Rabenzauber
nimm Gura«, sagte Phoran. »Gehen wir.«
Er war nicht sicher, wie weit sie gekommen waren. Phorans Welt bestand bald nur noch darin, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Als er galoppierende Hufe hörte, kniete er sich nieder und legte Kissel sehr vorsichtig auf dem Pflaster ab.
»Bald wird es dir besser gehen«, sagte er zu dem jungen Gardisten. »Tier ist da.«
Scheck rutschte auf dem Kopfsteinpflaster, und Tier war vom Pferd gesprungen und beugte sich über Kissel, bevor der Wallach wirklich stand.
Kissels Puls, zu schnell und zu schwach, zuckte gegen seine Finger, und Tier blickte auf und sah die anderen an.
»Rufort und Ielian?«, fragte er.
Toarsen legte Gura vorsichtig neben Kissel. »Rufort ist tot«, sagte er. »Kissel und ich hielten Ielian beide für einen loyalen Mann. Wir haben versagt. Er hat Rufort umgebracht.«
Phoran, blass und schweißgebadet, hob die Hand. »Ich wusste, dass etwas nicht stimmte. Ielian erwähnte Rufort gegenüber, dass der Pfad ihn bezahlt habe - das erfuhr ich gestern Abend schon, aber ich habe ihn nicht darauf angesprochen. Meine Verantwortung ist ebenso groß.«
»Papa, Ielian war ein Diener des Schattens«, sagte Rinnie.
Als er die Arme ausbreitete, rannte sie zu ihm. Ihr kleines Gesicht war zerschlagen, und sie hatte einen schwarzen, geschwollenen Knoten am Kinn. Ihre Unterlippe war aufgerissen und dick. Tier schaute von ihr zu Phoran.
»Auch das war überwiegend Ielian«, sagte er. »Aber Willon ist für den Riss in der Lippe verantwortlich.«
»Sagt uns mehr«, forderte Seraph. Sie untersuchte Gura vorsichtig, obwohl Tier sah, dass ihre Augen vor Zorn blitzten. »Setzt Euch, Phoran. Wenn Ihr weiter so schwankt, werdet Ihr noch umfallen. Was ist passiert, Lehr?«
»Ielian hat uns an einen bestimmten Ort gelockt - ich nehme an, er und Willon hatten das vorher abgesprochen. Bevor einer von uns ahnte, was los war, ließ Willon uns erstarren.«
Er holte tief Luft. »Papa, Willon verriet uns, wieso er an diesem Abend in Taela vor Jes und mir davonlief. Er wollte, dass wir Erfolg hatten. Er hat seine Leute geopfert, nur damit Mutter all die Steine mit den Weisungen bekommen würde. Er konnte selbst nicht herausfinden, was mit ihnen nicht stimmte, aber er dachte, Mutter, Hennea und Brewydd würde etwas einfallen. Er wusste auch, dass Volis die Landkarten hatte. Als Mutter und Hennea mit den Steinen nicht weiterkamen, wollte er, dass sie hierherreisten. Er griff dich an, um uns dazu zu zwingen. Hinnum wusste, wie man die Edelsteine zum Funktionieren bringen konnte, aber er sprach nicht mit Willon. Willon hat Mutter hierhergeschickt, damit sie mit Hinnum reden konnte.«
»Aber was soll das helfen?«, fragte Hennea. »Wir werden auch nicht mit ihm reden.«
»Mutter hat Menschen, die ihr wichtig sind«, erwiderte Lehr. »Willon hat versprochen, keinem von uns etwas zu tun, wenn Mutter sich um die Edelsteine kümmert, damit sie für ihn funktionieren. Er nahm Rinnie als Geisel und überließ es
uns, aus seinem Bann auszubrechen und euch zu sagen, was geschehen war.«
»Er nahm Rinnie?«, fragte Hennea und hockte sich neben Kissel. »Warum ist sie dann hier? Hat Hinnum sie gerettet?«
»Nein«, sagte Rinnie. »Das war Phoran. Er hat sich aus dem Bann des Schattens losgerissen und kam, um mich zu retten.«
» Phoran hat dich vor dem Schatten gerettet?« Hennea klang ungläubig.
»Nicht genau«, warf Phoran ein.
Tier packte Rinnies Schulter fester; er war so dicht daran gewesen, sie zu verlieren. »Was ist passiert?«
»Er riss sich aus dem Bann des Schattens los und sagte uns, wie wir es ebenfalls tun können«, berichtete Toarsen mit einem respektvollen Nicken zu seinem Kaiser.
»Es war eine Illusion«, erklärte Phoran mit verlegenem Grinsen. »Ein Teil von mir ist nicht besonders nett, Tier. Der Gedanke, dass ein Bürgerlicher, ein aufgeblasener Illusionist, der sich einbildet, ein Gott zu sein, versuchte, mir, dem Kaiser, Befehle zu erteilen, kam mir einfach falsch vor. Ich konnte nicht glauben, dass es funktionieren würde - und das tat es auch nicht. Die anderen hatten sich ebenfalls losgerissen, als Rinnie und ich zurückkamen. Ich weiß nicht, wie.«
Toarsen lachte, obwohl er Tränen in den Augen hatte. Er saß neben Kissel auf der Straße, und nun berührte er ihn leicht. »Kissel schaffte es als Erster. Er sagte, etwas, wovon man sich befreien könne, würde ihn nicht halten. Danach redete er den Rest von uns frei.«
Phoran nickte nüchtern. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher