Rabenzauber
und in den Anblick einer kunstvollen Schnitzerei an der Tür versunken war.
»Ielian«, rief Phoran. »Lehr sagt, das hier ist der falsche Weg.«
»Ihr müsst herkommen«, erwiderte Ielian. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
Sie waren nur noch ein paar Schritte von dem jungen Mann entfernt, der weiterhin fasziniert betrachtete, was immer seine Aufmerksamkeit erregt hatte, als Phoran sah, wie Lehr erstarrte und schnupperte.
»Was ist denn, Lehr?«, fragte Phoran.
»Lauft!«, sagte Lehr eindringlich.
»Bleibt stehen«, erklang eine andere, beinahe vertraute Stimme.
Phoran, der lieber Lehrs Rat gefolgt wäre, konnte nichts anderes tun, als den zweiten Befehl zu befolgen. Sein Körper weigerte sich, sich zu bewegen.
»Wir sollten erst einen einfachen ausprobieren.«
Seraph hatte die Edelsteine mit den Weisungen auf einer Decke aus ihrem Bettzeug ausgebreitet. Sie begann, sie rasch nach Weisungen zu sortieren. Hennea, die auf der anderen Seite der Decke saß, half ihr dabei.
»Es gibt eine Frage, die ich schon öfter stellen wollte.« Seraph schob ein Rubinhalsband zu den Falkensteinen. »Warum gibt es so viel weniger Lerchen als zum Beispiel Raben?«
»Damit ein Weisungsträger Magie verwenden konnte«, antwortete Hennea, »brauchte die Weisung nur ein sehr kleiner Teil der Macht des Raben zu sein. Es geht um die Fähigkeit, Magie zu wirken - nicht um Magie selbst. Also gibt es mehr Raben, jeder mit einem winzigen Teil eines Gottes jeder Weisung - und es sind Raben, die sich am leichtesten an die Edelsteine binden lassen. Heilen ist etwas anderes. Es gab immer nur wenige Lerchen, denn eine geringere Begabung hätte nicht funktioniert.«
»Also haben die Lerchensteine versagt«, sagte Seraph. »Und genau so war es auch gedacht.«
Sie nutzte ihre magische Sicht, damit sie wieder Geist sehen konnte. Der kleine Haufen von Lerchensteinen leuchtete erheblich heller als die anderen.
»Die Weisung der Lerche ist enger an den Geist gebunden«, sagte sie zu Hennea. »Und daher benehmen sich die Ringe, als würden sie heimgesucht.« Sie griff nach dem Tigerauge, das bei ihrer Berührung oft warm wurde. »Ich frage mich, ob das hier die Weisung meiner Tochter ist«, meinte sie.
Tier legte ihr die Hand auf die Schulter, als Hinnum sagte: »Ich glaube nicht, dass man so etwas herausfinden kann.«
»Wir sollten mit den Raben anfangen«, schlug Hennea vor. Sie griff nach einer Brosche mit hellgrünem Chrysolith, die nur einen Hauch von Geist an sich hatte.
Einige Steine befanden sich in kleineren Fassungen, aber andere waren Bestandteile von Armbändern oder größeren
anderen Schmuckstücken gewesen, die klotzig und schwer zu verbergen waren. In diesen Fällen hatten Hennea, Brewydd und Seraph die Steine aus ihren Fassungen gelöst.
Seraph sah zu, wie Hennea ein wenig Blau aus der lila Weisung lockte.
»Da ist noch ein wenig«, sagte Hinnum und starrte die Brosche forschend an. »Ja, genau da.«
»Also gut«, sagte Hennea. »Glaubt ihr, es genügt, den Stein zu zerbrechen, oder müssen wir die magische Bindung der Weisung an den Edelstein auflösen?«
»Sie aufzulösen wäre sicherer«, sagte Seraph und legte den Tigeraugenstein beiseite, entfernt von allen anderen. Hinnum hatte recht, es gab wahrscheinlich keine Möglichkeit, sicher zu erfahren, ob Mehallas Weisung und Teile ihres Geistes an diesen Ring gebunden waren.
Sie konnte sich durchaus vorstellen, wie es passiert war. Willon musste gewusst haben, dass ganz in seiner Nähe eine Lerche zur Welt gekommen war. Er war frustriert gewesen, denn selbst wenn es dem Pfad gelang, eine Lerche zu finden, konnten sie die Weisung, die sie von ihr stahlen, nicht benutzen. Also hatte er gehofft, ein Kind würde einfacher sein.
Im Frühjahr war die Kleine krank geworden. Ganz gleich, welche Kräuter Karadoc ihr gegeben hatte, Mehalla war immer schwächer geworden. Am Ende hatte sie Anfälle erlitten.
Seraph hatte diesen Teil beinahe vergessen. Mehalla war schon so schwach gewesen! Sie war nur ein wenig erstarrt und hatte die Augen verdreht. Sie hatte keine so dramatischen Anfälle erlitten wie Tier, aber Mehalla war auch ein Kleinkind gewesen und kein erwachsener Mann.
»Wenn die Magie stark genug ist, eine Weisung zu binden, sollten wir lieber vorsichtig sein«, stimmte Hinnum zu. »Ich …« Er riss den Kopf hoch. »Habt ihr das gespürt?«, fragte er.
Phoran hörte, wie sich Schritte näherten, dann kam er zu dem Schluss, wer immer es sei, müsse sich zuvor
Weitere Kostenlose Bücher