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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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seinem kleinen Sohn auferlegt hatten. Wie konnte sie auch nur daran denken, dass er den Vorschlag akzeptieren würde, Jes wegzugeben, weil er zu viel
Arbeit machte? Wie konnte sie auch nur daran denken, ihr Kind zu verlassen?
    Aber natürlich tat sie das nicht. Nicht Seraph. Sie bekämpfte Dämonen, und das für Leute, die sie nicht einmal kannte, und sie würde niemals vor etwas zurückschrecken, das ihre zweite Familie bedrohte.
    »Wie alt war dein Hüter-Bruder, als er starb?«, fragte Tier schließlich.
    »Risovar war dreißig«, sagte sie, und ihre Hände bewegten sich ununterbrochen über Jes, als wolle sie ihn an sich ziehen, fürchtete aber, ihn zu verletzen »Er war einer der Ersten, die an der Pest starben.«
    »Dann weißt du, was wir tun müssen«, sagte Tier. »Jes wird bei uns bleiben, und du wirst mir beibringen, wie man einen Hüter aufzieht, der einmal an Altersschwäche sterben wird.«
    Ihr Gesicht war plötzlich lebhafter geworden, und er sah, was es sie gekostet hatte, ehrlich mit ihm zu sein. Als er seine Familie an sich zog, Mutter und Kind, flüsterte sie: »Ich würde jeden umbringen, der versuchte, ihn mir abzunehmen.«
    »Ich auch«, flüsterte Tier leidenschaftlich in ihr mondfarbenes Haar. Niemand würde sie jemals trennen können.
    »Ich auch«, sagte Tier in seiner Zelle im Palast von Taela.
    Wie konnte er diese Gefangenschaft am besten überstehen? Er hörte die Antwort in Gerants trockener Tenorstimme. Du musst deinen Feind kennen. Du musst wissen, was er will, damit du weißt, von wo der nächste Angriff zu erwarten ist. Entdecke seine Stärken und meide sie. Finde seine Schwächen und nutze sie mit deinen Stärken aus. Wissen ist eine bessere Waffe als ein Schwert.
     
    Er lächelte freundlich, als Myrceria hereinkam.
    »Wenn Ihr bitte mit mir kommen würdet«, sagte sie. »Wir machen Euch für eine Vorführung bereit. Nach der Zeremonie
werdet Ihr Euch frei im Nest bewegen und alle Freuden genießen können, die es bietet.«
    Die Frauen, die einmal versucht hatten, ihn zu waschen, befanden sich wieder im Badebecken, und diesmal ließ Myrceria nicht zu, dass er sie wegschickte. Sie schrubbten, kämmten, salbten und rasierten ihn, und sie ignorierten sein Erröten und seine Proteste.
    Als eine der Frauen ihm das Haar schneiden wollte, hielt Myrceria sie zurück. »Nein, lass es so lang. Wir werden es flechten, und das wird sehr exotisch aussehen.«
    Sie überredeten ihn, Hofkleidung anzuziehen - Sachen, die er niemals freiwillig getragen hätte. Er hätte sich vielleicht auch diesmal geweigert, obwohl er sich vorgenommen hatte, ein demütiger und freundlicher Gast zu sein, um mehr über seinen Feind zu erfahren, wäre da nicht die Angst in ihren Augen gewesen. Wenn sie ihn nicht aufputzen konnten wie eine Damenstute, würden sie Ärger bekommen, das war eindeutig. Also protestierte er und machte unhöfliche Bemerkungen, aber er zog das alberne Zeug an.
    An der Wand gab es einen polierten Metallspiegel, und die Frauen schubsten und schoben ihn, bis er sich davorstellte.
    Er trug eine weite rote Samthose, eng in der Taille und an den Fußgelenken, die halb verborgen wurde von einer Tunika, die gerade von den Schultern bis zu den Knien fiel. Das Hemd unter der Tunika bestand aus blutroter Seide, mit Goldfäden bestickt. Sie hatten ihn glatt rasiert und sein Haar mit etwas geölt, das kleine Metallsplitter enthielt, die aufblitzten, wenn er sich bewegte. Dann hatten sie es mit goldenen und roten Schnüren geflochten, die nach und nach sein eigenes Haar ersetzten, sodass der Zopf ihm bis auf die Hüften fiel, wo er in goldenen und roten Quasten ein Ende fand. An den Füßen trug er goldene Pantoffeln, bestickt mit kleinen roten Glasstückchen. Zumindest hoffte er, dass es nur Glas war.

    Nachdem er die ganze Wirkung genossen hatte, ließ er den Kopf hängen und schloss die Augen.
    »Meine Damen, wenn meine Frau mich jemals so sehen sollte, wird sie mich das nie vergessen lassen.«
    Myrceria berührte ihn spielerisch mit einem manikürten Finger. »Ihr seht hervorragend aus - gebt es schon zu. Wir haben gute Arbeit geleistet, meine Damen, obwohl er auch vorher nicht so übel aussah.«
    Tier schaute sich noch einmal im Spiegel an. Wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, dass die Kleidung von der der Reisenden inspiriert war. Auch Reisende trugen weite Hosen und diese knielangen Tuniken - aber Seraph liebte die bunten Farben der Rederni-Kleidung. Ihre eigenen Leute bevorzugten meist

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