'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Couch setzte und die Beine mit der arroganten Eleganz einer Diva überkreuzte. Hingegen war ihr Blick derjenige einer störrischen Jugendlichen, die allein schon wegen der Anwesenheit der Erwachsenen genervt war.
„Bist du eng mit Gabriella befreundet?“, fragte Nora vorsichtig.
„Geht so. Warum?“
„Nun, es tut uns leid, dir das mitteilen zu müssen, aber Gabriella ist ermordet worden.“
„Was?“ Jasmin riss die Hände vor den Mund.
„Um Gottes Willen, wie fürchterlich.“ Anna fiel geplättet in die Couch zurück. „Ein Mädchen aus Jasmins Klasse wurde ermordet?!“
„Ich fürchte, so ist es.“
„Aber das kann nicht sein! Ich habe Gabriella doch noch auf der Feier gesehen!“, rief Jassi atemlos. Der Schock stand ihr metertief ins Make-up geschrieben.
„Wir können uns vorstellen, wie sehr dich diese Nachricht mitnimmt, Jasmin“, schaltete Tommy sich im sanften Tonfall ein. „Trotzdem müssen wir dir einige Fragen zu der Feier stellen, die du gerade erwähnt hast.“
Jassi atmete tief durch. „Was möchten Sie denn wissen? Wie kann ich Ihnen helfen?“
Tommy zog seinen Notizblock hervor. „Als Erstes würden wir gerne erfahren, wann du Gabriella auf der Party zuletzt gesehen hast.“
„Ich weiß es nicht genau. Um kurz nach neun, würde ich schätzen.“
„Welchen Eindruck hattest du zu diesem Zeitpunkt von ihr? Wirkte sie anders als sonst? Nervöser oder angespannter? Oder hat sie im Lauf des Abends vielleicht etwas Merkwürdiges von sich gegeben?“
„Ich glaube nicht“, entgegnete Jasmin nach einiger Zeit, ehe sie unweigerlich zu weinen begann. Im nächsten Moment lehnte sie sich an die Schulter ihrer Mutter, die sie liebevoll in den Arm schloss. Es wirkte wie eine Schutzgeste, die Jasmin in dieser Situation dringend benötigte. Daran erkannte Nora, dass die Schülerin sich zwar äußerlich durch das Auftragen von Make-up wie eine Frau zu präsentieren versuchte, innerlich jedoch noch ein kleines Mädchen war. Sie verlangte intensiv nach Sicherheit und Geborgenheit. Mit den Grausamkeiten dieser Welt hatte sie noch keine Erfahrungen gemacht.
Geduldig wartete Tommy, bis die Schülerin sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Dann tastete er sich vor: „Es wäre uns wirklich eine große Hilfe, wenn du uns schildern könntest, was auf der Feier geschehen ist.“
Jassi nickte. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen und nuschelte: „In Ordnung. Ich werde versuchen, mich zu erinnern. Aber ich weiß wirklich nicht, ob ich Ihnen weiterhelfen kann.“
„Das kannst du bestimmt. Lass dir alle Zeit der Welt.“
„Na gut. Ich probiere es. Also … also, das war so“, verkündete Jassi mit bebender Stimme und rief sich den Abend der Feier ins Gedächtnis zurück …
19
… Die Uhr am Armaturenbrett des roten Opels stand am Freitagabend auf zehn vor neun, als Jasmin zappelig auf dem Beifahrersitz herumrutschte und meinte: „Ich bin megagespannt, ob Christian auch kommt.“
Julia stöhnte. „Ich glaube nicht, dass der Kerl auftaucht. Ehrlich gesagt will ich den auch gar nicht dabei haben. Der nervt nur. Labert dauernd von seinen dämlichen Schildkröten aus Malaysia. Der ist extrem komisch.“
„Stimmt, aber auch voll süß“, verteidigte Jassi ihren Mitschüler.
Bill verdrehte amüsiert die Augen. Auch wenn er sich vorrangig auf den Straßenverlauf konzentrierte, der im Halbdunkeln vor ihm lag, nahm er die Konversation seiner Fahrgäste mit einem halben Ohr wahr. Dadurch wurde er postwendend an seine eigene Jugendzeit und all die Gespräche erinnert, die er damals mit seinen Kumpels geführt hatte. Er musste sich eingestehen, dass diese Diskussionen sich auch meistens um das andere Geschlecht gedreht hatten. Und obgleich es für ihn rückblickend eine schöne Zeit war, die er unter keinen Umständen missen wollte, freute es ihn insgeheim doch diebisch, diesem schwierigen Alter entkommen zu sein: Pubertät - Liebeskummer, Pickel, Selbstfindung. Diese Phase innerer Verwirrung und äußerlicher Verwandlung musste er beim besten Willen nicht noch einmal durchleben.
Während er nun auf dem Weg zur Klassenfeier der Mädchen ein Schlagloch umfuhr, drehte Jasmin sich auf dem Beifahrersitz nach hinten um. Auf diese Weise konnte sie sich besser mit Julia unterhalten, die im Fond des Wagens saß. „Hast du eigentlich schon mitbekommen, dass Björn und Heike jetzt zusammen sind?“
„Was?! Nein, wie kommt’s?“
„Also, das war so: Tina hörte, dass Andreas meinte, Laura
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