'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
getötet wurde?! Sie hätten den Mörder schon längst schnappen müssen!“
Nora sah die Präsidentin ernst an. „Könnten Sie bitte Ihre Stimme senken? Sie selbst waren doch sehr darauf bedacht, diese Angelegenheit so diskret wie möglich zu behandeln.“
„Das ist wahr. Aber ich verstehe beim besten Willen nicht, warum der Mörder noch immer nicht gefasst ist. Haben Sie denn keine handfesten Hinweise? Oder sind Sie einfach nur inkompetent?“
„Unsere Ermittlungsarbeit läuft auf Hochtouren. Aber wir können leider nicht zaubern.“
„Nein, das wäre aber auch gar nicht nötig. Hätten Sie nämlich von Anfang an Ihren Job richtig gemacht, dann würde eine unschuldige Studentin jetzt noch leben! Das Ganze ist ein Skandal! Ich verlange von Ihnen, dass Sie den Verantwortlichen für diese beiden Morde auf der Stelle dingfest machen! Ich kann es mir in meinem Beruf schließlich auch nicht leisten, zu trödeln!“
Thomas trat vor. „Ich rate Ihnen, sich ab sofort mit weiteren unverschämten Bemerkungen zurückzuhalten. Während Sie uns Vorwürfe machen, könnten wir nämlich schon längst neue Ermittlungsschritte durchführen. Auf gewisse Weise halten Sie uns also von unserer Arbeit ab. Und Behinderung der Polizeiarbeit ist strafbar, wie Sie wohl wissen.“
„Das ist lächerlich. Hätten Sie Ihre Arbeit bereits gründlich gemacht, dann müssten wir uns jetzt gar nicht über Ihre Inkompetenz unterhalten.“
„Es steht doch noch nicht einmal fest, ob wir es mit ein und demselben Täter zu tun haben.“ Thomas winkte ab und sah wütend zu Nora. „Ich höre mir diesen Blödsinn nicht länger an. Kommst du?“ Er wandte sich demonstrativ von Corinna ab und schritt auf den zweiten Hörsaal zu. Nora folgte ihm.
„Sie haben mich verstanden!“, rief Corinna ihnen hinterher. „Finden Sie den Mörder oder Sie werden mich noch richtig kennenlernen! Ich habe Verbindungen zu hochrangigen, einflussreichen Persönlichkeiten! Diese werden Ihnen ernsthafte Probleme bereiten, sollten sie erfahren, dass Sie diesen zweiten Mord hätten verhindern können, wenn Sie schnell und korrekt ermittelt hätten!“
Die Kommissare ignorierten Corinnas haltlose Unterstellungen. Sie schritten zum Hörsaal und nickten dort einem weiteren Kollegen zu. Dieser protokollierte ihr Erscheinen, reichte ihnen Latexhandschuhe und ließ sie daraufhin in den Hörsaal treten. Dieser umfasste zwar einhundert Plätze, wirkte aber trotzdem recht beengend. Nora wusste, dass im südlichen Teil des Gebäudes ein Hörsaal lag, der fast fünfhundert Studierenden einen Platz bot und dementsprechend größer war.
Auf den ersten Blick erkannten die Kommissare, dass die Leiche in der Mitte der fünften von zehn Bankreihen saß. Mit dem Kopf lag die Studentin auf einer Schreibunterlage, die vor ihr nach unten geklappt war. Mehr konnten die Ermittler von ihr auf die Entfernung nicht erkennen.
Dirk Schubert, der Leiter der Spurensicherung, kniete seitlich neben der Studentin und untersuchte den Boden um sie herum. Zwei seiner Kollegen befanden sich in der Bankreihe davor. Sie inspizierten die Sitzflächen der einzelnen Plätze.
Während Nora bereits voranschritt, sah Thomas sich zunächst noch ein wenig um. Grauweiße Betonwände zierten den Hörsaal, der nach hinten hin mit jeder Bankreihe an Höhe zunahm. Links führte eine Treppe hinauf bis zur letzten Reihe. Rechts verliefen die Bankreihen bis an die Betonwand. Vorne im Hörsaal stand ein Rednerpult vor einer langen Tafel.
Nachdem Tommy sich ein Bild von diesem Tatort gemacht hatte, ohne dass ihm dabei eine Auffälligkeit ins Auge gesprungen wäre, folgte er Nora zur Leiche. Er schritt die Bankreihen hinauf, dann zwängte er sich in die fünfte hinein.
„Hallo“, begrüßte Schubert die beiden trostlos, als er einen Blick über seine Schulter warf.
Nora nickte ihm zu. „Haben Sie schon etwas Wichtiges gefunden?“
„Nein, ich bin gerade erst hier angekommen.“
Die Kommissarin ließ ihren Blick zum Leichnam wandern. Die junge Frau trug einen gelben Pullover zu einer Jeans. Ihre roten Haare hingen gekräuselt am Kopf herab. Die Beine hatte sie unter der Sitzfläche gekreuzt.
Vorsichtig ergriff Nora die Studentin an den Schultern, um sie nach hinten zu ziehen und somit die tödliche Wunde begutachten zu können.
„Stich ins Herz“, flüsterte sie, sobald sie den blutigen Einstich sah.
„Wurde das Opfer in der Bibliothek nicht auf dieselbe Weise ermordet?“, fragte Schubert. „Wie hieß die
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