Rabenzauber
zweifellos verfolgen - und es ist ihre Pflicht, hier zu sein, wo sie ihn umbringen kann.«
Tier lachte und wiegte ihren Kopf sanft. »Sie oder ich?«
»Schlaf jetzt gefälligst«, schimpfte sie, um zu verbergen, wie besorgt sie war.
Als sie und Tier am nächsten Morgen zum Bauernhof zurückkehrten, saß der Priester auf der Verandabank und hatte die Augen geschlossen.
»Du siehst müde aus, Karadoc«, sagte Tier und winkte ein paar Leuten zu, die ihn vom Feld aus grüßten, wo sie die Zelte abbauten.
Karadoc öffnete die leuchtenden braunen Augen. »Du musst reden! Wenn ich sehe, wie du dich bewegst, würde ich sagen, deine blauen Flecken sind mindestens so schlimm wie meine.«
Tier nickte zu den Feldern hin. »Ist es in Ordnung, wenn die Leute nach Redern zurückkehren?«
Karadoc lächelte; ein geheimnisvolles, erfreutes Lächeln. »Ellevanal sagt ja, also habe ich allen ausrichten lassen, sie sollen packen. Ihr werdet euer Zuhause heute Abend wieder für euch haben.«
Karadocs Vorhersage war ein wenig optimistisch gewesen, und Seraph und Tier verbrachten eine weitere Nacht in Isoldas
Mermora -Haus. Die Dorfbewohner interessierten sich mehr dafür, ihren Sieg zu feiern, als gleich nach Hause zurückzukehren. Seraph vermutete, dass sie auch ein wenig nervös waren, was die Rückkehr ins Dorf anging. Es würde eine Weile dauern, bis Redern sich für sie wieder sicher anfühlte, was immer Karadoc ihnen versprach.
»Danke, dass du für uns auf Rinnie aufgepasst hast«, sagte Seraph, als sie Alinath half, ihre Sachen aus der Ecke des Hauses zu holen, in der Lehr und Jes für gewöhnlich schliefen.
Es war der Nachmittag des zweiten Tages seit ihrer Rückkehr, und Seraph hoffte, dass in der kommenden Nacht alle wieder in ihren eigenen Betten schlafen würden. Zu diesem Zweck hatte sie Tier und ihre Kinder ausgeschickt, um auch die letzten Dorfbewohner zu ermutigen, nach Redern zurückzukehren.
»Rinnie ist eine Freude«, sagte Tiers Schwester, faltete ein Hemd ordentlich und steckte es in eine Tasche. »Bevor wir hierherkamen, half sie uns in der Bäckerei.« Sie hielt inne. »Ich danke dir, dass du meinen Bruder gefunden hast. Wenn du und die Reisenden ihn nicht gefunden hätten, wäre er tot.«
Seraph zuckte unbehaglich die Schultern. Sie wusste nicht, was sie Alinath antworten sollte. Die alte Feindseligkeit zwischen ihnen verging nach und nach, aber sie war nicht sicher, womit sie sie ersetzen sollte.
»Tier weiß sich zu helfen«, sagte sie schließlich. »Hat er dir erzählt, dass ihn sogar der Kaiser um seinen Rat bat?«
Alinath lächelte, und die Erleichterung auf ihrer Miene machte Seraph deutlich, dass ihre Schwägerin die Lage nicht einfacher fand als sie selbst. »Ja, er erwähnte es, aber ich dachte, er übertreibt.«
Seraph schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe nie gehört, dass er übertrieben hätte, wenn es um seine eigenen Verdienste ging - eher das Gegenteil.«
»Tatsächlich?« Alinath dachte kurz darüber nach. »Hat er wirklich all die jungen Raufbolde genommen und sie in eine Armee für den Kaiser verwandelt?«
»Sie sind immer noch Raufbolde. Jedenfalls die meisten. Aber sie beten Tier an und haben um seinetwillen für den Kaiser gekämpft. Tier kann gut mit jungen Männern umgehen.«
»Da wir gerade von jungen Männern sprechen«, sagte Alinath. »Ist dir aufgefallen, dass mindestens die Hälfte der Dorfmädchen Lehr anschmachten? Er ist ein Held, weil er gegen diesen Troll gekämpft und ihn getötet hat.«
»Er und die meisten Männer aus dem Dorf«, verbesserte Seraph trocken. »Und ich habe den Troll getötet.«
Alinath grinste; das ließ sie Tier sehr ähnlich sehen. Es war kein Ausdruck, den Seraph je zuvor auf Alinaths Zügen gesehen hatte - aber ihre Schwägerin war seit Tiers Heirat auch nur selten in so guter Laune gewesen. »Niemand wird sich diesmal darüber beschweren, dass du Magie verwendet hast. Ich bezweifle allerdings, dass dich jemand anschmachten wird.«
Seraph bediente sich der Lieblingsmiene ihrer Tochter und verdrehte die Augen. »Wahrscheinlich rennen sie lieber weg. Sie haben zwanzig Jahre gebraucht, um zu vergessen, dass ich beinahe die Bäckerei zum Einsturz gebracht habe - denkst du, es wird auch zwanzig Jahre dauern, bis sie den Troll vergessen?«
Alinath steckte das letzte von Bandors Hemden in die Tasche. »Ich glaube nicht, dass sie das jemals vergessen werden«, erklärte sie ernst. »Aber ich denke auch, es ist vielleicht nicht
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