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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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vertraute, weiche Singsangton war verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben.
    »Das hier ist nicht dein Wald«, sagte Olbeck, der ein paar Schritte entfernt auf dem Weg stehen geblieben war, und er klang nicht sonderlich ängstlich. »Mein Vater ist der Verwalter des Sept. Wenn dieser Wald überhaupt irgendwem gehört, dann mir.«
    Rinnie, die sicher hinter Jes stand, konnte das Gesicht ihres Bruders nicht sehen, aber Olbeck wurde plötzlich blass.
    »Lauf, Junge«, schnurrte Jes. »Ich bin gespannt, ob du deinen Albträumen davonrennen kannst …«
    Rinnie versuchte, um ihren Bruder herumzugehen, aber er machte einen Schritt zur Seite und behielt sie hinter sich.
Olbeck, die Augen so verdreht wie ein erschrockenes Pferd, drehte sich um und lief.
    »Es sind immer noch zwei, die sich mit Lehr prügeln«, keuchte Rinnie, dann musste sie sich übergeben.
    Es war widerlich und schmutzig, und sie schnappte japsend nach Luft, wenn sie sich nicht gerade krümmte. Jes hielt ihr das Haar zurück und wartete, bis sie fertig war.
    »Du bist zu schnell gelaufen«, sagte er. »Ist Lehr da drunten?«
    Sie spuckte, um den Geschmack aus dem Mund zu bekommen. »Ja. Auf dem Weg zu der Stelle am Bach, die du ihm gezeigt hast«, sagte sie. »Mit Storne und Lukeeth.«
    Jes wirkte immer noch seltsam - sein Gesicht hatte eine Schärfe, die sie von ihm nicht gewohnt war. »Geht es dir jetzt besser?«, fragte er.
    »Ja.«
    Er nickte und eilte davon. Rinnie brauchte einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen. Sobald sie wusste, dass ihr nicht wieder übel werden würde, kam sie auf die Beine und eilte Jes hinterher. Jetzt, wo er da war, hatte sie keine Angst mehr vor den Dorfjungen. Als sie die Stelle erreichte, an der Lehr vom Weg abgebogen war, hatte Jes seine kontrollierte Rutschpartie in die Schlucht schon hinter sich gebracht.
    Rinnie schaute hinunter und fürchtete halb, was sie sehen würde. Aber Lehr war in Sicherheit. Er hielt Storne in einem geheimnisvollen Ringergriff, und Lukeeth lag bewusstlos neben ihnen. Blut lief aus seiner Nase.
    »Ist Rinnie in Ordnung?«, rief Lehr.
    »Ja«, antwortete Rinnie selbst. »Jes hat Olbeck einen Schrecken eingejagt. So, wie Olbeck aussah, wird er sich mindestens eine Woche zu Hause verkriechen.«
    »Gut«, knurrte Lehr, der den sich nun heftiger windenden Storne immer noch festhielt. Er wartete, bis der andere Junge
wieder ruhiger wurde. »Du trinkst zu viel«, sagte er dann zu ihm. »Und du denkst zu wenig. Nur weil Olbecks Vater der Verwalter ist, ist er nicht unverwundbar und auch nicht jemand, auf den du hören solltest - du bist klüger als er. Und zu versuchen …« Er hielt inne und sah zu Rinnie hinüber, bevor er sich verkniff, was er sagen wollte. »Du hast Olbeck gehört. Er hat jetzt ›Unterhaltungen‹ mit Kindern? Meine Schwester ist zehn Jahre alt, Storne. Du bist besser als das.«
    Es war seltsam zu hören, wie Lehr einem anderen als ihr oder Jes eine Standpauke hielt. Sie konnte sehen, dass die ruhige Stimme ihres Bruders Storne ebenfalls tief traf.
    Lehr trat zurück und ließ Storne aufstehen. Der Müllerssohn wischte sich die Kleidung ab, drehte sich mit einem misstrauischen Blick zu Jes um und wollte gehen.
    »Willst du Lukeeth hier liegen lassen? Ohne dich wird er den Rückweg niemals finden«, sagte Lehr.
    Storne hob sich den anderen Jungen ohne ein Wort auf die Schultern und stieg den Hügel hinauf.
    »Du kümmerst dich gut um deine Freunde, daran erinnere ich mich«, sagte Lehr leise. »Aber die Frage ist, hätte er sich auch um dich gekümmert? Olbeck hat dich uns überlassen.«
    Storne fuhr herum und wäre beinahe aus dem Gleichgewicht geraten. »Ich kann zumindest dafür sorgen, dass ihre Zungen nicht zu frei sind. Anders als jemand, den ich kenne.«
    »Ihr Idioten hättet euch umbringen lassen«, sagte Lehr wütend, als ginge es um etwas, das er schon zu lange aufgestaut hatte. »Nachts zu schwimmen ist einfach dumm - es gibt Dinge im Fluss, die …«
    »Dinge.« Storne spuckte auf den Boden. »Also hast du deinem Vater etwas vorgeheult, und der ist zu meinem gegangen. Ich will dir was sagen, Reisendensöhnchen: Du weißt nicht halb so viel, wie du glaubst. Halte dich lieber von mir fern.«

    Jes legte die Hand auf Lehrs Schulter, aber keiner sagte etwas, bis Storne oben auf dem Hügel war.
    »Hast du deshalb keine Freunde mehr?«, fragte Rinnie. »Du hast Papa gesagt, dass sie nachts im Fluss schwimmen wollten?«
    Lehr zuckte die Achseln. »Das war Stornes Ausrede.

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