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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Stillman im Ring kämpfen, mit Boxhandschuhen«, sagte Oscar.
    »Okay«, sagte ich und wollte bereits wieder auf Stan losgehen, doch die Männer hielten uns erfolgreich voneinander getrennt.
     
     
    Ich wurde in ein Hinterzimmer gebracht, wo man mich auszog und mir Boxhandschuhe über die Fäuste streifte. Ich keuchte. Immer wieder rauschte das Blut in meinen Ohren, und zwischendurch fragte ich mich, ob das alles wohl eine Show war.
    Man brachte mich zu einem Ring und stellte mich in die Ecke schräg gegenüber Stan Stillman. Er war riesig. Wenn ich an diesen frühmorgendlichen Zornesrausch zurückdenke, kann ich nur staunen, dass ich nicht verkrüppelt oder gar tot aus dem Ring getragen wurde. Stan war eins neunzig groß und gut hundert Kilo schwer. Genau wie ich war er bis auf seine großen weißen Boxhandschuhe nackt. Nein, er trug noch etwas auf der Haut: Sein Penis war so groß, dass man ihn mit Klebestreifen an den linken Schenkel geklebt hatte, wohl um Verletzungen vorzubeugen. Die Oberarmmuskeln waren wie mächtige Steine, und der Bauch sah aus wie ein Waschbrett. Das schöne Gesicht war zu einer hasserfüllten Grimasse verzerrt.
    Aber ich hatte keine Angst. Alles, was ich sah, war Fleisch, das ich zerreißen wollte. Alles, was ich wusste, war, dass ich diesen Kerl umbringen wollte. Dabei gab es keinen Grund für meinen Zorn. Ich dachte dabei nicht an Sisypha oder daran, dass er mich abgetan hatte, als wäre ich ein niederes Wesen. Ich hatte einfach nur Lust, ihn sterben zu sehen.
    »Wenn ich diese Glocke läute, Mr Cordell«, sagte Oscar, der Sex-Clown, »endet die Runde. Wenn Sie diesen Ton hören«, er schlug mit einem Löffel gegen die dumpf klingende Glocke, »will ich, dass Sie zurück in Ihre Ecke gehen. Wer zuerst zu Boden geschlagen wird, hat den Kampf verloren. Möge der Bessere gewinnen.«
    Mir rauschte wieder das Blut in den Ohren, wie das laute Störgeräusch eines Radios.
    Oscar war ebenfalls nackt. Er war ein weißer Mann mit einem knabenhaften Körper. Seine Haut hatte eine orangefarbene Tönung, und sein Schwanz war krumm und rosa. Er war mehr als halb erigiert. Oscar würde unseren Kampf genießen.
    Er schlug gegen seine Kuhglocke, und ich rannte auf Stans Faust los, stieß mit dem Kopf dagegen und wäre beinahe zu Boden gegangen. Stan grinste triumphierend, allerdings glaube ich nicht, dass er auf Sisyphas Droge in meinen Adern zählte. Ich wich zurück, als würde ich fallen, aber der Schmerz löste einen wahren Rausch in meinem Hirn aus, der die Wucht seines Schlages in meine rechte Hand leitete.
    Als ich seinen Kopf seitlich traf, wusste ich, dass ich nie wieder eine so große Befriedigung erfahren würde. Der Schlag kam kurz und hart. Ich hörte ihn grunzen und hoffte, dass ich ihn zu Boden strecken würde. In seinem Gesicht war jedoch nur Überraschung zu erkennen.
    Einen Moment lang bekam ich Angst, doch schon setzte der Rausch wieder ein.
    Stan Stillman war nicht ungeübt im Boxen. Er zielte auf mein Gesicht und traf bei jedem dritten Mal. Seine Arme waren länger als meine, und selbst wenn ich seine Schläge mit den Handschuhen oder Armen abfing, spürte ich die Erschütterung bis ins Mark. Aber der Schmerz machte mich nur noch wütender, und ich ging immer wieder mit einem wahren Schlagwirbel auf ihn los, wobei ich mein Ziel so gut wie immer verfehlte.
    Wieder und wieder traf er mich, aber nach einer Weile spürte ich nichts mehr.
    Ich sah meinen Vater vor mir, wie er mir im Hinterhof unseres Wohnblocks das Boxen beibringen wollte, ein ausgewachsener Mann, der mich mit Fausthieben traktierte und zu Boden streckte.
    Ich hatte mit meinem Vater geboxt und später im YMCA in Oakland, aber alles, was ich noch wusste, war, dass ich die Hände hochhalten und mit den Ellbogen die Schläge auf den Körper abwehren musste. Ich hielt mich ziemlich gut, bis Stan mir einen Kinnhaken verpasste, der mich rückwärts in die Seile schickte.
    Ich liebte diese Seile. Wie die rauen Küsse einer neuen Liebe scheuerten sie mir mit ihren dicken, groben Strängen die Haut auf. Ohne ihren Biss in meine Ellbogen wäre ich in die Knie gegangen und hätte den Boden geküsst.
    Die Kuhglocke ertönte, und als ich den Blick hob, sah ich, wie Stan von drei Männern gehalten wurde, die ihn zurück in seine Ecke zerrten.
    Hände berührten mich, und dann saß ich auf einem Hocker und fragte mich, ob ich jemals wieder würde aufstehen können.
    »Cordell!«, rief jemand.
    Ich drehte mich nach links und sah Sisypha

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