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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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fest und voller Hochmut. »Von Hanna weiß ich nichts. Sie war schon weg, als ich kam.«
    »Ach, Lilli«, sagte Franza und stand auf. »Bleib doch. Es ist spät. Du kannst hier übernachten. Ich hab ein Gästezimmer. Wir müssen auch nicht mehr reden.«
    Lilli nickte, kleines Lächeln. »Stimmt. Wir müssen nicht mehr reden. Und ich gehe jetzt.«
    Und dann ging sie. Mantel in Samtviolett, Stiefel bis übers Knie, hübsches, taffes, trauriges Mädchen. Franza sah sie vom Balkon aus die Straße entlanglaufen, dunkel der Himmel, Rauschen in den Bäumen, vielleicht Regen, vielleicht nicht, Septemberregen, man konnte ihn hören, wenn er auf die Blätter traf, man konnte den Wind hören, Septemberwind, und trotzdem noch ein bisschen Nachtwärme, ein bisschen Balkonwärme, in eine Decke gewickelt ging das schon. Frauen froren immer vorm Fernseher und auf dem Balkon, da war Franza keine Ausnahme. Aber sie mochte das, wenn die Nacht tief wurde und still, dass das Kreisen des Löffels in der Kaffeetasse mitunter klang wie eine kleine, zarte Kreissäge. Sie mochte es, wenn sie nachts auf dem Balkon saß und die Lampe einen Kreis in die Dunkelheit warf, da fühlte sie sich eingeschlossen in sich selbst, abgegrenzt gegen die Welt, die Gedanken liefen … dann … gingen sie nur noch … dann … blieben sie stehen, dann drang der Nachtwind langsam auch durch die Decke und an Franzas Haut.
    »Erzähl mir, Lilli«, hatte Franza gebeten. Lilli hatte erzählt, aber nicht alles. War gegangen, die kleine Kröte, die Parfüms klaute und dann ins Klo schmiss, die um ihre Mutter trauerte und darum, dass die ihr Glück nicht einfach mit festen Händen gepackt hatte.
    Wenn Franza sich beeilte, konnte sie ihr Glück heute noch packen. Mit festen Händen oder auch mit sanfteren. Wonach ihr eben der Sinn stand. Sie musste grinsen und stellte sich ihr Glück vor. Es bestand aus einem jugendlich straffen Brustkorb, einem festen, griffigen Arsch, Augen, aus denen meistens der Schalk blitzte, und Lippen, die es schafften, an die unmöglichsten Stellen zu gelangen.
    Franza sprang hoch, alle Müdigkeit war wie weggeblasen, sie griff zum Handy. Ja, sie hatte Lust auf dieses Glück. Jetzt. Immer.
    15 Sie saßen auf der weitläufigen Terrasse. Die Haushälterin hatte Kaffee gebracht und sich rasch wieder zurückgezogen. 13. September. Der Tag danach.
    »Meine Frau kommt gleich«, sagte Hans Brendler, von dem sie mittlerweile wussten, dass er eine große und gutgehende Anwaltskanzlei in der Stadt besaß, in der er mehrere Anwälte beschäftigte.
    Brendler räusperte sich, lehnte sich vor, stützte die Arme auf den Tisch, seine Augen suchten die Kaffeetasse, flackerten. Er schien müde, verlegen auch, was Franza überraschte.
    Vielleicht, dachte sie, weil er nicht Herr der Lage ist, ganz eindeutig nicht Herr der Lage, und das ist er nicht gewohnt.
    Sie kam schließlich. Seine Frau. Dorothee Brendler. Setzte sich zu ihnen, elegant, Perlen um den Hals, aber Franza hatte den Eindruck, als schnürten sie Dorothee die Kehle zu. Eine Aura von Traurigkeit umgab sie, so präsent wie der Herbst in diesem Garten – und noch etwas, Franza versuchte es zu erfühlen. Zorn? Bitterkeit? Resignation?
    »Fangen Sie einfach irgendwo an«, sagte Felix. Franza hörte gerührt die Behutsamkeit in seiner Stimme und wieder einmal verspürte sie die große Wärme, die sie für ihn empfand, weil er war, wie er war.
    »Irgendwo anfangen«, sagte Brendler, nickte ein bisschen, warf seiner Frau einen Blick zu, den sie nicht erwiderte, räusperte sich. »Irgendwo anfangen. Das klingt so einfach.«
    »Wir haben Zeit«, sagte Franza. »Und wir wissen, wie schwer das für Sie beide ist.«
    Aber natürlich stimmte das nicht. Sie hatten keine Zeit. Nicht endlos. Zwar war die Tote tot und konnte ruhen, aber es gab noch jemanden, um den sie sich kümmern mussten, mindestens eine Person. Den Mörder. Die Mörderin. Ein weiteres Opfer. Das sie vielleicht … noch retten konnten.
    Franza dachte an die Spurensicherer, die an den Tatort zurückgekehrt waren, um nach Spuren einer weiblichen Person zu suchen, einem roten Haar vielleicht, Lippenstift an einem Glas, der nicht Gertruds DNA trug.
    Franza dachte an Arthur, der dabei war, im Umfeld des Töpferladens zu recherchieren, der fieberhaft nach Leuten Ausschau hielt, die Gertrud Rabinsky gekannt hatten, denen in letzter Zeit Merkwürdigkeiten aufgefallen waren, Besucher vielleicht, die bisher nicht aufgetaucht waren, was auch

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