'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
habe keine Ahnung.“
Auch Maria hob die Achseln.
„Aber womöglich fällt Ihnen eine Person ein, die Gabriella nicht wohlgesinnt war?“
Jetzt legte Jürgen die Stirn in Falten. „Fragen Sie mich ernsthaft, ob Gabriella Feinde hatte? Wie kommen Sie auf diese lächerliche Idee? Meine Stieftochter war ein cleveres Kind. Aufgeweckt und bildhübsch. Sie hat stets versucht, sich mit ihren Mitmenschen zu solidarisieren, und verabscheute jede Form von Scherereien. Sie liebte Harmonie. Außerdem war sie eine Eigenbrötlerin. Sie saß zuhause und hat Gedichte geschrieben oder Musik gehört. Das war ihr Leben, verstehen Sie? Wie sollte sie sich jemanden zum Feind gemacht haben?“ Jürgen warf die Hände in die Luft. „Feinde! Absurd!“
„Spar dir gefälligst deine herablassende Art!“, fauchte Maria ihn auf einmal so ungehalten an, dass sowohl Jürgen als auch Nora und Tommy überrascht zusammenzuckten.
„Es ist doch deine Schuld, dass Gabriella jetzt tot ist!“, keifte sie. „Einzig und allein deine Schuld!“
Da Maria bis zu diesem Zeitpunkt kaum ein Wort zu dem Gespräch beigetragen hatte, stand ihr Vorwurf einige Sekunden lang unerwidert im Raum.
„Wie meinst du das?“, fragte Jürgen schließlich. „Wieso sollte der Mord an Gabriella meine Schuld sein?“
„Nur deinetwegen ist mein kleiner Engel mit dem Taxi zu dieser Party gefahren! Du wolltest ihr Verantwortung beibringen?! Wo zum Teufel blieb denn dein Verantwortungsgefühl?! Sie war erst 16 Jahre alt, verdammt! Und jetzt ist sie tot! Niemand kann sie uns wiederbringen! Hätte ich doch nur verhindert, dass sie zu dieser dämlichen Party gefahren ist! Hätte ich sie nur davon abgehalten!“ Tränen schossen ihr in die Augen.
„Wie bitte?! Was fällt dir ein?!“, konterte Jürgen brüllend. „Ich wollte Gabriella das wahre Leben zeigen! Wäre es nach dir gegangen, dann hätte sie bis an ihr Lebensende einsam in ihrem Zimmer gehockt, voller Angst vor der wirklichen Welt! Was für ein Leben wäre das denn gewesen?!“
„Und jetzt?! Was für ein Leben hat sie jetzt?!“
„Hättest du Gabriella nicht ständig wie eine zerbrechliche Vase behandelt, dann hätte ich sie erst gar nicht dazu drängen müssen, auf diese Feier zu gehen!“, wich Jürgen der Frage seiner Frau aus. Anscheinend war er es gewohnt, von seiner eigenen Schuld abzulenken, indem er gewissenlos zum Gegenangriff überging. „Wenn überhaupt, dann bist du an Gabriellas Ermordung Schuld! Du ganz allein!“
Die Ermittler schluckten fassungslos. Es tat ihnen in der Seele weh, dass die beiden sich darüber stritten, wen die ‚Schuld’ an Gabriellas Ermordung traf. Gerade in dieser schweren Zeit müssten die beiden eigentlich füreinander da sein. Sie müssten sich aufmuntern und stützen. Doch alles, was die Kommissare in ihren Augen erkannten, war tiefer, unbehandelter Hass.
„Ich bitte Sie“, mischte Tommy sich nach einiger Zeit ein. „Gegenseitige Schuldzuweisungen helfen in dieser Situation niemandem weiter.“
Maria ignorierte seinen Hinweis. Sie stand aggressiv auf und schleuderte ihrem Ehemann entgegen: „Wie kannst du es wagen, mir die Schuld an Gabriellas Ermordung zu geben, du kaltherziger, selbstsüchtiger -“
„Frau Zank, bitte!“, versuchte Tommy ihren Wutausbruch zu zügeln, ehe ihr etwas herausrutschte, das sie später bereute.
Maria sah ihn an. Ihr Blick war von Verzweiflung gezeichnet. Ihre Augen funkelten vor Wut. Dennoch gelang es ihr im letzten Moment, ihre Beherrschung zurückzuerlangen. „ Es … es tut mir leid, aber ich muss hier sofort raus. Ich … ich kann nicht, ich … ich …“, stotterte sie und stolperte auf schwachen Beinen zur Tür.
„In Ordnung. Ruhen Sie sich ein wenig aus“, riet Nora ihr, ehe sie sich erhob und Maria begleitete.
Während die beiden auf den Gang hinaustraten, wandte Tommy sich noch einmal an Jürgen, der ebenfalls im Begriff war, das Büro zu verlassen. „Ich hätte noch eine Bitte an Sie, Herr Zank.“
„Was denn, zum Teufel?“
„Ich müsste jemanden zu Ihnen nach Hause schicken, um Gabriellas persönliche Habe zu überprüfen.“
„Wenn es Ihnen hilft, dieses Schwein zu schnappen, dann machen Sie das.“
„Gut. Sollten wir anschließend noch weitere Fragen haben, dann melden wir uns wieder bei Ihnen.“ Thomas reichte ihm seine Karte. „Und rufen Sie mich bitte sofort an, falls Ihnen noch etwas einfallen sollte. Egal, wie unwichtig es auf den ersten Blick erscheinen mag.“
Jürgen zögerte. Dann
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