Rabenzauber
konnte, wie viel Gutes würde sie dann mit der Macht erreichen können, über die sie jetzt verfügte?
Ihre Hände kribbelten, als sie vorsichtig eine gebogene Linie in den Dreck zog. Sie hatte noch nie solche Macht gehabt.
Erst als der schreckliche Rausch des Todes vergangen war, hatte sie verstanden, wie alt der Troll gewesen war. Sie spürte sein Alter im Brennen der Magie, die nicht geringer wurde, selbst als sie mit der Erneuerung des Schutzzaubers begann, der den Schatten für Generationen fernhalten sollte.
Sie fürchtete, selbst den Schutzzauber neu einzurichten, würde nicht genügen, um so viel Macht zu absorbieren, also begann sie, einen Teil davon in den Wald zu leiten. Wenn sie zu viel entsandte, würde sie mehr Schaden anrichten als helfen, aber ein kleines Rinnsal von Magie sollte keine schlechten Auswirkungen haben.
Nach und nach versank sie im Erschaffen. Schutzzauber einzurichten hatte ebenso viel mit Mathematik wie mit Kunst zu tun und verlangte genügend Aufmerksamkeit, dass der Teil von ihr, der sich immer noch den Machtrausch zurückwünschte, zu einem Gemurmel schrumpfte, welches sie ignorieren konnte.
Sie wurde sich seiner nur nach und nach bewusst - eine helle Gestalt, die friedlich neben ihr graste. Das Plätschern des Regens wurde vom Knirschen von Zähnen auf Gras begleitet. Dieses vertraute, friedliche Geräusch half ihr irgendwie, und sie spürte eine tiefe innere Zufriedenheit.
Sie war zu Hause.
Sie beendete das Kettenglied, an dem sie arbeitete, lehnte sich zurück und drückte sich die Fäuste gegen den schmerzenden Rücken, als sie sich streckte.
»Du siehst nicht sonderlich gut aus«, sagte sie.
»Eines der besudelten Geschöpfe hat den Priester angegriffen«, erwiderte das helle Pferd, das Jes’ Waldkönig war. Seine Stimme war samtig und sehr tief. »Ich habe ihn gerettet, aber es war knapp. Karadoc ist nicht mehr jung, nicht einmal nach Rederni-Maßstäben, und jetzt ist er auch noch krank. Und ohne einen Priester war es erschöpfend, gegen die Besudelten zu kämpfen, selbst mithilfe deiner Tochter.«
Sie dachte über das nach, was er gesagt hatte, und ging ihre Fragen noch einmal durch. Dass sie immer noch nur langsam denken konnte, erinnerte sie daran, dass sie die Machtkrankheit noch lange nicht losgeworden war.
»Der Troll war nicht das erste vom Schatten besudelte Geschöpf, das hierherkam?«, fragte sie. Sie brauchte Lehr oder Jes nicht, die ihr sagten, dass der Troll besudelt gewesen war. Anders als ein Nebelmahr war ein Troll von vornherein schattengeboren, ein Geschöpf, dessen einziges Ziel darin bestand, zu zerstören und zu töten.
»Nein, es gab auch andere Dinge, Wesen, wie ich sie seit dem Fall des Schattens nicht mehr gesehen hatte, wenn auch keines so gefährlich war wie der Troll. Sie kamen, um zu zerstören und den Schatten zu nähren.«
Seraph saß reglos da. »Ich hatte gehofft, dass wir uns irrten. Bist du sicher, dass es einen anderen Schatten gibt? Volis hätte ihn ganz bestimmt nicht heraufbeschwören können.«
Das Pferd schnaubte. »Geschöpfe wie dieser Troll würden nur dem Ruf eines Schattens folgen.« Er rieb sich die Nase am Knie.
»Du meinst, der Schatten ist hier? «, fragte Seraph, dann schauderte sie, als ihre Magie sich aufbäumte, weil die Beherrschung ihrer Gefühle ins Schwanken geriet. Sie holte mehrmals tief Luft, bis alles sich wieder beruhigte.
Der Waldkönig wartete, bis sie fertig war, dann sagte er:
»Jetzt nicht mehr, denke ich. Aber er ist hier gewesen. Er hat eine Rune im Tempel zurückgelassen, die vor ein paar Wochen ausgelöst wurde.« Er hob den Kopf, um zu wittern, dann schüttelte er die Mähne und sah sie wieder an. »Ich kümmere mich nicht genügend um die Stadt. Wenn Karadoc mich nicht gerufen hätte, als die ersten Geschöpfe erschienen, hätte ich vielleicht zu lange gebraucht, um die Rune selbst zu finden. Selbst so konnte ich kaum mehr tun, als sie zu zerstören; ich konnte in den Steingebäuden des Dorfes nichts weiter ausrichten, daher rief ich die Leute hier heraus, wo dein Schutzzauber einen Teil der Arbeit leisten konnte, während ich mich um die besudelten Geschöpfe kümmerte. Ich hatte allerdings keinen Troll erwartet, also verbrauchte ich meine Kraft, indem ich versuchte, den Priester zu heilen und die kleineren Geschöpfe zu vertreiben. Ein Troll …« Er seufzte. »Ein normaler Troll wäre nicht allzu schwierig gewesen, aber dieser da … Deine Schutzzauber haben ihn bis heute
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