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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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noch einmal über seine Haltung nachgedacht hatte. Das erste war eine Schlägerei gewesen, die ihn gelehrt hatte, dass es, ganz gleich wie groß und zäh man war, immer jemanden gab, der noch größer und zäher war. Das zweite war eines Nachts im Flur direkt vor seinem Zimmer in einer beinahe vergessenen Ecke des Palasts geschehen, als er die Leiche eines anderen Sperlings angestarrt hatte und zu dem Schluss gekommen war, dass er nicht sterben wollte.
    Rufort wollte überleben.
    Er warf einen Blick zu Phoran, der die Idee einer schnellen Lösung aufgegeben und seinem grauen Hengst den Sattel abgenommen hatte. Soeben untersuchte er eine Stelle, wo das Fell des Pferdes sich bei dem Ritt über die Berge abgerieben hatte. Wer hätte gedacht, dass Rufort von Bendits Festung einmal zusammen mit dem Kaiser Abenteuer bestehen würde - und zwar mit solch einem Kaiser?
    Rufort hatte ehrlich angenommen, er würde in der Kaisergarde ein einfacher Gardist sein, ein glorifizierter Wachtposten - was immer noch besser war, als tot zu sein. Aber Phoran hatte ihn nie herablassend behandelt, nicht während der Übungskämpfe, bevor diese Reise begann, und auch nicht, seit sie unterwegs waren. Phoran bat Rufort um seinen Rat und befolgte ihn - oder erklärte, wieso er es nicht tat.
    Oh, Rufort wusste, was die Leute über Phoran sagten. Er selbst hatte ihn mehr als einmal sinnlos betrunken gesehen. Er hatte auch seine achtlosen Grausamkeiten registriert, die aus Unzufriedenheit und Langeweile geboren waren - und hatte Rufort nicht aus denselben Gründen das Gleiche getan, und noch Schlimmeres?

    Aber das alles hatte sich geändert. Rufort war nicht sicher, wie es genau geschehen war oder warum - nur, dass der Pfad Tier, einen Bauern aus Redern und Barden, auf die Sperlinge losgelassen und damit Ruforts Leben für immer verändert hatte. Er hatte jetzt einen Platz, an den er gehörte, eine Stellung, die er liebte, und ehrenhafte Männer, mit und unter denen er gern diente.
    Toarsen und Kissel waren Leute, denen er folgen konnte. Er sah zu ihnen hinüber - sie unterhielten sich gerade leise. Diese beiden waren ebenso wie er jetzt Männer, nicht mehr Jungen wie noch zu Beginn des Sommers, Männer, die ihr Schicksal selbst in die Hand nahmen und nicht nach der Pfeife eines anderen tanzten.
    Rufort hatte sich selbst entschlossen, seinem Kaiser zu dienen. Er würde Toarsen und Kissel, seinen Hauptleuten, freudig folgen. Aber Phoran war ein Mann, für den Rufort von Bendits Festung, Rufort, der Überlebende, sein eigenes Leben geben würde.
    Er lachte leise über diese überdrehten Gedanken, so wahr sie auch sein mochten. Als er sich umsah, entdeckte er, dass es ganz in der Nähe eine Stelle gab, wo eine Reihe von Zwergweiden die Nadelbäume verdrängt hatte. Wahrscheinlich floss dort ein Bach, dachte er. Sie hatten ihre Wasserschläuche und Krüge erst an diesem Morgen gefüllt, aber Rufort stammte aus einer eher trockeneren Region und hatte gelernt, nie an Wasser vorbeizugehen.
    Er ließ sein Pferd bei den anderen und erforschte die Umgebung.
    Als Ielian ihn fand, spähte er gerade angestrengt in ein überwiegend ausgetrocknetes Bachbett.
    »Sie versuchen immer noch zu entscheiden, in welche Richtung wir reiten sollen«, sagte Ielian. »Die Landkarten widersprechen einander.«

    Rufort brummte. »Was siehst du, wenn du hierhinschaust?«, fragte er.
    »Steine und Schlamm«, sagte Ielian zögernd, wie es ein Mann tun würde, über den schon zu viele Witze gerissen worden waren. Ein Sperling zu sein, machte einen binnen kurzer Zeit vorsichtig.
    »Ich will mich nicht bewegen, damit ich diese Perspektive nicht verliere«, sagte Rufort. »Würdest du bitte …« Wen holen? Tier? Toarsen oder Kissel? »Lehr. Würdest du Lehr für mich holen?«
    Ielian nickte und eilte zurück. Die anderen waren nicht weit weg, also dauerte es nicht lange, bis er mit Lehr wiederkam.
    »Was ist denn?«, fragte Lehr.
    »Was siehst du da?«, fragte Rufort noch einmal und nickte zum Bachbett hin.
    Lehr besah sich die Stelle genauer, und als er sich niederhockte, wusste Rufort, dass er recht hatte.
    »Siehst du es auch?«, fragte er.
    Lehr nickte, stand auf und kletterte das Ufer hinunter, bis er in einem trockenen Teil des Bachbetts stand, wo er erst in die eine, dann in die andere Richtung schaute. Er griff in das träge fließende Wasser und zog einen großen, beinahe quadratischen Stein heraus, den er zu Rufort zurückbrachte.
    »Gute Augen«, sagte er.
    »Was ist

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