Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
Vom Netzwerk:
einlud, ihre Füße hineinzustellen, nickte und wunderte sich vermutlich über den eigenartigen Humor der Kundin.
    »Danke, Annika«, sagte Franza noch einmal, seufzte behaglich und stellte sich vor, wie alle Hornhäute der Welt sich erweichen ließen und abfielen, ohne dass man lange schrubben musste.
    Schließlich kam ihr Lilli wieder in den Sinn, Lilli und das Wissen, das sie vermutlich mit sich herumschleppte. Sie nahm das Handy und wählte die Nummer, aber Lilli ging nicht dran, Lilli war nicht erreichbar.
    Entweder, dachte Franza und ließ das Handy sinken, entweder hab ich es komplett verbockt, oder es ist irgendwas passiert.
    Plötzlich Klingeln! Franza fuhr erschrocken zusammen und hob ab. »Lilli?«
    »Nein«, sagte Dorothee Brendler, »nicht Lilli. Ich bin es! Wir können Lilli nicht erreichen! Lilli ist verschwunden! Wissen Sie, wo Lilli ist?«
    67 Die Nacht kam rasch, der Himmel war bedeckt, bald würde es regnen.
    Franza dachte an Hanna und Gertrud, die ein eigenartiges Schicksal vor vielen Jahren aneinandergebunden hatte. Immer noch hingen sie in diesen Ketten, in diesen Fesseln, und dazwischen baumelte Lilli, hilflos, allein. Sie zogen an ihr, jede in ihre Richtung und Lilli weinte und schrie, wusste nicht, wohin und fühlte die Fesseln an sich zerren, die Fesseln ihrer Mütter, die tonnenschwer an ihr hingen und sie zerreißen wollten.
    Die Donau schimmerte, dunkle metallische Fläche, Franza erinnerte sich an Ports SMS und dass sie noch nicht geantwortet hatte. Endlich tat sie es.
    Er wollte, dass sie am Wochenende kam, sie ahnte, dass sie es bleiben lassen würde. Sie wollte, dass er in seinen Theaterhimmel flog, in seinen Kunsthimmel, wohin auch immer, und sie ahnte, dass sie nicht mitfliegen konnte.
    Es begann zu regnen. Für einen Augenblick blieb Franza stehen und streckte sich der Nässe wie einer sanften Erfrischung entgegen. Urlaub, dachte sie, Urlaub, das Meer, jetzt, im Herbst, wenn der Süden milde geworden und die Hitze in den abgeheilten Sonnenbränden und den Erinnerungen derer verschwunden war, für die der Urlaub eben schon wieder Erinnerung war. Urlaub, dachte sie, auf der Stelle, wenn wir diesen Fall gelöst haben, wenn wir ihn gelöst haben, wie auch immer.
    Sie war sofort hochgesprungen, noch während Dorothees Anruf, sie hatte ins Telefon gerufen: »Ich komme! Wo sind Sie? Warten Sie auf mich!«
    Sie war aus dem Fußbad raus, rein in Socken und Schuhe, vorbei an Annikas staunenden Augen, vorbei am Nicken der Fußpflegerin ihres Vertrauens, die solches schon öfter erlebt hatte und dementsprechend entspannt reagierte. Franza hatte ein rasches »Ich ruf Sie an!« in ihre Richtung gerufen, und schon war sie weg gewesen und unterwegs zu Lillis Wohnung, während sie Herz alarmierte und noch einmal Frau Brendler anrief.
    »Machen Sie sich keine unnötigen Gedanken«, sagte sie, »es wird sich alles aufklären.« Es war, als sagte sie es zu sich selbst.
    Kurze Stille im Telefon, dann: »Glauben Sie das wirklich?«
    Franza schloss für einen Moment die Augen.
    »Nein«, sagte sie leise, »nein, das glaube ich in diesem Fall nicht wirklich. Wir sind gleich da. Sind Sie schon in der Wohnung gewesen?«
    »Nein«, sagte Dorothee. »Wir haben Angst davor.«
    »Gut«, sagte Franza, »warten Sie auf uns. Ist Ihr Mann bei Ihnen?«
    »Nein«, sagte Dorothee. »Nur Christian.« Ihre Stimme war tonlos.
    »Haben Sie versucht Ihren Mann zu erreichen?«
    »Ja, aber er ist irgendwie … auch verschwunden, ich weiß auch nicht. Das Handy ist ausgeschaltet.«
    »Gut«, sagte Franza und dachte, was das für ein blödes Wort war, denn nichts, nichts war gut.
    Stille im Telefon. Franza wollte auflegen.
    »Ich denke plötzlich … schreckliche Dinge«, sagte Dorothee, und Franza spürte, dass Dorothee zitterte, dass das Handy in ihrer Hand …
    »Nein«, sagte Franza, »nein, tun Sie das nicht.«
    »Aber Sie doch auch«, sagte Dorothee. »Sie doch auch, Frau Oberwieser, nicht wahr?«
    »Es wird sich alles aufklären«, sagte Franza.
    »Ja«, sagte Dorothee, »ja, das wird es wohl.«
    Pause.
    »Wenn ich nur könnte«, flüsterte sie dann. »Wenn ich nur könnte, würde ich alles zurückdrehen, alles anders machen.«
    »Ja«, sagte Franza. »Ich weiß.«
    Es klickte. Dorothee hatte aufgelegt.
    Vor Lillis Wohnungstür trafen sie alle zusammen, Christian Rabinsky, Frau Brendler und die beiden Ermittler. Eine eigenartige Kühle ging von der Tür aus. Was wird uns wohl erwarten, dachte Franza fröstelnd und

Weitere Kostenlose Bücher