Rache an Johnny Fry
sicher in Bezug auf was?«, fragte sie.
»Ich kann eine Frau in den Armen halten und mich von ihren Küssen davontragen lassen«, sagte ich. »Dessen bin ich sicher. Lucys Bilder dagegen sind etwas Unbekanntes, etwas, wovon ich keine Ahnung habe, nicht wirklich. Aber ich will dieses Unbekannte kennenlernen, und deshalb bin ich hier. Es ist, als arbeitete ich an einem Puzzle und hätte keine Ahnung, was es einmal zeigen wird.«
»Sind Ihnen die Kinder wichtig?«, fragte sie. »Die Kunst dieser Fotos?«
»Ich will, dass sie mir wichtig sind.«
Selbst bei all dem Sex war ich nie so nackt gewesen. Isabel schien zufrieden damit, so dazusitzen und mich anzusehen. Ich war sicher, sie sah mehr, als ich ermessen konnte.
»Die Fotos sind exzellent«, versicherte sie mir, »und die Absichten ehrenwert. Und was noch wichtiger ist: Sie sind klug. Aber was ist mit Ihnen, lieber Cordell? Kann Ihnen etwas von dem, was Sie da tun, helfen?«
»Vielleicht«, sagte ich. »Ich weiß es nicht.«
Ich wollte Isabel küssen, und ich glaube, sie hätte verstanden, dass der Grund dafür der tiefe Eindruck gewesen wäre, den sie mit ihren Fragen auf mich gemacht hatte.
»Ich muss zurück in die Galerie«, sagte sie.
»Ja. Ich sollte auch gehen.«
In dieser Nacht schlief ich zwölf Stunden, und meine Träume hatten nichts mit den Erlebnissen der letzten zwölf Tage zu tun. Die Bilder, die im Schlaf vor mir heraufzogen, stammten von einer Kirmes im kalifornischen Walnut Creek, auf die mein Vater mit mir gegangen war, als ich fünf war. Er wollte, dass ich Karussell fuhr und die Tiere fütterte, aber ich war weit mehr an den öligen Zahnrädern und Wellen der großen Maschinen interessiert und dem Pferdemist, der überall herumlag.
Die Zuckerwatte war nichts, verglichen mit dem Himmel.
Die Elefanten sahen erbärmlich aus. Damals wie heute in meinem Traum kamen sie mir wie traurige Könige vor, die von kleinen Männern trickreich unterjocht worden waren. Die kleinen Männer wollten sie leiden sehen, weil sie eifersüchtig waren auf ihre Erhabenheit.
Am nächsten Morgen stellte ich fest, dass meine Wohnung in einem schrecklichen Zustand war. Ich wollte sauber machen, aber es gab noch etwas anderes, das ich tun musste, etwas weit Wichtigeres.
Ich suchte nach Sisyphas Brief und nahm die rote Kapsel, die sie hineingelegt hatte. Ich schluckte sie, ohne zu zögern. Sisypha verlangte Vertrauen, das war mein einziger Gedanke. Ich musste über die Geschehnisse der letzten Tage nachdenken, und die Kapsel sollte mir dabei helfen.
Ich weiß nicht, was ich erwartete. Vielleicht dachte ich, dass ich in dem Moment, da die Chemikalien mir ins Blut gingen, von Allwissenheit erfüllt würde. Zunächst geschah gar nichts.
Eine halbe Stunde später wartete ich immer noch auf die Wirkung der Kapsel. Das Einzige, was ich spürte, war Hunger. Einen wahren Heißhunger. In meiner Küche gab es nichts zu essen, und ich wollte nicht ausgehen, denn Sisypha hatte geschrieben, ich müsse mich konzentrieren, während ich unter dem Einfluss ihres Designernarkotikums stünde. Bald schon hielt ich es aber nicht mehr aus und ging in Dino’s Diner, wo ich zuletzt mit Sasha gewesen war.
Es war dieselbe Bedienung, die mich an genau den Tisch führte, an dem ich auch mit Sasha gesessen hatte. Das Paar, das sich wegen eines Cousins gestritten hatte, saß ebenfalls wieder am Nachbartisch. Die beiden stritten immer noch.
Ich bestellte ein Steak und Eier mit Pfannkuchen, dazu eine heiße Schokolade und Kaffee. Die Bedienung wollte schon gehen, aber ich bat noch um einen Orangensaft, ein großes Glas.
Ich saß da und dachte über Sashas Tod nach. Noch all die Jahre später war sie so wütend auf ihre Mutter gewesen, und die Wut und der Schmerz hatten sich auf ihren Bruder übertragen.
Ich fragte mich, ob ich mich mit meinem unausgegorenen Plan, Johnny Fry zu töten, in einer ähnlichen Situation befand. Ich hätte sofort zu ihnen ins Wohnzimmer marschieren und sie herausfordern sollen, das wäre das Richtige gewesen. Vielleicht wäre es zu einem Kampf gekommen, aber wenigstens wäre ich nicht davongelaufen wie ein verängstigter Schuljunge.
Es gab einen richtigen Weg des Seins, und ich hatte ihn verpasst… Aber wenn ich ihnen entgegengetreten wäre, dann wäre ich sicher nicht in die Videothek gegangen. Und hätte Sisypha nicht gefunden.
Ich liebte Brenda Landfall, und sie liebte mich, da war ich mir sicher. Sie wusste um meine Unbeholfenheit und meine
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