'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

ändern. Dass er bei vollem Bewusstsein gewesen ist, erscheint ziemlich sicher. Ich konnte nämlich keine Drogen oder anderen Giftstoffe in seinem Körper feststellen. Bei der Frau übrigens auch nicht. Sie wurde vor einigen Jahren an ihrem rechten Knie operiert. Ansonsten keine körperlichen Gebrechen oder Auffälligkeiten.“ Horn schnalzte mit der Zunge. „Der Tod trat bei beiden zwischen zwei und halb vier gestern Nacht ein. Auf diesen Zeitpunkt deuten nicht nur die Körperflecken, sondern auch die Körperkerntemperatur und die Totenstarre hin. Die Tatsache, dass sich auf dem Rücken der Frau ein schwarzes Kreuz befindet, wissen Sie bereits?“
    Die Kommissare nickten.
    „Demnach haben Sie es aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Serientäter zu tun“, erkannte Horn. „Jedoch finde ich es in dieser Hinsicht äußerst interessant, dass sich nur auf den Rücken der beiden weiblichen Opfer ein solches Kreuz befindet. Der Rücken von Albert Turm weist keine derartige Zeichnung auf.“
    „Wollen Sie damit andeuten, dass es dem Mörder vorrangig um die Frauen geht? Denken Sie, dass Albert Turm dem Mörder bei dessen zweiter Tat lediglich ‚im Weg’ stand?“
    „Der Gedanke hat sich mir aufgedrängt. Eventuell haben Sie es mit jemandem zu tun, der die Frauen aufgrund eines religiösen Antriebs ermordet hat.“
    „Das wird sich hoffentlich bald herausstellen“, erwiderte Thomas trist. „Hoffentlich sehr bald.“

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    „Wir haben es also tatsächlich wieder mit einem Serienmörder zu tun?“, fragte Frederik Kortmann zehn Minuten später fassungslos. Er saß hinter seinem Schreibtisch und blickte Nora und Thomas an, die beide vor seinem Tisch Platz genommen hatten. „Zwei Serientäter binnen vier Monaten? Das ist absolut unvorstellbar. Hier in Göttingen ist das nahezu unmöglich. Aber leider gibt es auf der Welt viele Dinge, die mein Vorstellungsvermögen bei Weitem übersteigen. Sehr viele Dinge sogar.“
    Nora warf ihrem Kollegen einen fragenden Blick zu. Doch Tommy hob lediglich die Schultern. Sie wussten beide nicht, ob Kortmann mit dieser Andeutung auf etwas Bestimmtes hinauswollte.
    „Noch können wir nicht mit Sicherheit von einem Serientäter sprechen“, lenkte Thomas ein. „Bisher sind es erst zwei Morde.“
    „Nichtsdestotrotz liegt der Schlüssel zu den Morden in diesem Kreuz“, ahnte Kortmann. „Und da es ein religiöses Symbol ist, wird das Motiv des Täters im religiösen Bereich zu finden sein. Unter Umständen ist er ein fanatischer Geistlicher, dessen Opfer nicht so gläubig und rein gelebt haben, wie sie es nach seiner Auffassung hätten machen sollen. Von solchen Gestörten hört man schließlich immer wieder.“
    „Das ist durchaus denkbar“, meinte Nora. „Dieser Ansatz würde zumindest den Kreis der potenziellen Verdächtigen einschränken. Jedoch bringt er uns noch nicht auf eine konkrete Spur.“ Nachdem sie mehrere Sekunden lang nachgedacht hatte, schlug sie vor: „Im vergangenen Sommer haben wir uns doch die Unterstützung dieses Viktor Wolf besorgt, erinnern Sie sich? Dieser Fallanalytiker des BKA? Das sollten wir diesmal auch machen. Immerhin haben wir selbst kaum Erfahrung auf dem Gebiet des Serienmordes.“
    „Das kommt gar nicht in Frage“, wehrte Kortmann diesen Vorschlag ab. „Denn dieser Wolf hat uns nun wirklich nicht sonderlich weitergebracht. Der konnte reden wie ein Weltmeister, aber einen hilfreichen Tipp hat er uns nicht gegeben. Eher im Gegenteil. Er hat uns mit völlig nutzlosen Informationen aufgehalten. Dasselbe würde jetzt wieder passieren. Ein sogenannter Experte würde uns vorschwafeln, dass die Änderung in der Vorgehensweise des Täters darauf hinweist, dass wir es mit einem ‚planlos vorgehenden’ Serienmörder zu tun haben. Seinem ersten Opfer hat der Täter schließlich die Kehle durchgeschnitten, seinem zweiten und dritten aber jeweils ein Messer in die Körper gerammt. Die Opfer sind verschiedenen Alters und haben verschiedene Haar- und Augenfarben. Zudem sind sie unterschiedlich groß und haben unterschiedliche Staturen. Außerdem bewegten sie sich in völlig verschiedenen Kreisen. Sie hatten verschiedene Berufe, Freundeskreise sowie Verwandtschaftsbeziehungen. Zumindest haben wir bisher keine derartige Verbindung zwischen ihnen aufdecken können. Es ist zwar möglich, dass der Täter die beiden in ein und demselben Supermarkt oder Schuhgeschäft gefunden hat, aber all das werden wir auch ohne Hilfe des BKA herausfinden.“ Kortmann