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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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waren von einem Blutrausch ergriffen, der dem auf Svartey in nichts nachstand. Die Männer rannten herum und töteten. Es wurde nicht geplündert, nicht vergewaltigt– nur getötet.
    Ich ging umher wie im Traum. Uddolf rannte mir über den Weg und jagte einen vor Angst bibbernden Jungen gegen eine Wand, wo er ihn mit seinem Speer durchbohrte, so heftig, dass er abbrach und der aufgespießte Junge schrie und sich krümmte wie ein Wurm am Haken. Uddolf, der immer noch raste, schlug mit dem abgebrochenen Schaft das Gesicht des Jungen blutig.
    Ospak stieß eine junge Frau fort, die sich vor ihm auf die Knie geworfen hatte und seine Beine umklammerte, dann spaltete er ihren Kopf mit zwei Hieben.
    Die Christenhalle war dunkel und still, und ich ließ mich erschöpft gegen die bemalte Wand fallen. Die Stille hier war eine Wohltat. Langsam gewöhnten sich meine Augen an das Licht. Unter dem Kreuz mit dem gemarterten Gott stand mit gespreizten Beinen, keuchend und mit gesenktem Kopf der rote Njal, wie ein brünstiger Bulle. Zu seinen Füßen lag Blauhut, den ich nicht erkannt hätte, wenn er nicht seinen Hut aufgehabt hätte, denn der rote Njal war nicht zimperlich mit ihm umgegangen.
    » Hlenni…«
    Ich folgte seinem Blick und sah die Leiche, seltsam, so ohne den Kopf, aber ordentlich in Leintücher gewickelt. In der Nähe war ein toter Mönch mit Tonsur, der kniend im Gebet getötet worden war. Wie es schien, hatten sie Hlennis Wunden doch verbunden, wenn auch etwas spät.
    Es war zu spät. Zu spät für alles. Erschöpfte Männer mit trüben Augen stolperten umher, zu müde, um noch weiterzutöten, aber es war egal, denn jetzt waren sowieso alle Bewohner tot. Nein, das stimmte nicht ganz. Nicht nur die Bewohner waren tot. Auch die Hunde und Ziegen und Hühner. Alles.
    Ich fand mich in einer langen Halle wieder, vielleicht ein Versammlungsraum, denn hier hatten die Stammesführer keinen Hof. Und doch war es einem Hof so ähnlich, dass es eine Flut von Erinnerungen zurückbrachte, die ich mit offenen Armen willkommen hieß, weil sie mich von dem ablenkte, was draußen geschehen war.
    Es gab eine Feuerstelle, zwar war sie jetzt kalt, aber der Geruch von Asche und Holz brachte Bilder von Hestreng zurück, ein Hestreng, ehe es niedergebrannt war. Dies war die Jahreszeit, wo der Saft in den Bäumen aufstieg und die Sonne wiederkam, sodass man Pelze und Bettzeug hinaushängen konnte, um Läuse und Flöhe zu vertreiben. Die Männer arbeiteten nackt bis zur Hüfte, obwohl es fast noch zu kühl war. Es gab genug zu essen, aber meist war das Bier schon verbraucht, sodass es nur wenige Schlägereien gab.
    Der Sommer war die magere Zeit zwischen den Ernten, wo die Unglücklichen Gras aßen und verhungern konnten, obwohl die Sonne vom Himmel strömte wie Honig.
    Schafe und Ziegen wurden auf die höher gelegenen Weiden getrieben, bis auf die, die für die Pferde reserviert waren. Schafe und Ziegen fraßen das Gras bis auf den Boden ab und ließen nichts übrig– aber sie gaben uns Wolle für Vadmaltuch und Milch für Käse. Dies war auch die Zeit, wenn Skyr gemacht wurde, angedickte Molke, weiß wie die Haut eines jungen Mädchens und ein großer Genuss.
    Aber Hestreng lag jetzt in Schutt und Asche. Mit etwas Glück war inzwischen eine neue Halle gebaut, in der alle unterkamen, aus neuem, würzig duftendem Holz, aber für Skyr war bestimmt noch keine Zeit, auch gab es nur wenig Bettzeug zum Lüften.
    Der Lärm draußen riss mich zurück in diese fremde, kalte Halle. Jemand kam hereingeplatzt, sah mich und verließ fluchtartig den Raum. Ich stand auf, aber meine Beine fühlten sich an wie aus Holz. Aber ich musste mich aufrappeln und zu ihnen gehen, ehe sich die Geschichte herumsprach, dass Orm– der Töter des weißen Bären, der Anführer der ruhmvollen Eingeschworenen, der Töter von Drachenwürmern, Bezwinger von Steppenungeheuern, die halb Frau, halb Pferd waren– allein am erloschenen Feuer saß und alle Kraft aufbieten musste, um nicht loszuheulen.
    Draußen hatten die, die noch die nötige Kraft hatten, angefangen zu plündern. Sie bewegten sich langsam, als sei die Luft dick wie Honig. Ich stieg über die Leichen, und der blutige Schlamm schmatzte an den Stiefeln und machte das Gehen mühsam.
    Nur einmal blieb ich stehen, als ich über eine Leiche steigen wollte. Ein Kind, mit dicken Ärmchen und Beinen und blondem Haar, das jetzt von Blut verklebt war. Der kleine rote Mund, der Hlenni Brimill angelacht hatte, war schlaff,

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