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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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sorge dafür, dass mein Hund wieder freikommt!«
    Im Hörer wurde plötzlich Lärm laut. Dann folgten Schüsse. Ein unterdrückter Schrei. »Ich muss jetzt Schluss machen, Tantchen. Ich melde mich später wieder.«
    * * *
    Als Herbie aufgelegt hatte, bot Köbes feixend in den lärmenden Kugelhagel hinein an: »Ich hätte hier auch noch ein Flakgeschütz und einen formidablen Autocrash.« Als Herbie abwinkte, schaltete Köbes die Geräusche-CD aus und studierte noch einmal die Hülle. »Das hier ist auch geil: Atombombenexplosion. Willst du nicht doch noch mal anrufen?«
    »Wir müssen los, wenn du pünktlich zum Treffen mit dem Pastor zurück sein willst«, drängte Fritz.
    Ich würde zu gerne noch der Atombombe lauschen .
    Herbie grübelte für einen Augenblick darüber nach, ob es überhaupt ratsam war, sie mit in dieses Altenheim nach Prüm zu nehmen. Würden ihre Gesichtszüge den alten Leutchen nicht unter Umständen den Schreck ihres Lebens einjagen? Er entschied sich, sie trotzdem mitzunehmen.
    Als sie von Köbes’ Hof rollten und Fritz die Maispfannkuchen auspackte, brachte Herbie zuerst einmal das Autoradio zum Schweigen, indem er die Kassette auswarf.
    Dem Himmel sei Dank! Päuls Worte waren nicht aussagekräftig genug, als dass wir sie bis nach Prüm wieder und wieder mit nicht verstellbarer Lautstärke hören müssten .
    »Ich möchte mich noch mal bei dir bedanken«, sagte Fritz mampfend zwischen zwei Bissen der köstlichen Pfannkuchen. »Auch im Namen von Rufus. Du weißt gar nicht, was du da für uns tust.«
    »Oh doch, das weiß ich. Ich riskiere im Grunde genommen Kopf und Kragen, aber ich empfinde kaum so etwas wie Angst. Kummer mit meiner Tante bin ich gewöhnt. Ich habe sozusagen sowieso Tante Hetti lebenslänglich.« Er lachte.
    Fritz erzählte von Rufus und von Nigeria in den schillerndsten Farben, so, als sei sie bereits selber unzählige Male da gewesen.
    »Wirst du die Heimat nicht vermissen?«, wollte Herbie wissen.
    Fritz blies verächtlich die Luft aus den Backen. »Ich wollte immer schon weg von hier. Ich war auch mal ein paar Monate in München. Einfach abgehauen!«
    München.
    Nina? Deine zauberhafte Cousine? Wärst du ein richtiger Mann und nicht so ein bedauernswerter Tropf, dann hättest du sie nicht so einfach ziehen lassen!
    »Halt mal an!«, rief Fritz aus heiterem Himmel. Erschrocken lenkte Herbie das Vehikel auf den Seitenstreifen. Fritz kletterte hinaus und steuerte auf eine große Rübenmiete am Rand eines mächtigen Ackers zu. »Komm mit!«, rief sie, und Herbie folgte. Die Rübenmiete war mit einer weißen Plastikfolie abgedeckt.
    Als er sah, was Fritz veranlasst hatte, hierherzukommen, sträubten sich ihm die Nackenhaare.
    Am Ende der Rübenmiete stak ein etwa drei Meter hoher Pfosten im staubigen Boden. An seinem oberen Ende war ein horizontal laufendes Holz angebracht, das an einer Seite weit hinausragte. Ein Galgen! An das Querholz war ein Strick angebunden worden, und am unteren Ende dieses Stricks pendelte kopfüber eine tote Krähe im Herbstwind. Sie hatte die Schwingen schlaff ausgebreitet. Ihr Gefieder war zerrupft und zerfleddert. Einzelne Federn standen wirr aus dem vertrockneten Körper hervor, und ihr Kopf war nahezu skelettiert.
    »So was hat Päul oft für die Bauern gemacht.«
    »Warum? Was soll das sein?«
    Gewiss eine Art von Eifel-Voodoo. Bei Vollmond tanzen vermutlich Bauer und Bäuerin drum herum, trinken frisches Rinderblut und vergraben geweihte Rüben, auf dass im nächsten Jahr die Ernte üppig ausfalle .
    Fritz erklärte, dass dies angeblich eine sichere Methode darstellte, die gefräßigen Artgenossen des toten Rabenvogels davon abzuhalten, mit ihren Schnäbeln Löcher in die schützende Folie über der Miete zu hacken.
    Subtile Vorgehensweise. Manchmal opfern sie auch eine jungfräuliche Bauerstochter. Wer weiß?
    »Auch Ratten musst du beim Sterben zum Schreien bringen, damit die anderen fernbleiben, hat Päul immer gesagt«, erzählte Fritz später im Auto.
    »Päul hat die Krähen gehasst, nicht wahr?«
    Sie wusste nicht so recht. »Gehasst? Vielleicht auch ein bisschen geachtet. Schwer zu sagen. Er wollte seine List und seine Kräfte immer mit ihnen messen. Früher hat man versucht, die Vögel mit künstlichen Eiern, in denen Phosphor drin war, zu ködern und abzumurksen. Das mochte er nicht.«
    »Da war wirklich nicht viel List und Kraft im Spiel, oder?«
    »Nee. Er hat mir mal was Lustiges von einem selbst gebastelten Uhu erzählt, den er

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