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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Blutes nach zu schließen, vor etwa vierzehn, fünfzehn Stunden, würde ich sagen.«
    »Also in der Nacht.« Sie rechnete zurück. »Gegen eins. Gegen Mitternacht.«
    Borger nickte. »Genaueres später.«
    »Hat sie sich gewehrt?«
    Borger zuckte die Schultern. »Kann ich noch nicht sagen. Außer den Stichwunden gibt es keine ins Auge fallenden sonstigen Verletzungen.«
    Er nahm eine Hand der Toten, zeigte auf die Fingernägel. »Was ich darunter finde? Mal schauen, durchaus möglich, dass sich Hautpartikel finden, die von einem Kampf herrühren könnten. Aber ein bisschen Zeit müsst ihr mir schon lassen.«
    Franza nickte. »Klar«, sagte sie, »alles wie immer.«
    Borger seufzte. »Also am besten gestern.«
    »Genau«, sagte sie und musste lächeln. »Was für ausnehmend kluge Männer ich um mich herum habe.«
    Anschließend sahen sie sich flüchtig im Haus um, wollten den Beamten der Spurensicherung aber nicht zu sehr in die Quere kommen, würden das Haus, den Tatort, später für sich beanspruchen. Aber einen kurzen Einblick wollten sie gewinnen, ein Gefühl für die Menschen, die hier lebten, für die tote Frau.
    Gertrud Rabinsky war wohl jemand mit einem ausgeprägten Sinn für Formen und Farben gewesen, für Wärme und Licht, das zeigte sich im Haus. Auf den Fotos jedoch wirkte sie ein wenig spröde, zurückhaltend, als spürte sie durch das Auge der Kamera eine Fremdheit auf sich zukommen, als gelte es, sich davor zu schützen.
    »O.k.«, sagte Herz und steckte ein Porträtbild ein, »das nehmen wir mit. Und jetzt lass uns zu ihren Eltern fahren. Da sind ja jetzt alle versammelt, der Ehemann, die Kinder und eben die Eltern. Arthur, du hältst hier die Stellung.«
    Sie gingen aus dem Haus. Im Garten der Zwetschgenbaum, immer noch voller Früchte. Jetzt werden sie verfaulen, dachte Franza, keine Marmelade mehr, kein Schnaps, keine Kuchen. Schade drum.
    Sie wird wieder aufgetaucht sein, dachte Felix, Hanna Umlauf wird wieder aufgetaucht und mit ihrem Mann schon längst wieder auf der Rückreise nach Frankreich sein. Und dass er Hansen anrufen und ihn fragen würde. Irgendwann nächste Woche. Es eilte nicht.
    Sie fuhren zurück Richtung Stadt, bogen aber vorher in ein Tal ab, an dessen Ende das Haus, nein, die Villa stand. Ja, das konnte man sagen. Kein Haus, eine Villa. Geschmackvoll. Idyllisch. Von außen. Von innen nicht mehr.
    »Herz«, sagte Herz und zückte seinen Ausweis. »Kriminalpolizei. Das ist meine Kollegin Oberwieser.«
    »Sie haben sich nicht lange Zeit gelassen«, sagte der Mann, der ihnen die Tür geöffnet hatte. Er war in Hemd und Krawatte, Mitte sechzig etwa, vielleicht hatte man ihn gerade aus dem Büro nach Hause geholt, sein Gesicht zeigte Spuren von Erschöpfung und großer Traurigkeit.
    »Ja«, sagte Herz, »das gehört zu unserem Beruf.«
    »Brendler«, sagte der Mann und nickte. »Ich bin der Vater. Kommen Sie, wir sind alle da.«
    Sie folgten ihm durch das Haus und betraten schließlich ein weiträumiges Wohnzimmer. Eine ältere Frau saß am Tisch, die Arme aufgestützt, der Schock schon sichtbar in ihrem Gesicht, an ihrer Gestalt, und wieder einmal staunte Franza darüber, wie schnell das ging, wie schnell Tragödien in die Körper der Menschen krochen, wie schnell sie sich breitmachten und alle Kraft zerstörten.
    Moritz, der Fünfjährige, saß auf einem Sofa, ein Mann hielt ihn im Arm, wohl sein Vater, Franza schätzte ihn auf Mitte vierzig, in Jeans und T-Shirt, blond, Brille, Oberlippenbart, das Gesicht erstarrt, der Schmerz war bei ihm, so schien es, noch nicht ganz angekommen.
    »Ich habe sie gefunden«, sagte er, »ich bin nach Hause gekommen und habe sie gefunden. Das ist alles. Mehr kann ich nicht sagen.«
    »Doch«, sagte Herz. »Ich bin sicher, das können Sie. Wenn Sie sich nur ein wenig Zeit lassen.«
    Er wandte sich an Frau Brendler. »Vielleicht könnten Sie sich um den Kleinen kümmern. Er muss nicht alles mit anhören.«
    »Ja«, sagte die Frau und stand auf. »Sie haben recht. Komm, Moritz, komm mit!«
    »Ihre Enkelin?«, fragte Felix.
    »Wir haben sie angerufen«, sagte Hans Brendler. »Sie ist hierher unterwegs.«
    Sie erfuhren nicht besonders viel. Der Ehemann war am Abend auf der Geburtstagsfeier eines Freundes gewesen, die hatte bis in die Morgenstunden gedauert, er war mit Kollegen durch die Lokale gezogen, hatte zu viel getrunken und die wenigen restlichen Stunden der Nacht in seinem Büro geschlafen. Am späten Vormittag war er nach Hause gekommen, hatte

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