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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hennea.
    »Nein«, sagte der Gelehrte, aber er erklärte seine Antwort nicht weiter.
    »Etwas hat die Bindungen des Pirschgängers zerbrochen«, vermutete Seraph. »Die Zauberer opferten die Stadt, um den Pirschgänger neu zu binden. Nicht, weil sie ihn geschaffen hatten, sondern weil etwas, was sie losgelassen hatten, den Gott der Zerstörung befreit hatte.« Das hatte man ihr zumindest beigebracht.
    »Die Götter beherrschten diese Welt lange Zeit«, fuhr der Gelehrte fort, und Seraph hätte nicht sagen können, ob er ihre Worte auch nur bemerkt hatte. »Lange genug, dass ein kleines Dorf zu einem Städtchen wurde und dann zu einer großen Stadt. Lange genug für die Zauberer, um überheblich zu werden und sich von der Anbetung der Götter abzuwenden. ›Was
nützt es schon, zum Kormoran zu beten, der antworten wird oder auch nicht?‹, fragten sie sich. ›Wenn man Gold zu Korsack oder Terilia oder den anderen Windhexern bringt, werden sie tun, was man will, solange man der erste Kunde ist oder mit dem Gold am großzügigsten.‹«
    Der Gelehrte streckte kurz die Hand aus, als wolle er Hennea berühren, aber dann legte er beide Hände wieder auf den Rücken.
    »Es half auch nicht, dass die Götter nicht mehr gaben, womit sie einmal so freigiebig gewesen waren. Die große Stadt hatte kein intensives Bedürfnis nach einem legendären Krieger oder einem begabten Heiler. Sie waren nicht abhängig von ihren Ernten, also brauchten sie keinen von den Göttern begünstigten Wettermagier. Die Götter gaben entsprechend weniger und wurden weniger angebetet, aber sie waren nicht unzufrieden mit Colossae - vielleicht waren sie einfach nur gleichgültig.«
    Der Gelehrte schloss die Augen. »Bis auf den Raben, denn Colossae war ihre Stadt. Die Stadt der Zauberer.«
    Ganz gleich, was ihre Magie ihr sagte, Seraph konnte immer weniger glauben, dass sie eine Illusion vor sich hatte - oder nur eine Illusion.
    »Kinder wurden an ihren Namenstagen zum Tempel des Raben gebracht«, berichtete der Gelehrte leise weiter. »Die Priester des Raben sagten den Eltern, ob ihre Kinder zur Zauberei begabt waren oder nicht. Wenn Letzteres der Fall war, verriet das Orakel ihnen, welche Art von Zauberei die Spezialität des Kindes sein würde. Manchmal kam der Rabe selbst und segnete ein Kind mit einem Geschenk seiner eigenen Magie, die es nutzen konnte, ohne studieren oder Rituale verwenden zu müssen.«
    »Wie bei der Weisung des Raben«, sagte Seraph.
    »Ja.«

    Alle schwiegen nun.
    »Was geschah dann?«, flüsterte Hennea schließlich eindringlich und beugte sich nach vorn. »Es muss etwas Schreckliches gewesen sein.«
    »Ja.« Der Gelehrte trat einen halben Schritt von Hennea zurück. »Etwas Schreckliches geschah. Es gab einen jungen Mann. Er hatte die Macht, ein erfolgreicher Zauberer zu sein, denn er war von der Göttin selbst gesegnet worden, aber er hatte keine rechte Motivation dazu. Er lernte nicht - er musste auch nicht lernen, um seinen Lebensunterhalt verdienen zu können, denn sein Vater war ein großer Zauberer und verfügte über beträchtlichen Wohlstand.«
    Er wandte ihnen den Rücken zu und starrte die langen Bücherreihen an. »Dieser Junge verliebte sich in ein Mädchen, das ihn ebenfalls liebte - solange das Gold seines Vaters mehr war als das aller anderen Bewerber. Dann kam der Tag, an dem sie einen reicheren Mann fand. Als der Junge Rechenschaft forderte, sagte sie, sie ziehe einen Mann vor, der sich mit den Kampfküsten auskenne, und keinen halb ausgebildeten Zauberer.«
    Der Gelehrte seufzte. »Der junge Mann konnte es nicht ertragen, so abgewiesen zu werden. Wenn sie einen Kämpfer wollte, dann würde er eben ein Kämpfer werden. Aber bedenkt, dass er ein fauler junger Mann und daran gewöhnt war, sich zu kaufen, was er haben wollte. Statt einen Lehrer einzustellen und zu lernen, ging er also zum Tempel des Kriegsgotts.«
    »Der Adler«, sagte Seraph.
    »Aythril, der Gott des Krieges«, ergänzte der Gelehrte, der ihnen immer noch den Rücken zugewandt hatte. »Die Priesterin des Kriegsgotts lachte über die Bitte des jungen Mannes, ihn zu einem Krieger zu machen. Der Kriegsgott würde seine Gunst niemandem schenken, der ihrer so offensichtlich nicht
würdig war. Die Priesterin sagte dem Jungen, wenn er ein Jahr und einen Tag übe, werde sie den Kriegsgott um Hilfe für ihn bitten. Der Junge war wütend und beleidigt, denn er war stolz.«
    Der Gelehrte beugte den Kopf. »Er ging zu seinem Vater, dem alten, mächtigen

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