Rache auf leisen Pfoten
gemunkelt, Charlie hätte eine geschwängert.«
Boom Boom überlegte. »Ja, aber keine ist von der Schule abgegangen.«
»Wenn das Baby Ende des Sommers erwartet wurde, musste sie vielleicht nicht abgehen«, sagte Miranda. »Manchen Frauen sieht man es nicht so an wie anderen.«
»Aber wir hatten doch Sportunterricht. Wenn eine dicker geworden wäre, das wäre uns aufgefallen«, meinte Harry.
»Ist eine vom Sportunterricht befreit worden?«
»Gott, was weiß ich. Es ist zwanzig Jahre her.«
»Womöglich war es keine von Ihrer Highschool. Vielleicht ging sie auf die St.-Elizabeth-Schule, oder sie war vielleicht schon mit der Schule fertig«, warf Miranda ein.
»Kann gut sein. Cynthia muss langsam verzweifeln, wenn sie uralten Gerüchten nachgeht.« Boom Boom verschränkte die Arme über ihrem üppigen Busen.
»Charlies Tod könnte alte Wurzeln haben.«
»Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit, um mit jemandem abzurechnen«, sagte Boom Boom.
»Kommt drauf an, wie wütend einer ist«, bemerkte Mrs Murphy. »Jemand, der schlimm gekränkt wurde, wartet womöglich sein ganzes Leben auf Rache.«
»Was wollt ihr da drin?«, rief Harry zu den Katzen im Postkarren hinüber.
»Nichts. Wir versuchen zu helfen«, antwortete Murphy.
»Gerüchte über Charlie gab es bis heute.« Boom Boom war ein wenig besänftigt. »Ich habe gehört, dass er Aids hatte. Ist mir im Klub zu Ohren gekommen. Er hatte mit einer Queen der Washingtoner Gesellschaft geschlafen, kein Wunder, aber ich habe gehört, dass sie vor einem Jahr gestorben ist. Die Zeitungen haben es vertuscht. Es hieß, sie starb an Herzversagen.«
»Hast du das Coop erzählt?«
»Ja. Und ich habe ihr auch erzählt, dass jeder, den er mit dem HIV-Virus angesteckt hat, wütend genug sein könnte, um ihn umzubringen.«
»Eine Mutter, die ihr Kind schützen will, könnte auch ein starkes Motiv haben«, fügte Miranda hinzu. »Aber es ist eine schreckliche Tat. Ich würde meinen, das Kind wird früher oder später herausfinden, wer sein Vater ist.«
»Sein?« Harry sah Miranda fragend an.
»Ihr.«
»Wissen Sie etwas, was wir nicht wissen?« Boom Booms Stimme wurde streng.
»Nein. Aber denken Sie an die Bibel. Viertes Buch Mose, Kapitel zweiunddreißig, Vers dreiundzwanzig: ›Ihr werdet eurer Sünde innewerden, wenn sie euch finden wird.‹«
Chris steckte den Kopf zur Tür herein. »Boom Boom, wenn du noch länger brauchst, fahre ich Marcy nach Hause. Es geht ihr sehr schlecht.«
Boom Boom stand auf. »Ich komme sofort.« Sie blieb vor Miranda stehen. »Halten Sie es für eine Sünde, ein uneheliches Kind zu haben?«
»Nein. Ich halte es nicht für ratsam, aber eine Sünde, nein. Für mich besteht die Sünde darin, sich nicht um das Kind zu kümmern.«
Boom Boom öffnete still die Tür und ging.
»Miranda, ich staune über Sie.«
»Dachten Sie, ich würde sagen, man müsse die Frau steinigen?« Die ältere Frau lächelte wehmütig. »Harry, ich bin lange genug auf dieser Welt, um zu wissen, dass ich über niemanden richten darf. So viele junge Frauen da draußen wollen geliebt werden und kennen den Unterschied zwischen Sex und Liebe nicht.«
»Welche Sünde hatten Sie dann im Sinn, als Sie aus dem Buch Mose zitierten?«
»Oh.« Sie senkte für einen Augenblick den Kopf. »Die Sünde der Grausamkeit. Die Sünde, jemandem im Herzen wehzutun, jemanden einem Leid anheimzugeben, das man selbst verursacht hat. Die Sünde der Unachtsamkeit und Gefühllosigkeit und Egozentrik. Ich weiß nicht, was Charlies Sünden waren, ich meine die, über die nicht geklatscht wurde. Und ich weiß sicher nicht, was Leos Sünden waren, aber irgendjemand da draußen ist der Meinung, genug gelitten zu haben.«
29
»Willst du’s wirklich versuchen?«
Mrs Hogendobber warf den Kopf zurück. »Unbedingt. Ich habe früher in der Lacrosse-Mannschaft gespielt.« Sie hielt inne. »Sicher, das ist lange her, aber meine sportlichen Fähigkeiten sind nicht ganz verschüttgegangen.«
Tracy stellte zwei Skateboards auf den Teersplitt. Der Parkplatz hinter der Grundschule war leer. Niemand, der vorüberfuhr, würde sie sehen, und das war Miranda sehr recht.
»Hm-m-m.« Tracy setzte vorsichtig einen beturnschuhten Fuß auf das Brett, um die Rollen zu prüfen.
Knieschützer, Ellbogenschützer und Helme ließen die zwei älteren Herrschaften aussehen wie von einem anderen Stern. »Bevor ich draufsteige, wie bremse ich?«
»Du machst eine scharfe Drehung nach rechts oder links, und wenn
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