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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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letzten Jahren hatte er »Junge« nur noch als Schimpfwort betrachtet.
    »Mein Lehrer wagt nicht, es ihm zu sagen«, lachte Lukeeth. »Denn dann werde ich Vater verraten, was der Dummkopf in seiner Wasserflasche hat, und er wird ebenso rausfliegen wie sein Vorgänger. Ist das da deine kleine Schwester? Noch ein Reisendengör, genau wie du.«
    »Hübsches Ding«, stellte Olbeck lässig fest.
    Nun war Rinnie ernsthaft besorgt. Lehr war zäh, und ihr Vater hatte ihm ein paar gute Tricks beigebracht, ebenso wie ihr. Aber Olbeck war beinahe einen Fuß größer als Storne - der so groß war wie Lehr -, und er hatte nicht dieses weiche Aussehen wie die meisten Dorfjungen. Sie konnte seinen Tonfall nicht deuten, aber er brachte die anderen beiden Jungen zu einem Lachen, das eher beutegierig als heiter klang.
    »Ich habe schon gehört, dass du jetzt mit Aasfressern unterwegs bist, Storne«, sagte Lehr, dann wandte er sich dem Anführer zu. »Olbeck, ich dachte, du wolltest dich lieber vom Wald fernhalten, seit du im letzten Herbst Jes begegnet bist.«
    Olbeck errötete unwillkürlich. Lukeeth lachte leise, hörte aber wieder auf, als Olbeck ihm einen Blick zuwarf.
    »Raubtiere, nicht Aasfresser«, verbesserte Olbeck. »Du bist nur enttäuscht, dass Storne beschlossen hat, lieber mit den Wölfen zu jagen, statt mit Schafen wie dir zu grasen, Reisender«, höhnte er. »Und was deinen Bruder angeht - wenn mir klar gewesen wäre, dass er nicht richtig im Kopf ist, hätte ich ihm an diesem Tag einfach die Kehle durchgeschnitten und ihm damit noch einen Gefallen erwiesen.«

    Bevor Olbecks Worte sie daran erinnerten, hatte Rinnie beinahe vergessen, dass Storne und Lehr einmal die besten Freunde gewesen waren. Aber vor ein paar Jahren war etwas geschehen, worüber Lehr nicht sprechen wollte, und seitdem hatte er Papa nicht einmal mehr zur Mühle begleitet.
    »Ich werde Jes ausrichten, dass du ihn wieder sehen willst«, sagte Lehr freundlich. »Und ich werde deine Worte genau zitieren. Ich bin sicher, er wird beeindruckt sein, vor allem, da du noch nie auch nur eine Kuh geschlachtet hast. Rinnie, warum gehst du nicht nach Hause, damit wir in Ruhe reden können?«
    »Nein, Rinnie«, sagte Olbeck. Er lächelte sie an. »Ich denke, du solltest lieber hierbleiben. Wir beide können uns unterhalten , nachdem wir damit fertig sind, mit deinem Bruder zu … zu sprechen .«
    Lehr wandte sich ihr zu und flüsterte: »Lauf, Rinnie, sofort. Bleib nicht stehen, ehe du nach Hause kommst.«
    Sie wusste, wenn sie weg war, würden sich die anderen Jungen nicht mehr so sehr dafür interessieren zu kämpfen, also floh sie so schnell den Hügel hinauf, wie sie konnte, ihr kleines Messer kalt in der Hand, und schaute nicht zurück. Ihr Zuhause war nicht so weit entfernt. Wenn sie nahe genug am Haus war, konnte sie Gura rufen. Selbst ein ausgewachsener Mann würde zögern, sich mit dem großen Hund anzulegen.
    Sie hörte das dumpfe Klatschen von Fäusten gegen Haut, bevor sie auch nur die Schlucht verlassen hatte. Aber sie durfte jetzt nicht über den Kampf nachdenken, denn mindestens einer der Jungen hatte Lehr umgangen und folgte ihr den Hang hinauf. Sie konnte hören, wie er durchs Unterholz brach wie ein Ochse.
    Als sie den Weg erreichte und der Boden unter ihren Füßen ein wenig sicherer wurde, warf sie einen Blick zurück und sah, dass es Olbeck war, der sie jagte, und sie lief so schnell wie noch nie.

    Wenn Olbeck ihr folgte, bekam Lehr einen Vorteil. Storne war als Einziger unter den Jungen muskulös genug, um Lehr wirklich Schwierigkeiten zu machen. Und ihr Bruder war so zäh wie ein alter Wolf, er würde die raue Umgebung zu nutzen wissen.
    Die Steigung des Wegs raubte ihren Beinen das Tempo und ihrer Brust den Atem, aber sie wagte nicht, langsamer zu werden. Sie hatte den Blick fest auf den Weg vor sich gerichtet. Als jemand sie packte und von den Beinen riss, dachte sie, es wäre Olbeck.
    Sie trat zu, bevor sie erkannte, dass es Jes war, und wurde reglos, wenn man von ihrem schweren Atem einmal absah. Er setzte sie vorsichtig ab, und sein Gesichtsausdruck war anders als alles, was sie je bei ihm gesehen hatte. Sie hatte keine Zeit zu begreifen, worin der Unterschied lag, als er sich auch schon vor sie schob und die Aufmerksamkeit Olbeck zuwandte.
    »Ich dachte, ich hätte dir gesagt, du solltest nicht mehr in meinen Wald kommen«, sagte Jes - nur, dass es sich überhaupt nicht nach Jes anhörte. Er klang regelrecht gefährlich. Der

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