'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Sackgasse geraten war. Doch sie ahnte, dass die Studentin davon ausgegangen war, Maria Ranz in aller Ruhe töten zu können. Xenia hatte nicht damit gerechnet, dass Nora und ihre Kollegen so schnell auf der Party auftauchen würden. Zumindest hatte sie das auf dem Zettel bei Ralf Müller geschrieben. Deshalb hatte sie sich keinen guten Fluchtweg zurechtgelegt.
Als Nora sich vor die Leiche kniete, erschien Dorm am Anfang der Gasse. Er hielt seine Pistole in der Hand und rief ihr zu: „Ist alles in Ordnung, Nora? Bist du verletzt?!“
„Es geht mir gut! Xenia ist tot! Sie hat sich erschossen!“
„Was?!“, schrie Dorm ungläubig. Dann sah er sich die Umgebung an und erkannte: „Großer Gott. Sie ist schon wieder in eine Sackgasse geflüchtet?“
„Ja, Ironie des Schicksals!“
In den nächsten Sekunden erschienen die Bewohner der angrenzenden Häuser bei der Gasse. Offensichtlich waren sie durch die Schüsse aufgescheucht worden und wollten nun in Erfahrung bringen, was sich vor ihren Unterkünften ereignete. Dorm hielt sie jedoch vom unmittelbaren Tatort fern, indem er ihnen seinen Ausweis zeigte und sie zur Ruhe und Umsicht aufforderte.
Nora inspizierte derweil Xenias Leichnam. Die Studentin trug schwarze Sportschuhe, dazu eine schwarze Hose und einen schwarzen Pullover. Ihre blonden Haare klebten teilweise an der Einschusswunde in der rechten Stirn fest.
Bedrückt ließ Nora ihren Blick zur Waffe in Xenias Hand wandern. Dabei stutzte sie. Sie rieb sich die Nase und dachte nach.
Moment mal! Das ist doch unmöglich! Das kann gar nicht sein!
Sie untersuchte Xenias rechte Hand. Dann stieß sie einen Laut der Verblüffung aus.
Jetzt verstehe ich gar nichts mehr!
Nachdem sie sich wieder erhoben hatte, lief sie zurück zum Vorgarten des Einfamilienhauses. Dort stellte sie sich vor den Holzzaun und betrachtete das Blumenbeet, auf dem Xenia zuvor in Deckung gesprungen war.
„Was hast du? Stimmt etwas nicht?“, fragte Dorm, während er sich zu ihr begab. Doch Nora reagierte nicht auf ihn. Sie kontrollierte das Blumenbeet mit Argusaugen und ließ auf einmal den Kopf sinken.
So ein elender Mist!
„Was ist denn nur los? Bist du nicht erleichtert, weil es jetzt keine weiteren Morde geben wird?“, wollte Dorm wissen.
„Nein, das bin ich nicht. Denn ich bin mir nicht sicher, dass es wirklich keine weiteren Morde mehr geben wird.“
„Wie bitte? Aber die Täterin ist doch tot.“
„Auch dessen bin ich mir nicht so sicher. Aber das erkläre ich dir später. Jetzt muss ich zunächst zurück zur Villa, um herauszufinden, ob Saskia Langenmeier noch dort ist.“
„Saskia Langenmeier?“
„Ja.“
Dorm verstand nur noch Bahnhof. Doch bevor er nachhaken konnte, sagte Nora: „Sorge bitte dafür, dass die Gasse und dieser Vorgarten so schnell wie möglich abgesperrt werden! Hier dürfen keine Spuren verwischt werden! Das ist wichtig!“
„Ich habe zwar nicht die geringste Ahnung, warum das so wichtig ist, aber ich sehe dir an, dass du eine entscheidende Entdeckung gemacht hast. Also werde ich dafür sorgen, dass hier alles so bleibt wie es ist. Du kannst dich auf mich verlassen.“
Nora nickte ihrem Kollegen dankbar zu und begab sich zurück zur Villa.
Da sich die Ermordung von Maria Ranz bereits wie ein Lauffeuer unter den Feiernden herumgesprochen hatte, war nicht mehr viel von der ‚Party des Jahrhunderts’ übrig geblieben. Einige Betrunkene befanden sich zwar immer noch im Haus, doch der Großteil war bereits verschwunden. So auch Saskia Langenmeier. Mit Vielbuschs Hilfe suchte Nora zwar die komplette Villa ab, doch dieses Unterfangen blieb erfolglos. Saskia war definitiv schon verduftet.
Daher schritt die Ermittlerin gegen 21 Uhr zu ihrem Ford und setzte sich stöhnend in den Fahrersitz.
Maria hatte ein Alibi für den ersten Mord, aber nicht für den an Daniela. Saskia hat wiederum ein Alibi für den zweiten Mord, aber nicht für den an Franziska. Und jetzt stellt sich heraus, dass die beiden eine Beziehung geführt haben.
So ein Zufall ...
49
Sonntag, 29. April 2012
Am Sonntagmorgen saß Nora um neun Uhr in ihrem Büro und dachte einmal mehr an Tommy. Würde er wirklich wieder ganz gesund werden? Würde die Wunde in seiner Brust wieder ganz verheilen? Oder hatte der Angriff womöglich doch folgenschwere Schäden angerichtet, die bisher nur noch nicht entdeckt wurden?
Situs inversus . Diese beiden Wörter schossen immer wieder durch Noras Kopf. Sie konnte nicht glauben, dass bei
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