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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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abgeschlossen?«, fragte Tier und ging nachsehen.
    Hennea stieg nur zögernd vom Pferd, denn sie wartete immer noch auf eine Gefahr oder einen Angriff. Die gewaltige Leere der Stadt ließ sie frösteln.
    »Das habe ich versucht. Ich kann Schlösser fühlen, und hier gibt es keine, Papa«, sagte Lehr. »Sie geht einfach nicht auf.«
    Hennea beugte sich vor und betrachtete das Unkraut, das am Rand der Mauer zwischen ihnen und dem Tor wuchs. Ein Regentropfen fiel auf ein Blatt und lief dann in die kleine Pfütze, die sich dort gesammelt hatte. Das Unkraut reichte ihr bis zum Knie und sah zerbrechlich aus, aber es beugte sich nicht unter dem Gewicht des Regens. Es rührte sich überhaupt nicht.
    Hennea streckte die Hand aus, um es anzufassen, und es gab auch nicht unter ihren Fingern nach, selbst als sie fester zudrückte.
    »Versuch das Fenster da drüben«, hörte sie Phoran zu Lehr sagen. »Es steht offen.«
    Sie warf einen Blick über die Schulter und sah, wie Lehr hochsprang, sich am Sims eines Fensters festhielt und hochzog. Einen Moment später ließ er sich wieder fallen. »Es gibt einen Vorhang, aber der fühlt sich mehr wie eine Mauer an.«

    »Ich ahne, was mit deiner Tür und dem Fenster nicht stimmt«, sagte Hennea, stand auf und sah sich noch einmal um. Da sie nun wusste, wonach sie suchen sollte, war es plötzlich offensichtlich. Das Stroh auf den Dächern war dunkel und grau vor Alter, aber nicht vom Regen. Das Holz der Hauswände war ebenfalls nicht feucht - und die Pferde rührten das Unkraut nicht an.
    Seraph sah sie an und zog die Brauen hoch.
    »Die Zauberer haben die Stadt irgendwie in der Zeit erstarren lassen.« Hennea war jetzt überzeugt, dass sie recht hatte, obwohl sie kaum eine Spur von Magie wahrnehmen konnte. »Alles ist genau wie an dem Tag, als die Zauberer die Stadt opferten. Ihr werdet einen offenen Eingang finden müssen, wenn ihr eins dieser Häuser betreten wollt, denn es gibt keine Tür, die sich öffnen, und keinen Vorhang, der sich bewegen wird.«
     
    Sie verbrachten eine Weile damit, den kleinen Platz zu erforschen. Die anderen schienen nicht wie Hennea zu empfinden, was die Stadt anging - außer Gura, der winselte und sich mitten auf den Platz legte, die Schnauze auf den Pfoten. Colossae machte ihn ebenfalls traurig. Hennea überließ es Jes und Lehr herauszufinden, wie sie durch einen kleinen Garten kommen sollten, dessen Gras so starr war, dass es sich in Stacheln verwandelt hatte, damit sie sich einen Schuppen mit offener Tür besser ansehen konnten.
    Seraph hatte die Tasche mit den Landkarten unter ein Vordach mitgenommen, das sie vor dem Regen schützte. Als sie Hennea sah, die wieder auf den Platz hinauskam, rief sie sie zu sich.
    »Du bist die Einzige, die das hier lesen kann«, sagte sie und reichte dem anderen Raben den Stadtplan. »Kannst du herausfinden, wo wir sind und wie wir an Stellen gelangen, die uns nützen könnten?«

    Hennea nahm die Landkarte und sah sie an. »Auf dem Tor stand ›Niedriges Tor‹, also müssen wir hier sein.« Sie zeigte auf die entsprechende Stelle. »Dieser Bereich wird hier als Altstadt bezeichnet.«
    »Ich hätte angenommen, dass sie erst oben auf der Kuppe gebaut haben«, sagte Seraph, einen Moment von ihrer eigentlichen Frage abgelenkt.
    Hennea schaute sich noch einmal um und sah nicht länger die ein wenig verfallenen Häuser, sondern dass sie einmal an die feste Wand des Steilhangs gebaut worden waren, der sich schützend um sie schmiegte.
    »Sie wollten vielleicht näher an den Feldern sein«, sagte sie. »Oder vielleicht befanden sich die älteren Stadtviertel tatsächlich auf der Kuppe, wurden aber irgendwann abgerissen und neu gebaut.«
    Seraph grinste sie an, eine Miene, die Hennea auf dem Gesicht eines Raben immer noch nicht gewöhnt war - aber Seraph gab selber zu, dass sie im Augenblick nicht so beherrscht war, wie sie sein sollte. Es schien sie nicht zu behindern - jedenfalls nicht sonderlich, dachte Hennea, die sich wieder an den Tisch erinnerte, der krachend auf den Boden zurückgefallen war, als Ielian Seraph zu sehr gereizt hatte.
    Seraphs Gesichtsausdruck konnte sich ganz plötzlich ändern; sie brach aus der kühlen Zurückhaltung eines Raben aus, wie die Sonne aus einer Sturmwolke brach oder Lava aus einem Vulkan, um dann so schnell wieder zu verschwinden, wie sie gekommen war.
    »Tier wird für uns Geschichten darüber erfinden«, sagte sie, dann verschwand ihr Grinsen, und zuerst dachte Hennea, Seraph habe sich

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