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'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition)

Titel: 'Rache'-Box: Rachezug, Rachegier und Rachetrieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Linnemann
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führte eine Wandöffnung in einen dritten Raum, der ebenfalls weder einen Teppich noch Tapeten aufwies. Aber wenigstens wurde dieses Zimmer von Sonnenlicht durchflutet.
    Julia begab sich zur Wandöffnung und lugte um die Ecke. Erneut sah sie keine Menschenseele. Sie entdeckte lediglich mehrere Fensterrahmen, in die kein Glas eingelassen war.
    Dort! Luft! Himmel! Freiheit!
    Erleichtert rannte sie los.
    Noch zwei Meter, ein Meter, und … Stopp!
    Die Schülerin hielt inne. War dies womöglich nur Teil seines Plans? Wollte der Mörder sie genau dort haben, um ihr anschließend die Finger um den Hals zu legen? Julia durfte sich von der greifbaren Freiheit nicht täuschen lassen. Vielmehr musste sie alle noch so abwegigen Eventualitäten bedenken, bevor sie sich getrost ihrer Freude hingab.
    Der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, drehte sich um Überwachungskameras. Hatte das Schwein welche in diesem Gemäuer installiert? Beobachtete er sie und rieb sich schon die Hände, weil sie so naiv in seine Falle getappt war? Ihr Blick flog durch alle Ecken des Raumes. Aber sie konnte keine Kameras ausmachen.
    Zwar riet ihr eine innere Stimme weiterhin zu größter Vorsicht, doch dazu sah sie sich fortan nicht mehr in der Lage. Sie brauchte Luft, Wasser, Nahrung. Sofort.
    Soll es doch eine Falle sein! Es ist wahrscheinlich meine einzige Chance!
    Julia preschte los. Nach wenigen Sekunden erreichte sie die erste Fensteröffnung und sog die klare Luft von draußen in ihre Lungen ein. Dabei dankte sie dem Herrn für dieses Zeichen Seiner Erbarmung und blickte befreit hinaus. Sie befand sich in einem höher gelegenen Stockwerk eines grauen Gebäudes. Zwanzig Meter unter ihr erstreckte sich eine unebene Fläche. Abgebrochene Zäune, morsche Holzscheite und haufenweise Müll lagen weit verbreitet herum. In einiger Entfernung sah sie eine Grasebene, auf dem ein mehrstöckiges Gebäude stand. Aber nirgendwo entdeckte sie eine Menschenseele. Es war so ruhig, dass sie eine Stecknadel hätte fallen hören können.
    Das alles kam Julia erschreckend surreal vor. Es wirkte so trügerisch, dass sie glaubte, noch immer in einem Albtraum gefangen zu sein. Kannte sie diesen verlassenen Ort? Kam er ihr irgendwie bekannt vor? Sie überlegte kurz. Doch nein - sie war niemals zuvor hier gewesen. Ganz sicher nicht.
    Bedächtig schritt sie auf die nächste Wandöffnung zu. Als sie vorsichtig um die Ecke lugte, entdeckte sie eine Holztreppe, die sowohl nach unten als auch nach oben führte.
    Julia fackelte nicht lange. Sie lief zum Anfang derjenigen Stufen, über die sie nach unten gelangen konnte, und unterzog diese einer genauen Untersuchung. Dabei realisierte sie, dass die Treppe aus äußerst labilem Holz gebaut war. Wie alt sie sein mochte, vermochte Julia ebenso wenig abzuschätzen wie die Frage, ob die Stufen ihr Gewicht tragen konnten.
    Sie beugte sich vor. Dabei bemerkte sie, dass es in dem gesamten Treppenhaus kein Geländer gab, an dem sie sich sicher hätte entlangtasten können.Ein Sturz in die Tiefe bräche ihr zweifellos das Genick.
    Gibt es denn keinen anderen Weg nach unten?
    Hoffnungsvoll suchte Julia das Gemäuer auf ihrer Etage ab. Sie wütete durch sechs Räume unterschiedlicher Größe - nur um enttäuscht festzustellen, dass ihre Bemühung umsonst gewesen war. Ihr bot sich kein anderer Ausweg. Die Treppe stellte die einzige Fluchtmöglichkeit dar. Und ausgerechnet dieser Weg konnte ihr bei einem Fehltritt das Leben kosten.
    Ironie des Schicksals , dachte sie mit einem Anflug von Galgenhumor. Doch gleichzeitig kam ihr ein schlüssiger Gedanke: Wenn mein Entführer mich über diese Treppe hinaufschleppen konnte, dann müsste ich alleine erst recht auf den Stufen gehen können.
    Von dieser Überlegung angespornt, tastete sie die oberste Treppenstufe mit ihrem rechten Fuß ab. Es knackte. Die Stufe schien zu wackeln, zu brechen. Daher wich die Schülerin prompt zurück, kniff ihre Augen zusammen und hielt die Luft an. Als sie die Holzstufe kurz darauf erneut mit dem Fuß berührte, knackte es wieder. Diesmal noch beängstigender.
    Sie hält mich nicht. Sie wird einstürzen. Und ich mit ihr! Aber welche Wahl bleibt mir?
    Trotz ihrer Befürchtung hob die Schülerin das zweite Bein an. Sie zog es wankend nach vorne und hob die Arme vor das Gesicht.
    Doch schließlich stand sie mit ihrem ganzen Körpergewicht auf der Stufe. Und sie hielt. Es knackte und knarrte, aber die Stufe hielt dem Druck stand. Die Frage war nur, wie lange

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