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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tausende oder gar Hunderttausende gestorben waren - sie hatte vergessen, wie viele. Sie hatte gesehen, dass tausend Jahre ausreichten, um eine Straße zu verbergen, die von den mächtigsten Zauberern erbaut worden war, um ganze Zeitalter zu überstehen. Und ein solcher Zeitraum würde auch genügen, um eine wunderbare Stadt vollkommen verfallen zu lassen.
    Sie hatte auf dieser Reise schon hundertmal darüber nachgedacht, was sie wohl in der Stadt der Zauberer finden würden. Sie war auf alles vorbereitet gewesen, nur nicht auf das, was sie nun vor sich sahen.
    Nach drei Vierteln des Wegs durch das leicht überwachsene Tal erhob sich etwa eine Meile entfernt ein kleiner Hügel mit steilen Hängen und einer flachen Kuppe. Die Stadt bedeckte die gesamte Kuppe, aber sie ergoss sich auch in das Tal darunter, so vollkommen wie an dem Tag, als die Zauberer sie geopfert hatten, um die Welt vor ihrer Dummheit zu retten. Steinmauern mit einer leichten Rosafärbung umgaben die gesamte Stadt und schützten sie vor Eindringlingen, die nie gekommen waren.
    Selbst aus dieser Entfernung fühlte sich Colossae leer und wartend an.
    »Jeder hätte sie finden können«, sagte Ielian.

    Hennea drehte sich um und sah Phorans jüngsten Leibwächter an. »Nein«, sagte sie. »Nur Reisende.«
    »Nur, wenn die Stadt gefunden werden wollte«, ergänzte Jes in seltsamem Tonfall. Es war nicht der Hüter, nicht ganz.
     
    Die Tore der Zaubererstadt bestanden aus poliertem Messing und waren beinahe so hoch wie die Mauer. Sie sahen genau so aus, wie sie ausgesehen haben mussten, als der Zauberer Hinnum vor so vielen Jahrhunderten seinen Schließungszauber über sie verhängt hatte. Oben in den linken Torflügel waren in der Sprache der Zauberer von Colossae die prosaischen Worte Niedriges Tor eingraviert.
    Hennea blickte zu den Tortürmen auf, die auf beiden Seiten aufragten, und konnte sich beinahe vorstellen, dass jemand auf sie herunterschaute.
    Nur wenige Orte im Kaiserreich waren älter als der Fall des Schattens, und auch außerhalb des Reiches gab es wenige wirklich alte Städte - die Klauen des Schattenkönigs hatten bis über die Grenzen hinausgereicht. Die älteren Teile von Taela waren angeblich vom ersten Phoran errichtet worden, und sie bewiesen, dass selbst gut gebaute Steinhäuser sich im Lauf von Jahrhunderten setzten und bewegten. Die Steine in den Mauern von Colossae saßen immer noch so aufeinander, als wären diese Mauern erst gestern errichtet worden.
    Hennea schauderte, und Jes legte eine warme Hand an ihre Wade - eine Geste, die ihnen inzwischen sehr vertraut war. »Ist dir kalt?«
    »Nein«, sagte sie. »Aber das hier stimmt einfach nicht. Wo sind die Risse in der Mauer? Warum schimmert das Messing immer noch, obwohl niemand mehr da ist, der es poliert oder mithilfe von Zauberei in diesem Zustand erhält?« Sie konnte spüren, dass Macht auf der Stadt lag, aber sie fühlte sich seltsam distanziert an - mehr wie eine Erinnerung an Magie.

    »Illusion?«, meinte Seraph und stieg vom Pferd. »Es fühlt sich allerdings nicht so an, obwohl es hier so etwas wie Magie gibt.«
    Sie berührte die Tore und sprang dann erschrocken zurück, als sie sich öffneten. Sie schwangen nicht nach innen oder außen wie die Stadttore der meisten Orte, und sie wurden auch nicht nach oben gezogen wie die kleineren Tore einer Burg oder einer Festung. Stattdessen glitten sie auf geölten Schienen unterhalb der Straße zurück in die Mauern selbst, bis nur noch ein eine Handspanne breites Stück Messing übrig blieb, das aus der Mitte der Mauerkante ragte.
    Eine Wagenlänge vor ihnen befand sich eine andere Mauer, die breiter war als das Tor und sie immer noch von der Stadt fernhielt, sodass sie sich entweder nach links oder rechts wenden mussten. Auf beiden Seiten waren zwischen der Stadtmauer und der inneren Mauer Koppeltore angebracht, wie ein Bauer sie benutzen würde, um Vieh einzupferchen. Eines stand offen, das andere war geschlossen.
    Tier stieg vom Pferd, hockte sich neben die Schiene des Messingtors und beugte sich vor, um zu schnuppern. »Wenn das hier eine Illusion ist, ist sie ebenso gut wie die Mermora «, stellte er fest. »Das Öl riecht frisch.«
    »Es sind Menschen hier«, sagte Kissel. Er lockerte sein Schwert und drehte den Kopf nach den Seiten, um in Vorbereitung auf einen Kampf seine Halsmuskeln zu lockern. »Das hier kann keine verlassene Stadt sein. Nicht so, wie sie aussieht.« Er zeigte auf den Boden direkt auf der anderen

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