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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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in der Nähe ihres Schlafbaums platziert hatte. Der Uhu ist der natürliche Feind der Krähen. Sie haben sich zu zwanzig Vögeln über ihn hergemacht und Päul und sein Gewehr gar nicht bemerkt. Ansonsten sind die Viecher mörderisch schlau. Können angeblich sogar verschiedene Waffen und ihre unterschiedlichen Reichweiten unterscheiden.«
    »Ob er mal ein schreckliches Erlebnis mit ihnen hatte? Vielleicht die Geschichte aus der Vergangenheit?«
    »Mag sein.« Irgendwo aus dem Kofferraum kam, seit sie Bärbelchen verfrachtet hatten, ein ungesund rasselndes Geräusch.
    »Es sieht doch so aus«, begann Herbie zusammenzufassen, »als ob Päul ein düsteres Geheimnis hatte, das er schon seit Ewigkeiten mit sich herumtrug.«
    »Und das ihn mit jemand anderem verbindet.«
    »Er spricht es auf Kassette, und vieles spricht dafür, dass Rosi vor oder nach seinem Tod darauf gestoßen ist.«
    »Was wiederum eng mit ihrem Tod zusammenzuhängen scheint. Liegt also der Schluss nahe ...«
    »... dass die zweite Person aus Päuls Geschichte noch im Lande ist und ihre Finger mit im Spiel hat«, komplettierte Herbie stolz.
    Oder ein Verwandter des zweiten Mannes oder ein Erbe der zweiten Frau oder der Zeitungsbote des angeheirateten Vetters der .. .
    Es knackte unangenehm, und das rasselnde Geräusch wurde für den Rest der Fahrt von einem metallischen Quietschen abgelöst.
    Bei Olzheim bog Herbie von der B51 ab. Er erinnerte sich, dass das der Weg gewesen war, den seine Mutter früher einmal genommen hatte, als sie mit ihm einen entfernten Verwandten zu seinem Siebzigsten in Prüm besucht hatte. Das war lange her, aber als sie in den Staatsforst Schneifel eintauchten, erinnerte er sich noch genau an den Streckenverlauf.
    Die Straße in den Ort hinein führte steil bergab. Zur Linken erkannten sie durch kaum noch belaubtes Geäst hindurch die schaurigen Militärwohnklötze der früheren Air-Base. Das Gefälle der Straße war beträchtlich, und es war geradezu so, als müsse man mit ungebremster Kraft weiter und weiter rollen, vorbei an plötzlich sich verdichtenden Leuchtreklamen, sich aneinanderreihenden Geschäften und Gaststätten, bis man, ins Tal hinunterkullernd, alles Unwichtige rechts und links liegen lassend, schließlich dort ankam, wo man hingehörte, wo des Menschen Zuflucht war: vor der großen, zweitürmigen, blassroten Basilika der früheren Benediktinerabtei. Ein imposantes Bauwerk, das in keinem Verhältnis zu der es umgebenden, eher kleinen Ortschaft stand.
    So sehr sie der Anblick des Kirchengebäudes und des angrenzenden Gymnasiums in der alten Abtei aber auch beeindruckte, ihr Ziel war ein anderes. An einem voll besetzten Parkplatz schräg gegenüber der Pforte der Basilika entdeckte Fritz eine Hinweistafel mit einer Straßenkarte. Herbie hielt für einen Moment im Halteverbot, während Fritz hinaussprang und einen Blick auf den Plan warf. Herbie sah, wie sie einen Passanten ansprach, der ihr zuerst etwas mit dem Finger auf der Tafel und dann mit weit ausholenden Gesten im größeren Maßstab erklärte.
    »Weiter die Straße runter«, erklärte Fritz, als sie wieder einstieg.
    Sie folgten der Straße, die sie nach wenigen Metern parallel zur stillgelegten Bahnstrecke durch das Prümtal führte. Als sie dann rechts abbogen, fuhren sie auf der Kreuzerstraße wieder steil den Berg hoch und fanden das Haus zur Rechten. »Haus Dasberg.«
    Das Alten- und Pflegeheim war in einem alten Gebäude aus den Dreißigern untergebracht. Der Charme, den es ausstrahlte, war ein verblichener, und trotzdem wirkte das Haus einladender und freundlicher, als Herbie das von vielen Altenheimen neueren Datums kannte.
    An der kleinen Rezeption schickte sie eine junge Frau im weißen Kittel über die Treppe in den ersten Stock. Die Wände im Treppenaufgang waren mit Faksimiles russischer Ikonen und mit Batikarbeiten gesäumt, die vermutlich von den Hausbewohnern hergestellt worden waren. Es roch nach Bohnerwachs und Äther. Im oberen Stockwerk fanden sie in unmittelbarer Nähe des Treppenhauses ein kleines Zimmer, in dem zwei junge Schwestern zusammenhockten. Herbie klopfte zaghaft an die Glastüre, und eine der Schwestern erhob sich. Sie öffnete die Türe einen Spalt. »Ja bitte?«
    Julius schlüpfte an ihr vorbei in den Raum, schlenderte zu der anderen Schwester, die an einem Schreibtisch saß, und spähte über ihre Schulter in die Illustrierte, die sie gerade durchblätterte.
    »Wir suchen Frau Krechel.« Die Schwester, die ein

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