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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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unsterblich schöne Mann. Er war kahlköpfig und hatte sich die Kopfhaut gewachst. »Komm, Bren, gehen wir ins Spielzimmer.«
    Zum ersten Mal in dieser Nacht schien meine Begleiterin unsicher zu werden.
    »Hm… Ich bin mit Cordell hier«, sagte sie.
    »Ich bring dich in fünfundvierzig Minuten zurück – wenn du dann noch zurückwillst.«
    »Hast du etwas dagegen?«, fragte mich Sisypha.
    »Ja, das habe ich«, sagte ich, ohne zu zögern. Ich würde mich nicht wie Mel verhalten.
    »Aber du hast gesagt, du wolltest nicht mit mir schlafen.«
    »Ich will mit dir zusammen sein«, sagte ich. »Die ganze Nacht.«
    Sisypha holte tief Luft und schenkte mir ein Lächeln.
    »Es tut mir leid, Stan«, sagte sie. »Er braucht mich bei sich.«
    »Er kann ja mitkommen«, sagte Stan mit einem Schulterzucken. »Vielleicht lernt er noch was.«
    Sisypha schüttelte den Kopf und lächelte. Man konnte sehen, dass es zwischen ihr und dem Mann eine Vorgeschichte gab. Hätte ich nicht so energisch protestiert, wäre sie mit ihm gegangen.
    Einen Moment lang hatte ich Angst, etwas falsch gemacht zu haben. Vielleicht hätte ich sie ins Spielzimmer gehen lassen sollen, damit er ihr seinen dicken Schwanz in den Arsch schieben konnte. Aber dann stellte ich mir Jo vor, wie sie mich fragte, ob ich etwas dagegen hätte, wenn Johnny Fry in unser Bett klettern und sie mit ihm vögeln würde, während ich dasaß und die New York Times las.
    Die Droge tat ihre Wirkung.
    Ich sprang auf und schrie: »Fuck you! Verschwinde, du Pisser!«
    In Sisyphas Augen blitzte Angst auf.
    »Was?«, sagte Stan.
    »Ich habe gesagt: Verpiss dich.« So etwas hätte ich normalerweise allenfalls gedacht, ausgesprochen hätte ich es nie. »Ich muss mir doch deine Scheiße nicht anhören.«
    Stan schüttelte den Kopf und achtete nicht weiter auf mich. Er sah Sisypha an. »Was machst du jetzt, Bren? Du weißt, dass du mit mir kommen solltest.«
    »Hast du mich nicht gehört, Mann?«, sagte ich. »Du sollst dich verdammt noch mal verpissen.«
    Das war der Mann, der ich immer hatte sein wollen. Wenn mein Vater mich schlug, erniedrigte und mir vorschrieb, wann und wie lange ich abends ausgehen durfte, selbst noch, als ich sechzehn war – ich hatte dieser Mann sein wollen. Wenn sich meine Lehrer weigerten zu glauben, dass ich klug war und voller Fähigkeiten steckte, und mich die Polizei aufhielt, weil ich durch ein Viertel ging, in dem nur Weiße lebten – ich hatte mich wehren wollen. Ich wollte mich meinem Vater, allen Rassisten und Schlägern entgegenstellen, auf die ich traf, aber bis heute hatte ich nicht den Mut dazu gehabt. Und selbst wenn es mit meinem Aufbegehren gleich schon wieder vorbei sein sollte – endlich war ich aufgestanden, und das konnte mir keiner mehr nehmen, bis zu meinem letzten Atemzug nicht. Stets würde ich zurückblicken und sagen können, dass ich in dieser Welt meinen Mann gestanden und nicht einfach kampflos irgendeinem Wichser erlaubt hätte, zu kommen und mir meine Frau zu nehmen.
    Mir meine Frau zu nehmen. Die Worte fühlten sich wie Ratten an, die mir die Arme hinunterliefen. Ich sprang auf und ging mit geballten Fäusten auf Stan los. Ich hatte keine Ahnung, was ich da tat, aber Sekunden später lagen wir beide auf dem Boden, rangen miteinander und versuchten uns zu schlagen.
    Rückblickend sehe ich, wie dumm das von mir war. Stan war zehn Zentimeter größer und mindestens fünfzehn Kilo schwerer als ich, und sein schmuckes weißes Hemd stand weit genug offen, um die durchtrainierte Brustmuskulatur erkennen zu lassen.
    Aber ich kämpfte wie ein Wilder, bis mich irgendjemand bei Armen und Beinen packte und wegzerrte. Ich wehrte mich gegen die Männer, die mich da festhielten, und wäre fast wieder freigekommen.
    Jemand sagte etwas zu mir. Eine Ewigkeit lang konnte ich nichts verstehen, weil ich einen unbändigen Drang nach Gewalt verspürte. Ich fühlte, wie sich meine Hände um Stans Hals schlossen.
    »Verstehen Sie mich?«, sagte die männliche Stimme.
    »Was?«, sagte ich.
    »Wollen Sie mit diesem Mann kämpfen?«, fragte die Stimme.
    »Ja!«
    »Sehen Sie mich an«, sagte die Stimme.
    Der Befehl rührte mich. Ich drehte mich um und sah Oscar, den Sex-Clown, neben mir stehen. Sein Haar war so wild wie immer, aber er trug einen dunklen Anzug, der seinen schlanken Körper eng umschloss.
    »Was wollen Sie?«, fragte ich ihn.
    Ich überlegte, ob das alles aufgezeichnet wurde. War ich das Opfer in ihrem neuesten Film?
    »Sie können mit Stan

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