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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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das?« Ielian starrte den Stein an.
    »Ein Pflasterstein.« Rufort tätschelte Ielian den Rücken. »Ein Stein, mit dem man eine Straße gepflastert hat, damit sie nicht schlammig wird. Bäche verlaufen nicht geradeaus, Ielian, mein in der Stadt aufgewachsener Freund, aber dieser hier ist gerade wie ein Pfeil. Gerade wie eine Straße.«
    Lehr grinste. »Rufort hat die Straße nach Colossae gefunden.«

    Rinnie hatte recht gehabt: Es fing an zu regnen. In den nächsten vier Tagen fiel Wasser vom Himmel, als wäre es Frühjahr und nicht Spätsommer.
    »Es gibt einfach zu viel Wasser in diesen Wolken, als dass ich den Regen verhindern könnte, Mutter«, sagte Rinnie zu Seraph. »Und das Unwetter zieht in dieselbe Richtung wie wir. Es ist besser, es jetzt nieseln zu lassen, als wenn ich es zurückhielte und der Regen dann nur so prasseln würde.«
    Am zweiten Tag war alles, was sie hatten, feucht oder nass. Da sie mehr nach Norden als nach Osten gezogen waren, seit sie Schattenfall verlassen hatten, nahm Seraph an, sie würden Glück haben, wenn sie nicht auf noch mehr Schnee stießen, bevor sie Colossae fanden.
    An einigen Stellen war Ruforts Straße so überwachsen, dass es unmöglich wurde, sie vom Waldboden zu unterscheiden, wo sie unter Jahren von Erde verschwand, nur um eine halbe Meile weiter wieder aufzutauchen. Es wurde noch schwerer, ihr zu folgen, als der Wald dichter wurde und man schließlich in alle Richtungen kaum weiter als hundert Schritt sehen konnte.
    Am frühen Nachmittag des vierten Regentages kehrte Jes, der sich mit Gura aufgemacht hatte, den Weg zu suchen, im Laufschritt zurück.
    »Vor uns liegt ein Fluss«, sagte er. »Die Straße führt hindurch.«
    »Wir können wohl kaum noch nasser werden.« Phoran grinste. »Ich hoffe nur, dieser Fluss ist seichter als der letzte, den wir überquert haben. Ich würde es hassen, von der Strömung davongetragen zu werden, nachdem wir so weit gekommen sind.«
    Seraph warf Jes einen forschenden Blick zu und sah, dass er von der Taille abwärts noch nasser war als die anderen. Der
Hund, der vergnügt hechelnd zu seinen Füßen saß, triefte geradezu. »Hast du versucht, ihn zu überqueren, Jes?«
    Er nickte. »Die Strömung ist stark«, sagte er. »Aber das Wasser ist nicht zu tief für die Pferde.«
    »Wir hätten eins der Pferde voranschicken können«, beschwerte sich Hennea. »Jetzt hast du überhaupt keine trockenen Sachen mehr.«
    Seraph, die gerade das Gleiche hatte sagen wollen, schloss den Mund wieder.
    Jes schaute an sich hinunter und schüttelte den Kopf. »Es ist nur Wasser, Hennea. Wir sind alle nass.«
    »Warte, bis du dir die Haut an all den falschen Stellen aufreibst, weil du nasse Kleidung trägst.« Und dann fügte sie hinzu: »Ich werde versuchen, heute Abend ein paar Sachen zu trocknen, wenn es nicht regnet.«
    Seraph lächelte in sich hinein.
    Wie Jes versprochen hatte, brachte die Straße sie zu einem Flussufer, das sich sanft ins Wasser hineinzog. Flussaufwärts und flussabwärts, wo sich auf beiden Seiten Berge erhoben, floss das Wasser rasch, aber an dieser Stelle war der Fluss doppelt so breit wie überall sonst.
    »Es muss hier einmal eine Brücke gegeben haben«, sagte Tier, der vor Seraph ritt. »Im Frühjahr hätte man den Fluss sonst nicht überqueren können. Ich würde auch jetzt lieber nicht riskieren, hier einen Wagen durchzulenken.«
    »Es fühlt sich an, als wäre niemand jemals hier gewesen«, stellte Ielian direkt hinter ihnen fest.
    »Ich spüre es auch«, stimmte Seraph zu. »Selbst die von Menschen hergestellten Dinge - die Straße vor allem - fühlten sich an, als wäre ihr Bau so lange her, dass alle Spuren menschlicher Berührung weggewaschen wurden.«
    »Wir werden einen guten, flachen Bereich finden, an dem wir unser Lager aufschlagen«, sagte Tier zu Seraph, als Jes, der
gewartet hatte, bis alle sicher auf der anderen Seite waren, triefend und grinsend bei ihnen eintraf. Tier ritt den sachten Uferhang hinauf. »Wenn Rinnie den Regen ein paar Stunden aufhalten kann, werden wir ein Gestell bauen, um die Kleidung zum Trocknen ums Feuer zu hängen …« Seine Stimme verklang, und er zügelte sein Pferd.
    Seraph blieb hinter ihm stehen und schaute hinunter in das Tal, das sich vor ihnen erstreckte. Dieser Anblick war wahrhaftig das Schweigen eines Barden wert.
    Colossae.

13
    W enn diese Reise Hennea eins gelehrt hatte, dann war es die Macht der Zeit. Fünf Jahrhunderte hatten genügt, um Schattenfall zu begraben, wo

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