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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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müssen. Sie lächelten und lachten über die Erinnerungen, spürten Zorn und Trauer noch einmal und wurden schließlich still, hatten Sorge um ihren Sohn, Angst, aber sie hatten die Kraft gespürt, die er plötzlich in sich trug, und den Mut, das Leben einfach zu leben, ohne Plan, ohne Gerüst. Heimlich bewunderten sie ihren Sohn für seine gerade Rückkehr ins Leben, denn es klappte. Nicht wie am Schnürchen, aber es klappte. Das machte es leichter, ihn ziehen zu lassen und das Haus zu verkaufen. Weil es ihm gutging, dem Ben.
    Ein Auto rauschte heran, es stoppte, hohe Stöckel klackten auf dem Asphalt, die Interessentin kam, wieder eine, die sich auf das Verkaufsinserat hin gemeldet hatte. Franza ging zur Gartentür, um sie hereinzulassen. Eine junge Frau, ihr Händedruck fest, ihr Mund groß, ihre Augen glänzend, sie passte nicht in diesen müden Garten und nicht zum Haus im Hintergrund, von dem an mancherlei Stellen schon der Putz bröckelte. Sie war zu jung, zu hübsch, zu taff.
    Die Bluse spannte sich über dem Busen, wie es sich gehörte, der Rock reichte knapp bis zu den Knien und die Stöckel ihrer Schuhe waren hoch und spitz und klackten nicht mehr, sondern versanken tief im Rasen, was sie jedoch nicht zu stören schien.
    »Aha«, sagte sie und schaute sich um, »das also ist nun das Objekt der Begierde.« Sie lachte ein wenig albern über ihren kleinen Scherz, der keiner war, und Franza zog mühsam die Mundwinkel hoch, um nicht unhöflich zu wirken.
    Seit Anfang des Jahres lebte Franza nun in einer Wohnung in der Stadt, in einem Viertel nahe am Fluss und der Au. Zwei Monate später hatte Max vier Nebenstraßen weiter eine Wohnung gefunden, und sie hatten das Haus in die Zeitung gesetzt.
    Es war anfangs wie das Auseinanderbrechen einer alten Ordnung gewesen, als ob Jahre ihres Lebens einfach ausgelöscht würden, ein tiefer Schmerz. Sie wusste, es ging Max genauso, aber sie gestanden es sich gegenseitig nicht ein.
    Der Verkauf zog sich hin, war schwieriger als gedacht, zwar kamen ständig Leute, um das Haus anzuschauen, aber irgendwie fanden sie immer etwas, was nicht passte. Der Garten zu klein oder zu groß, das Haus zu alt oder zu modern, zu wenige Zimmer, zu viele.
    Im Grunde war es allen wahrscheinlich einfach zu teuer und mit den Mäkeleien versuchten sie den Preis zu drücken.
    Nun also wieder eine Interessentin.
    »Ja«, sagte Franza, »das ist es.«
    Sie musterte das junge Gesicht ihres Gegenübers, als wollte sie feststellen, ob es hierher passte, und entdeckte den Ansatz eines Pickels rechts neben der Oberlippe, ein schwarzes Mitesserchen, das aus der Fasson geriet, und gleich fühlte sie sich selber weniger alt und weniger hässlich und sie begann zu lächeln.
    »Willkommen!« Sie streckte ihre Hand aus. »Sie kommen alleine? Ihr Mann hatte keine Zeit?«
    »Nein«, sagte die junge Frau bedauernd, wahrscheinlich Anwältin oder Bankerin, irgendetwas mit Geld auf alle Fälle, mit Sachlichkeit und Kühle. »Er steckt noch in einer Sitzung fest, will aber versuchen loszukommen.«
    Ihre Blicke schweiften durch den Garten, und Franza musste lächeln. Sie sucht schon, dachte sie, nach Fehlern, nach etwas, was sie bemängeln kann.
    »Nun ja«, sagte die Bankerin, »ein bisschen verwildert, nicht wahr. Ist einiges zu tun!«
    Sie wandte sich um und blickte Franza an, angriffslustig, aufmerksam, bereit um jeden Cent zu kämpfen.
    »Anwaltskanzlei? Bank?«
    Verwirrt runzelte die Frau ihre Stirn. »Wie bitte?«
    »Ich frage mich gerade, was Sie beruflich machen«, sagte Franza lächelnd und dankte Gott oder wem auch immer für ihre Gelassenheit und Ruhe, die mit zunehmendem Alter immer stärker wurde.
    »Ersteres«, sagte die Frau im Garten ein wenig spitz, hob die Augenbrauen und ließ ihre Augen langsam über Franzas heute wirklich etwas unordentliche Erscheinung gleiten.
    Franza nickte. Wahrscheinlich hält sie mich jetzt für eine frustrierte Emanze, dachte sie, und natürlich für sexuell unbefriedigt und außerdem noch für undiszipliniert, weil verfressen, was man sieht, und hab ich nicht auch noch diesen Fleck auf dem Shirt, genau in Höhe des linken Busens? Weil ich vorhin beim Kaffeetrinken mit Port nicht aufgepasst habe. Weil Port mich bekleckert hat, dieser Kindskopf.
    »Versuchen Sie nicht den Preis zu drücken«, sagte sie, »das wird nicht funktionieren. Entweder wollen Sie das Haus oder Sie wollen es nicht. Entweder will das Haus Sie oder es will Sie nicht. Dazwischen gibt es nichts.«
    Sie

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