Rabenzauber
erschrocken.
Tier schüttelte den Kopf, lächelte und hoffte, dass er nichts allzu Dummes getan hatte. »Ich habe nur den nächsten Teil der Geschichte vergessen. Wahrscheinlich werde ich mich bald wieder erinnern, dann kann ich sie heute Abend nach dem Essen fertig erzählen, wenn das in Ordnung ist.«
Kissel nickte bedächtig. »Das wäre schön.«
Toarsen holte sie ein. »Warum seid ihr stehen geblieben?«
»Wir haben auf dich gewartet«, sagte Kissel und fing ein Gespräch darüber an, welcher von zwei unterschiedlichen Satteltypen vorzuziehen sei, während er sein Pferd wieder vorwärtstrieb.
Seraph war direkt hinter Toarsen gewesen. Sie trieb ihren
Wallach weiter an, bis sie Schulter an Schulter mit Tier ritt. »Mein Flickwerk hält nicht«, sagte sie. »Ich werde versuchen, es nachher fester zu machen.«
Nach dem Abendessen wollte sie seine Weisung noch einmal flicken, aber zu ihrer Frustration half der Lerchenring mit dem Tigerauge nicht mehr, und sie konnte nichts tun.
Dennoch, als Tier später die Laute herausholte und ein paar Lieder spielte, schien er keine Probleme zu haben. Seraph sang nicht, sie saß nur neben ihm und starrte ins Dunkel.
Als es Zeit war zu schlafen, zog Tier sie an sich und wischte ihr die Tränen ab. »Wenn ich nicht mehr singen kann, wirst du mich dann immer noch lieben?«, witzelte er.
»Ich würde dich selbst dann noch lieben, wenn du nicht reden könntest.« Sie schubste ihn leicht vor die Brust. »Vielleicht sogar mehr.«
Er lachte nur leise, um nicht das gesamte Lager zu wecken. »Ich liebe dich auch.«
Am nächsten Nachmittag erreichten sie den Anfang des schlimmsten Teils des Weges, der sie über einen hohen Pass nach Schattenfall führen würde. Der steile Aufstieg vergrößerte die Abstände zwischen den Reitern, bis Tier schließlich den Hang hinunterblickte und sah, dass Jes, der hinter dem letzten Reiter ging, beinahe eine halbe Meile entfernt war. Er hielt Scheck an einer Stelle an, wo der Weg ein bisschen breiter wurde, und schickte Lehr, der neben ihm gewesen war, weiter nach vorn, während er selbst auf Jes wartete.
Das Fell von Lehrs Fuchsstute war dunkel von Schweiß, aber sie atmete immer noch mühelos. Es störte sie überhaupt nicht, dass Scheck stehen blieb und sie alleine weitergehen musste.
Ein paar Meilen voraus gab es einen kleinen, flachen Bereich, direkt vor dem höchsten und steilsten Anstieg des Passes,
wo Lehr schon anfangen konnte, das Lager aufzuschlagen, während die Nachzügler nach und nach aufschlossen. Tier fragte sich, wie die Pferde von Phorans Leuten mit dem steilen Anstieg zurechtkommen würden. Nach seiner Erfahrung spürten Pferde die Höhe stärker als Menschen.
Rinnies Reittier, das nicht viel zu tragen hatte, war das erste, das auf dem Weg erschien. Sie blieb neben Tier stehen, während Gura sich mit fröhlichem Hecheln ausruhte.
»Papa«, sagte sie, »hinter uns nähert sich eine Sturmfront mit Schnee. Ich versuche, sie um uns herumzulenken, aber ich muss wissen, in welche Richtung wir weiterziehen.«
»Nach Osten«, sagte er. »Nach Osten, und vielleicht ein wenig nach Nordosten, und das für mehrere Tage. Wenn du uns den Schnee die nächsten zwei Tage vom Hals halten kannst, können wir in dieser Zeit den Pass hinter uns bringen, und auf dem Abstieg wird es uns eher als Regen denn als Schnee treffen.«
»Oben auf dem Pass liegt bereits Schnee«, sagte sie. »Wir könnten beim Rückweg Probleme haben.«
»Darum kümmern wir uns, wenn es so weit ist«, antwortete er. »Vielleicht werden wir einen anderen Rückweg nehmen. Das hier ist der direkteste Weg, aber wenn wir nach Hause zurückkehren, haben ein paar Wochen mehr nicht viel zu bedeuten.«
Sie nickte. Als sich ihr Pferd wieder in Bewegung setzte, sagte Tier: »Ich bin froh, dass wir unseren Kormoran mitgenommen haben, statt sie in Redern zu lassen, wo sie zu nichts gut wäre.«
Sie grinste, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit den Bewegungen ihres Pferdes auf dem unebenen, abschüssigen Boden zu. Gura zögerte, warf Tier noch einen Blick zu und folgte Rinnie.
Seraph erschien, bevor ihre Tochter noch vollkommen außer
Sicht war. Tier küsste sie, als sie ihn erreichte, und berichtete, dass Rinnie versuchte, ein Unwetter fernzuhalten.
»Es ist heute den ganzen Tag nicht richtig warm geworden«, sagte sie. »Ich werde dafür sorgen, dass etwas Heißes auf dich wartet, wenn du das Lager erreichst.«
»Darauf freue ich mich schon. Bis später«, sagte er.
Als
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