'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
sehen. Neben ihr lag ein Handy am Boden.
Als Nora sah, dass zwei neugierige Nachbarn einige Blicke in die Wohnung warfen, scheuchte sie die beiden umgehend davon: „Verschwindet! Das hier ist kein Spaß, verstanden?!“
Erschrocken wichen die jungen Männer zurück. Ohne ein Wort zu sagen, kamen sie Noras Aufforderung nach und verschwanden im Flur.
Die Kommissarin steckte ihre Waffe zurück in den Hosenbund und ging hinüber zu Tommy. Gleichzeitig hörte sie auf dem Flur das Team des Notarztes herbeikommen. Schon stürmten drei Männer in weißen Kitteln in Xenias Unterkunft. Sie hielten eine Tragbahre in den Händen und begaben sich unverzüglich zur Studentin.
So rasch wie möglich hievten die Männer sie auf die Trage, banden sie mit Gurten fest und schafften sie hinaus zum Krankenwagen.
Dieser ganze Vorgang dauerte nicht einmal zwei Minuten.
Ein Musterbeispiel professioneller Arbeit.
Dieser Gedanke brachte Nora dazu, ihren Kollegen anzufahren: „Was hast du dir dabei gedacht, Tommy?! Der Mörder hätte noch hier in der Wohnung sein können! Warum bist du hier hereingestürmt, ohne die unsicheren Ecken zu überprüfen! Wie konnte dir das passieren?!“
Thomas knirschte mit den Zähnen. „Ich weiß, dass ich die Wohnung besser hätte überprüfen müssen! Aber in dem Moment, als ich Xenia hier liegen sah, verlor ich die Kontrolle! Ich musste einfach wissen, ob sie noch lebt! Verstehst du das nicht?!“
„Nein, denn das hätte dein Ende sein können! Du hättest sterben können! Mach so einen Mist nie wieder, hörst du?!“
Tommys Augenlider zitterten. Sein Atem bebte, als er erwiderte: „Ich verspreche dir, dass ich in Zukunft nie wieder unüberlegt in ein Zimmer rennen werde. Aber ich musste die Gewissheit haben, dass Xenia noch lebt. Alles andere war für mich zweitrangig.“
„Dein eigenes Leben war für dich zweitrangig ?“
„Xenia ist eine wundervolle Frau. Sie hat es nicht verdient, von diesem Irren ermordet zu werden.“
„Du empfindest viel mehr für sie als du zugibst, stimmt’s? Sag mir die Wahrheit! Welche Gefühle hast du tatsächlich für Xenia Boll?“
„Das geht dich nichts an!“
„Und ob mich das etwas angeht! Deine rationale Vorgehensweise scheint nämlich aufgrund deiner Gefühle für sie gefährdet zu sein! Wenn ich meinen Partner im Einsatz verliere, weil er ohne Übersicht in ein Zimmer rennt, dann geht mich das sehr wohl etwas an!“
„Jetzt hör schon auf! Ich sagte, dass es nie wieder vorkommen wird! Das muss doch wohl reichen!“
„Weißt du was?“, entgegnete Nora fassungslos. „Wenn Xenia für dich lediglich ein One-Night-Stand gewesen wäre, dann hättest du mir davon erzählt. Du hättest es allen Kollegen mitgeteilt, um damit zu prahlen! So gut kenne ich dich! Aber das hast du nicht getan. Trotzdem scheinst du dich sehr um sie zu sorgen. Das zeigt mir, dass du sehr viel für sie empfindest. Ich kann nur hoffen, dass diese Gefühle dir nicht im Weg stehen! Das hoffe ich für uns beide! Denn wir sind ein Team! Ich muss mich bedingungslos auf dich verlassen können! Vor allem im Einsatz!“
„Das kannst du! Habe ich dich jemals im Stich gelassen oder dich enttäuscht?“
„Ja, vor etwa drei Minuten!“
„Das war aber das erste Mal in elf Jahren! Jeder macht mal einen Fehler!“
„Akzeptiert! Aber ich will sicherstellen, dass es nicht noch einmal passiert. Denn dann könnte es das letzte Mal gewesen sein!“
Tommy riss seine Arme in die Luft. „Ich kann jetzt nicht weiter mit dir darüber reden! Wir sind beide vollkommen aufgebracht! Das hat keinen Sinn!“ Er trat an seiner Kollegin vorbei und begab sich zum Flur.
„Du hast recht“, sagte Nora, kurz bevor er aus der Wohnung trat. „Trotzdem verlange ich von dir, dass du nie wieder so einen Blödsinn machst.“
Thomas reagierte nicht mehr auf sie. Wortlos schritt er durch die Wohnungstür und verschwand.
Nora blickte ihm nachdenklich hinterher. Ich wusste, dass es irgendwann Probleme mit seinen Frauengeschichten geben musste. Es war gar nicht anders möglich. Hoffentlich fängt er sich wieder. Und zwar schnell. Sie schüttelte den Kopf. Da verlangt er von mir, dass ich mich voll und ganz auf die Arbeit konzentriere, um besser mit Timos Tod umgehen zu können, und jetzt scheint er derjenige zu sein, der sich nicht auf unsere Aufgaben fokussieren kann. Ironie des Schicksals.
Aber leider eine ganz bittere Ironie.
29
Wenige Minuten später traf Dirk Schubert am Tatort ein. Der Leiter der
Weitere Kostenlose Bücher