Rache: Die Eingeschworenen 4
machte eine müde Bewegung, dann hörte er auf, dem Mann den Schweiß abzuwischen.
» Eines Tages«, sagte er langsam, » wird es dir vielleicht helfen, das herauszufinden.«
Wieder breitete sich dieses kalte Lächeln auf seinem Gesicht aus. » Aber im Moment ist das alles nicht so wichtig«, sagte er, wobei er den matten, schweißnassen Arm des Mannes anhob. » Dieser hier heißt Tub, glaube ich. Er nässt schon ziemlich, und ich glaube, er ist der Erste. Vielleicht geht niemand ohne Gottes Gnade heim.«
Ich starrte auf die verräterischen Eiterpusteln, die sich auf Arm und Hals des Mannes ausbreiteten, und als ich ging, hörte ich Bjaelfi laut fluchen.
Am nächsten Morgen standen unsere Feinde vor den Toren.
Es gab keinen ausgeklügelten Plan. Czcibor benutzte seine Fußsoldaten als Keule. Sie kamen in Scharen auf dem schmalen, erhöhten Fußweg an, und als sie den Wall und die Palisaden erreicht hatten, schwärmten sie aus und legten ihre improvisierten Leitern an.
Wir hatten einen guten Bogen, nämlich Kuritsas, dazu ein paar Jagdbogen, die wir gefunden hatten, aber die Reiter waren abgestiegen und schickten ganze Schwärme von Pfeilen herüber, sodass wir uns ducken mussten. Wir konnten nicht viel mehr tun, als aus dem Schutz heraus mit großen Steinen zu werfen.
Als die polanischen Fußsoldaten in ihren fleckigen Tuniken den oberen Rand der Palisaden erreicht hatten, mussten ihre Bogenschützen aufhören zu schießen. Jetzt war unser Moment gekommen, und wir fingen an, sie abzuschlachten.
An diesem ersten Morgen stürzte ich mich mitten hinein ins Gemetzel, mir war übel und ich schrie vor Angst, überzeugt, dass Odin mich jetzt holen würde, wenn es nur recht schnell ginge.
Dem ersten Mann, der mit offenem Mund keuchend auftauchte, trat ich gegen den Kopf, sodass er aufschrie und nach hinten stürzte. Ich schlug die Leiter durch, hakte den Bart meiner Axt hinter die obere Sprosse und rannte los, wobei ich meine eigenen Leute zur Seite stieß und die Leiter seitwärts mitzerrte, sodass ich weitere Angreifer damit umriss.
Ein paar weiteren war es gelungen, auf den Wall zu klettern, und ich ging dazwischen und musste einen Hieb auf den Schaft meiner Axt hinnehmen, dort, wo das Holz durch Metallstreifen verstärkt war. Mit ein und derselben Bewegung riss ich jetzt die Axt hoch und erfasste gleichzeitig die Rippen des Mannes, sodass sie zersplitterten und seine Lunge zum Vorschein kam, worauf er nach Luft schnappend zusammenbrach.
Ein anderer kam auf mich zu und schwang seinen Speer mit beiden Händen, also drehte ich meine Axt um und versetzte ihm einen Schlag mit dem Schaft, dabei hielt ich sie mit der linken Hand dicht unter dem Kopf. Dann ergriff ich mit der freien Hand den Speer, schob ihn zur Seite und schnitt ihm mit der Klinge der Axt die Kehle durch.
Blut spritzte auf, schwarz und mit dem Geruch nach heißem Eisen. Im Fallen riss er mich noch ein Stück mit, sodass ich stolperte. Etwas traf auf meinen Helm, in meinem Kopf explodierte es, und ich sah ein großes, weißes Licht und spürte, wie Holzsplitter vom Steg in meine Knie drangen.
Ich hörte jemanden laut fluchen, und eine Hand zog mich weg, und als ich wieder klar sehen konnte, stand der rote Njal über mir, und von seiner Axt tropfte Blut.
» Du wirst dich mit diesen Tricks noch mal selbst umbringen«, schimpfte er, dann rannte er weiter, denn er sah, dass ich wieder auf die Beine kam.
Gemeinsam warfen wir die anstürmenden Kämpfer von den Palisaden zurück. Aber kaum war der Letzte von ihnen verschwunden, da bohrten sich auch schon zwei Pfeile ins Holz, und wir mussten in Deckung gehen, wo wir schwitzend und um Atem ringend die Pfeile hörten, die landeten wie Krähen auf einem Kadaver. Komischerweise erinnerte es mich an das Geräusch von Regen auf dem Zeltdach der Fjord Elk, doch ich wusste nicht, an welche Fjord Elk ich dachte.
» Fünf Tage«, sagte der rote Njal und spuckte aus, obwohl sein Mund zum Spucken zu trocken war. Ich dachte dasselbe– es würden fünf sehr lange Tage werden.
Der Rest sind undeutliche, zerrissene Erinnerungen, wie ein Gewebe, das von einem Wahnsinnigen zerfetzt wurde. Ich bin ziemlich sicher, dass es der Tag war, an dem wir Tubs Unterkiefer hochbanden, als wir einen so schmerzlichen Verlust hinnehmen mussten, dass wir uns kaum davon erholten.
Es war ein Angriff wie alle anderen, obwohl der Verteidigungswall jetzt tiefe Narben zeigte und die Spitzen der Holzpfähle schwarz von altem Blut waren. Sie
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