'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)
Tommy.
„Soll das heißen, dass Stefan nun nicht mehr als Mörder der drei Mädchen in Frage kommt, weil er ebenfalls ermordet wurde?“
Thomas überlegte. An diese Variante hatte er noch nicht gedacht. „Du hast recht. Stefan könnte die Mädchen umgebracht haben, bevor er selbst von einer weiteren Person ermordet wurde.“
„Möglich wäre es. Er bringt Gabriella um, will dann vom Tatort verschwinden und wird auf seiner Flucht von jemandem überrascht. Vielleicht von einem Zeugen seines Mordes. Diese Person wollte ihn aufhalten, wobei es zu einem Kampf kam, den Stefan mit seinem Leben bezahlte. Folglich hätten wir es mit zwei Mördern zu tun.“ Nora hielt kurz inne, schüttelte dann aber den Kopf. „Doch das kann nicht sein, denn in diesem Fall hätten unsere Kollegen Stefans Leiche direkt am Samstagmorgen im Wald finden müssen.“
„Genau“, nickte Tommy. „So kann es nicht gewesen sein.“
„Aber wie wäre es denn mit dieser Variante: Stefan brachte Gabriella am Freitagabend im Wald um. Er wurde dabei von einer Person beobachtet, die ihn anschließend erpresst hat. Entweder unmittelbar nach der Tat oder erst etwas später.“
„Nun, das wäre durchaus denkbar. Später wollte dieser Zeuge sich dann mit Stefan treffen, wobei es zum tödlichen Kampf kam.“
„Oder wir haben es doch nur mit einem Unbekannten zu tun, der sowohl Gabriella als auch Stefan im Wald ermordet hat.“
„Und wohin hatte dieser Jemand dann Stefans Leiche gebracht? Und wieso hätte er den Studenten jetzt wieder in den Wald zurückbringen sollen?“
Da Nora aus purer Ratlosigkeit nicht antwortete, fuhr Thomas fort: „Am besten warten wir Professor Horns Ergebnisse ab. Er müsste sich jeden Augenblick melden. Vorher bleibt jede Theorie nur vage Spekulation.“ Er fuhr sich über seine verschwitzte Stirn. „Dorm und Vielbusch haben vorhin übrigens Stefans Studentenbude durchsucht. Dort sah jedoch alles ganz normal aus. Weder konnten sie ein scharfes Messer noch ein Körperteil der ermordeten Mädchen finden. Allerdings könnte Stefan diese Sachen natürlich woanders versteckt haben.“
Nora wollte gerade etwas erwidern, da schallte das Klingeln des Telefons durch den Raum. Tommy griff zum Hörer und fragte ungeduldig: „Ja? Professor Horn?“
„Gut geraten, Scarface“, raunte der Gerichtsmediziner mit seiner kristallklaren Stimme. „Ich wollte nur kurz Bescheid geben, dass ich die Obduktion von Stefan Peters soeben abgeschlossen habe.“
„Konnten Sie etwas Wichtiges herausfinden?“
„Nun, die interessanteste Entdeckung ist sicherlich die Erde.“
Thomas zögerte. „Wie bitte? Von welcher Erde sprechen Sie?“
48
Julia hatte es geschafft. Sie war sowohl ihre Hand- als auch ihre Fußfesseln los. Und obwohl sie eben ganz deutlich männliche Schritte in der Nähe gehört hatte, waren diese plötzlich wieder verstummt. Es herrschte Ruhe. Kein einziger Ton drang an ihre Ohren.
Deshalb beförderte sie sich nun mutig von der Matratze und hoffte, dass sie in der Lage war, aufrecht zu stehen. Doch wie sie befürchtet hatte, zwang sie ein heftiger Schwindelanfall postwendend zurück auf die Matratze.
Beruhige dich, Mädel! Du schaffst das!
Nachdem sie eine knappe Minute gewartet hatte, probierte sie einen zweiten Anlauf. Erneut drehte sich alles um sie. Erneut wankte sie. Aber bei diesem Versuch blieb sie aufrecht stehen. Ihr Wille besiegte das tückische Schwindelgefühl.
Taumelnd positionierte sie einen Fuß vor den anderen und tastete sich langsam voran in Richtung Holztür. Als sie davor stand, schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel: L ass diese Tür bitte nicht verschlossen sein! Bitte, bitte!
Sie griff zur Klinke und drückte sie mit einem Ruck hinab.
Die Tür war nicht verschlossen.
Julia konnte ihr Glück kaum fassen. Sie zog die Tür voller Freude auf, wich aber umgehend vor gleißendem Licht zurück. Enorme Helligkeit zwang sie dazu, ihre Lider zu schließen.
Sicherlich würde es noch eine ganze Weile dauern, bis ihre Augen sich vollständig an die wechselnden Lichtverhältnisse gewöhnt hätten. Aber ihr war bewusst, dass sie sich derzeit auf dem Präsentierteller befand. Daher riss sie jetzt beide Augen auf, hielt sich ihre rechte Hand als Sichtschutz über die Brauen und schaute umher.
Ein weiterer kahler Raum umgab sie: Eine weiße Decke, ein dreckiger Betonboden und beigefarbene Wände. Vor ihr lagen einige Holzbretter neben mehreren Abdeckplanen. Nirgends war jemand zu sehen. Zu ihrer Linken
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