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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Aber hinter diesem Kamm liegt ein weiterer steiler Anstieg. Sie sollte lieber bleiben, wo sie ist.«
    Ielian schirmte die Augen mit der Hand ab und sah sich um. »Kamm? Ich dachte, das hier wäre bereits die höchste Stelle.«
    Tier schüttelte den Kopf und lächelte. »Bis dahin wird es noch ein wenig dauern. Ich denke, wir haben noch mindestens eine Meile bis zum höchsten Punkt des Passes vor uns.«
    Das hatte er recht gut eingeschätzt; etwas über eine Stunde später lehnte er sich gegen Rinnies Pferd und sah zu, wie Toarsen und Kissel an der höchsten Stelle des Passes eine Schneeballschlacht veranstalteten. Sie blieben nicht lange, weil es zu kalt war, aber alle waren froh, dass es von jetzt an wieder bergab ging.
    Sie waren noch eine Stunde von der Stelle entfernt, wo sie nach Tiers Meinung ein Lager aufschlagen sollten, als Rinnie ihn auf die Schulter tippte.
    »Der Sturm kommt«, sagte sie.
    »Das ist in Ordnung.« Er tätschelte ihr Bein, dann schwang er sich hinter ihr aufs Pferd. »Schlaf jetzt.«
    Rinnie schlief, bis sie haltmachten, um das Lager aufzuschlagen.
Sie murrte vor sich hin, als Jes sie vom Pferderücken zog, und schlief wieder ein, sobald sie auf ihren Decken lag.
    Lehr kochte süßen Tee und achtete darauf, dass jeder zwei Becher trank, während Seraph mit ein wenig Wasser, gesalzenem Wildfleisch und Rüben einen Eintopf zubereitete. Es dauerte eine Ewigkeit, bis das Fleisch weich wurde, und der Tee war nicht sehr heiß, obwohl das Wasser heftig gebrodelt hatte.
    Tier musste wieder an Rinnies Warnung denken und schickte Phoran und die anderen jungen Männer aus, um Feuerholz zu sammeln, während er eine Öltuchplane anband, damit sie ein wenig Schutz haben würden, wenn sie schliefen. Der Sturm begann in der Nacht und folgte ihnen den Berg hinunter, aber immerhin wandelte sich der Schnee in Regen und hörte schließlich vollkommen auf.
    Auf einen Tag, an dem sie ruhten und ihre Kleidung trockneten, folgten fünf lange Reisetage auf einem Wildpfad über dicht bewaldeten, aber zumindest überwiegend ebenen Boden. Sie fanden keine Spuren von anderen Menschen. Alle wussten, dass das Getreide so dicht an Schattenfall nicht richtig wuchs - als hätte der namenlose König dem Land etwas genommen. Nadelbäume hatten jedoch keine Schwierigkeiten zu gedeihen. Es gab vielleicht eine Möglichkeit, hier seinen Lebensunterhalt zu verdienen, indem man Bäume fällte und sie zum Grasland des Südostens brachte, aber die Leute fühlten sich unbehaglich, wenn sie zu lange im Felsengebirge blieben.
    Auch andere Rederni als Tier betätigten sich im Herbst und Winter als Trapper, aber die meisten blieben nicht so lange draußen wie er. Sie berichteten oft über Wesen, die ihnen wochenlang folgten, ohne eine Spur zu hinterlassen. Tier selbst erinnerte sich ebenfalls an ein paar seltsame Begegnungen.
    Obwohl sie sich nun auf ebenem Boden befanden, erhoben sich rings um sie herum hohe Gipfel. Als Tier zurückschaute,
konnte er den höchsten Berg sehen, einen lang gezogenen Kamm mit einem kahlen roten Gipfel mit Rändern in Schneeweiß und einer schmalen Kerbe, die ihn beinahe in zwei Hälften teilte - der Pass, den sie genommen hatten.
    Hoffentlich, dachte Tier, als Scheck einen flachen Bach durchwatete, würden sie in ein paar Wochen zurück nach Redern reiten können - so, wie die Menschen, die den Fall des Schattenkönigs überlebt hatten, sich über denselben Pass zurückgeschleppt hatten, bis sie einen vom steilen Abhang des Redern-Berges geschützten Ort erreicht hatten, an dem sie in Sicherheit gewesen waren.
    Dann würde er wieder singen können. Scheck warf den Kopf herum, und Tier gab nach und überließ ihm mehr Zügel.
    Am vergangenen Abend hatte Tier gesungen und sich dabei verloren - so hatte es sich jedenfalls angefühlt. Einen Moment hatte er noch gesungen, und im nächsten hatte er am Boden gelegen, und Seraph hatte sein Gesicht getätschelt.
    Sie sagten, er habe einfach aufgehört zu singen, sich nicht mehr bewegt und dann mit den Zuckungen begonnen. Phoran und Jes hatten ihn festgehalten, bis die Krämpfe aufgehört hatten. Hennea und Seraph hatten sich am Vorabend lange unterhalten und waren zu dem Schluss gekommen, dass er sich diesen Anfall zugezogen hatte, weil er seine Weisung in einem Augenblick eingesetzt hatte, als der Bann der Magier des Pfads sie angriff.
    Tier wollte nie wieder etwas tun, das einen solchen Ausdruck in Seraphs Augen brachte, also beschloss er, von nun an keine

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