbie, dass der Moment günstig war. Die Dame von der Rezeption wandte ihnen den Rücken zu. Herbie sagte: »Wir sehen uns morgen. Ich hoffe, ihr denkt nicht daran, abzuhauen oder so was.«
    »Wir sind nicht blöd.«
    »Ihr wart schließlich blöd genug, einen Hund zu kidnappen. Gute Nacht.« Dann huschte er in die Halle, während Fritz hinter ihm geräuschlos die Restauranttüre schloss.
    Herbie zuckte zusammen, als er auf einem Sessel der Sitzgruppe die Seminartante entdeckte, die, in sich zusammengesackt, krampfhaft eine Flasche Wodka umklammerte. Als sie ihn unter halb geschlossenen Lidern erkannte, flötete sie »Huhu!« und winkte müde.
    Herbie sandte einen knappen Gruß zurück und beeilte sich, zum Aufzug zu kommen.
    Als sich die Schiebetüre des Lifts hinter ihnen geschlossen hatte,

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