Rabenzauber
jetzt?«
»Wir sechs, du, Jes, Seraph, Lehr, Rinnie und ich, halten uns an den Händen. Dann sagst du den Namen des Gottes - ich bringe dir bei, wie er ausgesprochen wird.« Hennea seufzte unglücklich. »Den Rest werden wir improvisieren müssen. Ich weiß nicht, was passieren wird. Die Weisungen sind nicht die Götter von Colossae.«
»Sollten wir warten, bis Willon näher kommt?«, fragte Tier.
Hennea nickte.
»Gibt es denn nichts, was ich dabei tun kann?«, fragte Toarsen. »Kissel wird es nicht schaffen.« Er hob den Kopf seines Freundes auf den Schoß und berührte leicht Kissels Stirn. »Er hat zu viel Blut verloren. Ich muss an dem Tod des Mannes, der ihn umgebracht hat, beteiligt sein.«
Tier hockte sich neben den großen, kräftigen Mann und legte ihm die Hand auf die zu kalte Wange. Er blickte zu Seraph, die nickte.
»Gebt ihn noch nicht auf«, sagte Tier zu Toarsen. »Kissel
hat schon Schlimmeres als das hier überlebt - und wir haben eine Lerche, die ihm helfen kann, nicht wahr, Seraph?«
»Ich habe nicht vor, den Schatten noch mehr von uns töten zu lassen«, erwiderte Seraph.
»Na also«, sagte Phoran. »Seraph sagt es auch - Kissel wird nicht wagen, sich ihr zu widersetzen.«
Ein dünnes Lächeln erschien auf Kissels Lippen.
»Siehst du, mein Junge?«, fragte Tier. »Alle Männer müssen sich den Launen meiner Frau beugen. Du schaffst es schon.« Er blickte zu Toarsen auf. »Ich denke, dieser Kampf geht über Schwerter hinaus, aber ich hätte nichts dagegen, wenn ihr eure Schwerter bereithieltet und sie einsetzt, sobald ihr Gelegenheit findet.«
Toarsen nickte feierlich.
»Seraph«, sagte Tier. »Würdest du jetzt anfangen? Kissel hat sich wirklich angestrengt durchzuhalten, aber er könnte Hilfe brauchen.«
Seraph berührte den Tigeraugenring, schloss die Augen und versuchte zu spüren, was anders war, aber sie fühlte sich genau wie zuvor. Genau, wie sie sich gefühlt hatte, als sie vor ein paar Minuten versucht hatte, Heilerarbeit an Gura zu leisten.
Sie blickte nach unten zu dem jungen Mann, der an jenem Abend in Taela an ihrer Seite gegen den Pfad gekämpft hatte. Als sie sich neben Kissel niederließ, blickte Toarsen so freundlich zu ihr auf wie eine Hündin, die ihre Welpen vor einem Fremden schützen will.
»Ich werde ihm nicht wehtun«, sagte sie, obwohl sie sich nicht wirklich sicher war.
»Zu diesem Zeitpunkt gibt es nicht viel, was mir noch wehtun könnte«, murmelte Kissel plötzlich mit diesem verhaltenen Humor, den er an sich hatte. Er schien immer am zufriedensten
zu sein, wenn seine Zuhörer nicht ganz sicher waren, ob er nun versuchte komisch zu sein oder nicht.
»Ich bin froh, das zu hören«, sagte Seraph, obwohl sie nicht einmal wusste, ob er noch bei Bewusstsein war.
Sie versuchte, sich zu erinnern, was Brewydd getan hatte, als sie Tiers Verletzungen heilte - aber sie war abgelenkt gewesen und hatte nicht sonderlich auf die Heilerin geachtet.
»Lehr?«
Er hockte sich neben ihr auf die Fersen. »Wie kann ich dir helfen, Mutter?«
»Hast du Brewydd jemals beim Heilen beobachtet?«
»Sie war eine Lerche, Mutter«, sagte Lehr. »Können Raben ebenfalls heilen?«
Seraph hob die Hand, damit er sehen konnte, welchen Ring sie trug. »Ich bin heute auch eine Lerche. Aber ich brauche deine Hilfe.«
»Die Lerchenringe funktionieren nicht«, wandte Jes ein. »Du und Hennea müsst sie erst reinigen.«
Seraph drehte sich zu ihm um. »Willon hat Mehalla umgebracht, um ihre Weisung zu stehlen, Jes. Vor vielen, vielen Jahren. Etwas in diesem Ring erkennt mich, und ich glaube, das bedeutet, dass die Weisung daran einmal Mehallas Weisung war.« Sie hielt inne. »Wir brauchen mich heute als Lerche, aber selbst wenn der Stein nichts als die Weisung enthielte, könnte ich ihn nicht benutzen, um wirklich zur Lerche zu werden - nicht mehr, als Volis Rabe war, wenn er einen Rabenstein trug. Ich muss herausfinden, ob die Person, Mehalla oder nicht, die diesen Ring heimsucht, mir helfen will, nur für heute eine Lerche zu sein.«
»Du solltest die Hand auf seine Wunde legen«, sagte Lehr. »Wir werden den Verband abnehmen müssen.«
»Lasst mich das machen«, schlug Tier vor. »Ich habe ein wenig Erfahrung mit Notverbänden.«
Er setzte sich neben Seraph und schnitt durch das Tuch, das die Kompresse auf der Wunde hielt. Dann zupfte er vorsichtig an der Kompresse.
»Sie klebt an ihm, aber nicht besonders fest, weil er immer noch blutet. Das wäre schlimm, wenn wir keine
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