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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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gehst jetzt nicht. Du wolltest, dass wir reden. Und das tun wir jetzt. Jetzt ist alles offen. Jetzt muss alles raus.«
    Ich versuchte mich zu wehren. »Was immer du mir noch sagen willst, Gertrud, ich will es nicht hören. Lass mich!«
    Sie lachte wütend auf, wischte panisch über den Tisch, zwei Marmeladengläser kamen ins Rutschen, krachten auf den Boden, zersprangen auf den Fliesen, Marmelade, noch warm, spritzte herum, Scherben, sie beachtete sie nicht, packte mich an den Armen, zwang mich wieder auf den Stuhl.
    »Es ist egal, was du willst«, zischte sie. »Jetzt ist wichtig, was ich will.«
    Ich schloss die Augen. Na gut, dachte ich, pack aus. Ich wappne mich. Was immer kommen wird, es wird mich nicht treffen.
    Wie ich mich getäuscht habe.
    Sie atmete tief durch, versuchte sich zu beruhigen, begann zu flüstern, murmelte Worte. »… blauschwarz durchdringt das wasser dein sterben zerstößt dein herz …« Ich hielt den Atem an. Stille.
    »Ich habe das damals geschrieben«, sagte sie, »während ich auf dem Bett neben dir saß und wartete, dass du aufwachst. Du weißt schon. Als er schon tot war.«
    Sie setzte erneut die Flasche an, nahm einen Schluck. »Es ist schön«, flüsterte sie, »nicht wahr, das, was ich da geschrieben habe, nicht wahr? Und ich habe es immer im Kopf. Es geht nicht weg. Nie geht es weg.«
    Sie lächelte, stand wieder auf, ging zum Fenster, ich zog meine Jacke eng um mich, es nützte nichts, ich fror von innen.
    Sie sagte die Worte noch einmal. Sagte sie mit monotoner Stimme. Sagte sie zum Fenster hinaus. Sagte sie in mich hinein.
     … blauschwarz durchdringt das wasser dein sterben ze rstößt dein herz …
    Sie sagte sie in mich hinein, ihre Worte, und da würden sie bleiben, ich wusste das, da würden sie bleiben, ich weiß das, so wie sie auch bei ihr geblieben sind.
    Sie drehte sich um. »Er hat schon bei dir im Bett gelegen. Du hast geschlafen, tief, hast den Rotwein schlecht vertragen, bist immer schläfrig davon geworden. Er hat auch geschlafen, aber ich bin hin zu ihm, hab ihn geweckt. Er schaute mich an, als ob ich ein Geist wäre. Ich musste lachen. Psch, machte er, sei leise, lach nicht so laut, Hanna schläft schon! Weck sie nicht auf!«
    Sie schwieg einen Augenblick, horchte in sich hinein, horchte ihren Worten nach, wiederholte sie: »Hanna schläft. Weck sie nicht auf!«
    »Vielleicht«, sagte sie, »vielleicht ist es das gewesen, ich weiß nicht. Vielleicht wollte ich einfach, dass Ruhe ist, dass es nicht immer um dich geht. Ich weiß es nicht.«
    Sie wandte sich um, stand in diesem Zwielicht, in dieser Dämmerung vor dem Fenster, in die das Deckenlicht nicht reichte. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber an ihrer Stimme hörte ich, dass sie weinte.
    »Ich hab gesagt: Komm, Tonio, lass uns noch ein bisschen was trinken. Ich habe Durst, ich will nicht allein sein. Er überlegte einen Augenblick, schon dachte ich, er würde nicht kommen, würde weiterschlafen an deiner Seite bis zum Morgen. Ich sagte: Der Wind hat sich ein bisschen gelegt, wir könnten noch zum Strand, kleines Nachtschwimmen. Er tippte sich an die Stirn, sagte: Du spinnst wohl! Aber er stand auf, zog sich Shorts an, ein T-Shirt, wir schlichen hinaus, er zog leise die Tür hinter sich zu. Der Wind hatte sich nicht gelegt, im Gegenteil, er tobte ums Haus, dass einem angst und bange werden konnte. Wir nahmen die Flaschen mit, Schnaps und Rotwein, er mochte das, ein bisschen durcheinander trinken. Ich weiß nicht, was genau ich vorhatte. Ob ich überhaupt etwas vorhatte. Ich glaube nicht. Die Dinge ergeben sich doch immer.«
    Sie schwieg, ich saß auf meinem Stuhl und konnte mich nicht rühren, war wie gebannt, wie festgezurrt. Was wollte sie mir sagen? Was würde noch kommen?
    Sie fuhr fort. »Geil, sagte er, als wir am Strand ankamen, was für geile Wellen. Liebst du sie, hab ich ihn gefragt. Er hat sich zu mir umgedreht, hat gefragt: Wen? Die Wellen? Diese riesengroßen, wahnsinnigen Wellen? Und hat zu lachen begonnen, hat sich ausgeschüttet vor Lachen über diesen blöden Witz. Hahaha, hab ich gemacht, sehr witzig, sie geben dir sicher den Kleinkunstpreis dafür! Da wurde er ernst und dann fragte er: Du auch, nicht wahr? Du auch.«
    Sie hielt inne, eine Fliege surrte durch den Raum, man hörte deutlich das Brummen, einen kurzen Augenblick nur hielt Gertrud inne, dann flüsterte sie: »Ich hab ihn gehasst in diesem Augenblick. Und ich hab gewusst, ich kann ihn töten.«
    Nein, dachte ich, nein,

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