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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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immer.
    »Wir haben Zeit«, wiederholte sie leise, lächelte ein bisschen, wandte ihr Gesicht, schaute in die Schattenbilder, die der Wind auffächerte in sonnig, in schattig, in sonnig, in schattig. Es war still, ganz still, diese frühherbstliche Frühmorgenstille, die Geist und Seele ruhig machen konnte.
    Porzellan klickte leise. Dorothee Brendler setzte ihre Tasse ab, verschränkte die Finger ineinander. »Du hast sie in dein Herz gelassen«, sagte sie und auch ihre Stimme war wie Porzellan, »mehr als deine eigene Tochter. Das werde ich dir nie verzeihen.«
    Wieder ein Augenblick der Stille, und der Schmerz trat auch in sein Gesicht. Zum ersten Mal ganz offensichtlich und Franza wusste, dieser Schmerz würde ein Leben lang bleiben. Hans Brendler öffnete den Mund, wollte etwas sagen, seine Augen flehten Dorothee an, aber sie … war unerbittlich. Und schon fort. Und hob die Hand. »Nein«, sagte sie. »Sei still. Ich kann nichts mehr hören.«
    Sie stand auf, legte eine Karte auf den Tisch. »Sie können mich unter dieser Nummer erreichen, wenn Sie mich brauchen.« Sie nickte Franza und Herz zu und ging. Ins Haus. In die Stille. Dann fuhr ein Auto weg.
    »Sie verlässt mich«, sagte Brendler tonlos. »Sie verlässt mich auch. Sie hat es mir heute Morgen gesagt. Sie hat nur noch Ihren Besuch abgewartet.«
    Er verstummte, sagte erneut, »sie verlässt mich«, lauschte seiner eigenen Stimme nach und schaute auf die Terrassentür, durch die sie verschwunden war, als sähe er sie noch, aber nicht einmal ein Schatten war geblieben, nicht einmal eine Andeutung.
    Franza blickte hoch, der Himmel blau, blauer als die Träume von der Sehnsucht, blauer als das Blau des Erinnerns.
    16 Wieder hier. Ich gehe die alten Wege ab. Zweiundzwanzig Jahre bin ich weg gewesen. Weg aus einem Leben, von dem ich vor ewigen Zeiten gedacht hatte, dass es glücken würde. So kann man sich täuschen. So zerfällt deine Welt und nichts kann sie dir zurückbringen. Ich habe dich nie gehasst, Gertrud. Ich hatte dich vergessen, das war viel effektiver. Aber vielleicht … hätte ich dich hassen sollen.
    … geliebte hanna …
    Was so ein Brief aus dir macht. Ein uraltes Geschreibsel, das man aus unnützer Sentimentalität nicht wegwirft. Heute würde man E-Mails schreiben, die wären rasch gelöscht, keiner würde sie mehr finden und in das sichere Leben anderer einbrechen.
    Wieder hier. Die alten Wege abgehen. So lange ist es her.
    Der Fluss ist immer noch der Fluss, die Terrasse am Café ebenso. Hier sind wir gewesen und auch hier und hier auch und die Tische sind unverändert und immer noch die gleichen Bilder an den Wänden, die Kloanlagen allerdings haben sie erneuert, sie hätten es damals schon nötig gehabt.
    So wenig hat sich verändert. Die Augen der jungen Mädchen auf der Tanzfläche leuchten, das Licht flirrt. Sie fühlen sich leicht, sie fühlen sich schwebend, wie wir damals, wie ich damals, Federn im Wind, das Licht flirrte. Unsere hohen Stöckel klackten auf dem Asphalt, jung waren wir, jung wie der Sommer und ebenso glühend und ebenso neugierig, glänzend das Haar und alles … so weit fort.
    Hier steh ich nun. Hier ist es gewesen. Jung sind meine Augen, froh und strahlend. Tonio hält mich fest, taucht tief in meinen Blick und haucht mir seinen Atem ein, der nach Brandy schmeckt und Zigaretten. Alles ist leicht, alles ist schön, die Liebe ein Brunnen, plätschernd, aber tief.
     … und sollten wir eines tages nichts gehabt haben, so wird es doch viel gewesen sein – eine wahrhaftigkeit zwischen den zeilen, zwischen uns, der anflug einer liebe, einer großen s ehnsucht … geliebte hanna …
    Ja, geliebte Hanna bin ich gewesen und wenn ich stürzte, fing Tonio mich auf. Aber dann stürzte er selber ins tosende Schwarz des Meeres, in den Wind, in den Sturm, klar und gerade, ohne Schatten, ohne Schraffur.
    17 »Haben Sie Kinder?«, fragte Hans Brendler. »Und lieben Sie sie alle gleich?«
    Sie antworteten nicht, er erwartete keine Antwort. Er versank in der Erinnerung, tauchte ein, holte die Geschichte hoch, die Geschichte seines Versagens, seiner Schuld.
    »Sie war …«, sagte er und zog den letzten Ton in die Länge, »sie war von Anfang an so ein …«
    Hannas Mutter war seine Sekretärin gewesen. Manch einer vermutete im Nachhinein, dass sie auch seine Geliebte gewesen war. Aber das stimmte nicht, keine Affäre, nichts dergleichen. Er hatte keine Affäre nötig, war verheiratet mit einer klugen, attraktiven,

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