Rache: Die Eingeschworenen 4
als Styrbjörn langsam zu sich kam. Die Erkenntnis, wo er sich befand, schlug wie eine Welle über ihm zusammen.
» Ich dachte, es ist alles nur ein böser Traum«, jammerte er.
» Wenn es einer ist, dann halte mich gefälligst da raus«, sagte der rote Njal.
» Es ist kein Traum«, sagte ich streng. » Was hast du mit Pall gemacht?«
Styrbjörn bewegte sich mühsam, rollte sich auf die andere Seite und setzte sich langsam auf, wie ein Betrunkener, der nach einem Gelage wieder nüchtern wird. Er berührte die Beule am Kopf und zuckte zusammen.
» Pall hat sich sofort zu seinen drei Freunden aufgemacht«, erklärte er. » Wir haben einfach nach der billigsten und lautesten Schenke in der Stadt Ausschau gehalten, und dort waren sie tatsächlich, nachdem sie Palligs Auftrag erfüllt und Kasperick alles über uns erzählt hatten. Pall erzählte ihnen von dem Masurenmädchen und welchen Wert es hatte. Er sagte, wir sollten Kasperick auch davon erzählen, er würde uns bestimmt dafür belohnen.«
» Ich sagte doch, dass er eine Ratte ist, und dass es keine gute Idee war, ihn freizulassen. Und du bist mit ihnen gegangen«, brummte Finn vielsagend. Styrbjörn hielt sich den Kopf und stöhnte.
» Ja. Na ja, ich war dort aber nicht sehr willkommen, denn sie gaben mir für alles Mögliche die Schuld, besonders dieser Bjarki– ein blöder Name übrigens für einen erwachsenen Mann, findet ihr nicht?«
Keiner widersprach, sodass er sich weiter aufsetzte und dann misstrauisch an den feuchten Stellen schnupperte.
» Die anderen drei gingen los und sagten, Pall und ich sollten auf das Schiff aufpassen… Womit hast du mich gerade begossen, Finn Rosskopf?«
» Ein Heilwasser«, sagte ich kurz. Ich wollte, dass er bei der Sache blieb. » Und weiter?«
Er setzte sich etwas bequemer hin und schloss die Augen. Ich wusste, wie man sich fühlt, wenn man einen Schlag auf den Kopf bekommen hat, und fast tat er mir leid. Fast.
» Dann warteten wir eine Weile im Regen«, fuhr Styrbjörn nach kurzer Pause fort. » Wir sahen, wie die Mannschaft zurückkam, nicht alle zusammen, sondern einzeln und zu zweit, und sie schienen guter Dinge zu sein, bis sie an Bord waren. Dann sagte Pall, das Schiff sei bereit zur Abfahrt, was allen auch klar war. Er sagte, er wolle jetzt nur noch Bjarki warnen, dass ihm der Preis durch die Lappen gehe.«
Er unterbrach sich und schnupperte wieder.
» Das ist Pisse«, sagte er anklagend.
» Und weiter?«, fuhr ich ihn an, und er hob eine Augenbraue, was ihm aber Schmerzen verursachte. Jetzt tat er mir nicht mehr leid.
» Ich hielt es für das Beste, ihn daran zu hindern«, sagte er. » Also schnitt ich ihm die Kehle durch und warf ihn in den Fluss.«
» Heya«, knurrte Finn bewundernd, und Styrbjörn grinste. Ich sah den Jungen mit ganz neuem Respekt an. Er hatte also beschlossen, uns zu helfen und, ohne mit der Wimper zu zucken, einen Mann getötet– aber andererseits war es auch ein heimtückischer Mord.
Da wurde mir plötzlich klar, dass es das war, was Styrbjörn zum Helden fehlte, zum König, der er sein wollte. Er war fähig, zu töten, aber er tat es lieber heimlich, als dass er einen Mann zu einem gerechten Kampf herausforderte. Selbst als er mich rettete, war er meinem Feind in den Rücken gefallen. Doch als er Pall umbrachte, hatte er es nicht heimlich genug gemacht, denn man hatte ihn ja gefasst.
» Ja«, gab er reumütig zu, als ich ihn daran erinnerte. » Ich wollte aufs Schiff, denn das war jetzt der sicherste Ort für mich, nachdem ich das kleine Arschloch ins Wasser geschmissen hatte, als plötzlich Bjarki und die anderen mit ein paar Bewaffneten ankamen. Sie packten mich, und Bjarki fragte, wo Pall sei, und so kam alles ganz schnell heraus.«
Er schwieg trotzig.
» Wenn sie sich nicht so lange mit mir hätten beschäftigen müssen«, fügte er hinzu, » wäre das Schiff bestimmt nicht so schnell davongekommen.«
Ich ließ ihn in dem Glauben, selbst wenn ich daran zweifelte. Das half uns jetzt sowieso nicht weiter, wie ich Finn zuflüsterte, nachdem ich ihn etwas auf die Seite gezogen hatte.
» Stimmt«, sagte er, dann grinste er. » Aber trotzdem könnte es auch jetzt für uns einen Weg aus diesem Käfig geben. Am besten ist es, wir warten, bis es dunkel ist. Es ist auch besser, ich behalte es vorläufig noch für mich, falls Kasperick ungeduldig wird und es ihn nach Spießbraten und Verhör gelüstet.«
Die Tatsache, dass er schon einen Plan hatte und ich nicht, machte mir zu
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