'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
aber nicht ins Ziel. Sie schlugen neben Xenia in einen Holzzaun ein, der den Vorgarten des Einfamilienhauses umspannte. Dennoch zeigten sie eine gewisse Wirkung, denn Xenia sprang mit einem großen Satz in ein Blumenbeet, um sich hinter einem Strauch in Sicherheit zu bringen. Zu ihrem Glück konnte sie sich mit beiden Händen in der Erde abstützen, um sogleich wieder auf die Beine zu kommen und über den Zaun zu klettern.
Nichtsdestotrotz waren dies wertvolle Sekunden gewesen, die Nora genutzt hatte, um sich der Studentin bis auf dreißig Meter zu nähern. Als sie ebenfalls das Einfamilienhaus erreichte, sprang Xenia gerade über den Zaun und rannte weiter. Sie visierte eine schmale Gasse an, die sich zwischen dem Einfamilienhaus und dessen Nachbarhaus befand.
Während Nora ihre Pistole in den Hosenbund steckte, um kurz darauf ebenfalls über den Zaun zu klettern, verschwand Xenia.
Doch dann geschah etwas, das Nora niemals erwartet hätte: Der Arm der Studentin erschien an der vorderen Ecke der Gasse. Xenia hielt eine Waffe in der Hand. Sie zielte auf die Kommissarin.
Und Nora befand sich noch immer auf dem Zaun, als der erste Schuss ertönte.
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Panisch sprang Nora vom Zaun herunter und rollte sich dahinter auf dem Asphalt ab. Sie schrie auf, während Xenias Kugel im Holz neben ihr einschlug. Die Kommissarin wischte sich über die Stirn und atmete tief durch. Zwar erkannte sie, dass die Kugel sie selbst dann nicht getroffen hätte, wenn sie noch auf dem Zaun gehockt hätte. Dennoch war sie sich sicher, dass Xenia sie hatte treffen wollen. Glücklicherweise war die Studentin aber keine gute Schützin.
Nora dankte dem Herrn, dass sie noch lebte. Dann zielte sie mit ihrer Pistole in Richtung der Gasse. Sie machte einen Schritt nach dem anderen, näherte sich unaufhaltsam der Gefahrenzone. Zu ihrer Erleichterung erschien Xenias Arm nicht noch einmal. Allerdings konnte sie von ihrer jetzigen Position nicht in die Gasse hineinsehen.
Im nächsten Moment schien die Welt still zu stehen. Nora konnte nicht begreifen, was passierte. Ein weiterer Schuss dröhnte durch die Nacht. Er ertönte in der Gasse. Doch diese Kugel galt nicht der Kommissarin. Sie galt einer anderen Person.
Nora zuckte zusammen. Sie presste sich an die Hauswand des Einfamilienhauses und runzelte die Stirn.
Worauf hat Xenia geschossen?! Was hat das zu bedeuten? Was geschieht hier?!
Vorsichtig tastete sie sich an der Wand entlang. Sie regulierte ihren Atem und hob die Waffe auf Brusthöhe an. Als sie die Ecke erreichte, von der Xenia vorhin auf sie geschossen hatte, hielt sie inne. Sie lockerte die Finger und sammelte ihre volle Konzentration. Dann schielte sie in die Gasse hinein.
Diese war zehn Meter lang. Auf der rechten Seite wurde sie vollständig von der Westwand des Nachbarhauses begrenzt. An dieser hing eine Lampe, die ausreichend Licht spendete. Auf der linken Seite führte das Einfamilienhaus bis zur Hälfte der Gasse. Dahinter erstreckte sich eine Garage bis zum Ende. Eine Backsteinmauer reichte von dort bis hinüber zum Nachbarhaus. Dort lag Xenia am Boden. Still. Reglos. Eine Blutlache bildete sich um ihren Kopf.
Sie ist auf ihrer Flucht erneut in eine Sackgasse geraten!
Nora konnte es nicht fassen. Tatsächlich hatte es für Xenia keine Möglichkeit gegeben, aus der Gasse zu fliehen. Die Häuserwände, die Backsteinmauer und die Garage ragten allesamt zu hoch in die Luft, als dass die Studentin über eines dieser Hindernisse hätte klettern können.
Dennoch hätte Nora niemals damit gerechnet, dass Xenia in dieser Situation den letzten Ausweg wählen würde: Suizid.
Argwöhnisch trat sie nun vor. Sie zielte mit ihrer Pistole konsequent auf Xenia, während sie sich ihr näherte. Ist sie wirklich tot? Oder ist das nur ein Trick von ihr? Hat sie Kunstblut um sich herum verteilt, um mich lediglich glauben zu lassen, dass sie sich selbst erschossen hat?
Die wildesten Gedanken strömten durch Noras Kopf, während sie sich Xenia näherte. Doch mit jedem weiteren Meter wuchs ihre Gewissheit, dass die Studentin tatsächlich tot war. Denn die Blutlache sah nicht nur echt aus, sie wurde auch von Sekunde zu Sekunde größer.
Als Nora bis auf zwei Meter an Xenia herangeschlichen war, ließ sie ihre Waffe schließlich sinken. Sie erkannte, dass die Studentin sich definitiv eine Kugel durch das Gehirn gejagt hatte.
Das traurige Ende einer blutigen Mordserie.
Nora wollte noch immer nicht wahrhaben, dass Xenia tatsächlich wieder in eine
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