Rache@
erst mit solchen Sprüchen anfing, dann hatte es sowieso wenig Sinn, darauf etwas zu erwidern. Diese Erfahrung hatte Ben schon unzählige Male machen dürfen.
âGenauso wie dieses Achselzucken. Auch das scheint mittlerweile die allgemein verbreitete Reaktion von Teenagern auf jegliche Frage zu sein.â
Alles deutete auf einen endlosen Vortrag zur Besorgnis erregenden Entwicklung der heutigen Jugend hin, als Bens Vater unerwartet einen versöhnlichen Ton anschlug. âDeine Mutter ist in die Stadt gefahren. Sie hat einen Arzttermin.â
âAch soâ, murmelte Ben erleichtert darüber, dass der befürchtete Vortrag ausgeblieben war. Allerdings hielt die Erleichterung nur einen kurzen Moment an. Dann musste Ben bitter feststellen, dass er sich zu früh gefreut hatte.
âUnd, können wir uns jetzt vernünftig über diesen Zeitungsbericht unterhalten?â, säuselte Bens Vater betont verständnisvoll und zwinkerte ihm dabei freundschaftlich zu.
Das war zu viel für Ben. Ein strenger Vortrag wäre ihm jetzt doch eindeutig lieber gewesen. Da hätte er einfach die Ohren auf Durchzug gestellt und auf ein schnelles Ende gehofft. Aber diese plötzlich verständnisvolle Tour, die sein Vater jetzt fuhr, damit konnte er absolut nicht umgehen.
Er schnappte nach Luft. Schön ruhig bleiben, dachte er. Nur nichts anmerken lassen. Tief einatmen. Das Chaos im Kopf â das Rauschen in den Ohren, einfach wegatmen. Aber es gelang ihm nicht. Ben sprang auf, schob dabei den Stuhl so heftig nach hinten, dass der krachend umfiel.
âIch muss losâ, rief er seinem Vater schon im Rausstürmen zu.
âBen! Komm sofort zurück! Das kann ja wohl nicht wahr sein!â
Aber Ben riss seine Schultasche hoch und ging. Die Haustür lieà er laut krachend hinter sich ins Schloss fallen. Dann stand er einen Augenblick unentschlossen vor der Tür. Er wusste ganz genau, dass er sich total dämlich benommen hatte. Wenn sein Vater bislang nicht misstrauisch gewesen sein sollte, jetzt war er es ganz bestimmt. Aber wenn er auch nur eine Sekunde länger am Tisch sitzen geblieben wäre, dann hätte er für nichts mehr garantieren können.
Bens Eltern waren streng. Ganz bestimmt waren sie das. Aber sie waren gerecht. Und sie hassten Lügen. Immer wieder hatte er von seiner Mutter gehört: âEgal, was du auch angestellt hast, nichts ist so schlimm wie Lügen. Wir sind immer für dich da und werden versuchen, dir bei jedem Problem zu helfen. Aber du musst uns die Wahrheit sagen.â
Ben war sich sicher, dass seine Eltern es auch so meinten, wie sie es sagten. Dennoch wollte er es nicht darauf ankommen lassen. Das war eine Sache, in die er da geraten war, für die sie garantiert kein Verständnis haben würden. Und auÃerdem war es jetzt sowieso schon zu spät. SchlieÃlich hatte er schon gelogen.
Ben trödelte auf dem Weg zur Schule. Er hatte absolut keinen Bock, Marcel zu sehen. Und seine Mitschüler erst recht nicht. Er ärgerte sich, dass er nicht doch zu Hause geblieben war, so wie seine Mutter es vorgeschlagen hatte. Er hätte einfach auf krank machen sollen, dann hätte vielleicht auch sein Vater nicht mit diesem Thema angefangen. Seine Gedanken verirrten sich zum Vorabend zurück.
Ben hatte sein Zimmer, nachdem er von Marcel zurückgekehrt war, nicht mehr verlassen. Nur einmal zum Pinkeln. Am Abend hatte dann seine Mutter ihren Kopf zur Tür hereingestreckt und gefragt, ob sie ihm etwas zum Essen bringen sollte.
âIch hab keinen Hungerâ, murmelte Ben.
âGeht es dir noch immer nicht besser?â
âWeià nicht.â
Mit drei Schritten war sie bei ihm und setzte sich aufs Bett. âBen, was ist denn mit dir?â Sie strich ihm besorgt über den Arm.
Ich kann es dir nicht sagen, schrie alles in ihm. âSchon gutâ, versuchte er zu scherzen. âSo schnell rühre ich keinen Vanillepudding mehr an.â
Seine Mutter hob zweifelnd ihre Schultern. âIch glaube ja nicht, dass dir dieser Pudding so auf den Magen geschlagen ist. Willst du mir nicht sagen, was mit dir los ist?â
âEs ist nichts. Wirklich! Ich kann auch morgen wieder zur Schule gehen. Echt!â
âBist du dir sicher?â, fragte sie mit belegter Stimme.
âJa, absolut sicher!â
Daran musste er nun denken, als er vor dem groÃen, graugelb getünchten Schulgebäude angekommen war und
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