Rache: Die Eingeschworenen 4
sich hier kümmerte.
Der Mönch war auch da, er wischte einem Mann gerade den Schweiß von Hals und Brust, als ich eintrat. In einiger Entfernung saß Koll, das Schwert seines Vaters über den Knien, neben ihm hockte Yan Alf wie ein geduldiger Hund. Er warf mir einen hilflosen Blick zu und zuckte die Schultern, als wollte er sagen: Was soll ich da machen?
Als Koll mich sah, sprang er auf, und Leo drehte sich mit einem schiefen Lächeln zu mir um.
» Ich gehorche«, sagte Koll und hielt das Schwert in den ausgestreckten Armen, bis es zu schwer für ihn wurde und er es fallen lassen musste. » Siehst du? Ich habe eine Armlänge Abstand zu ihm.«
» Das hast du«, sagte ich. » Ich wollte nur sehen, ob du einen vernünftigen Schlafplatz hast.«
» Der hier ist doch vernünftig«, erwiderte er etwas unsicher, und Leo lachte, als ich Yan Alf mit einer Kopfbewegung zu verstehen gab, dass ich nicht dieser Meinung war. Er stand auf und schob den Jungen zur Tür hinaus.
» Denkst du, ich würde dem Jungen etwas Böses tun?«, fragte der Mönch. Ich war mir nicht sicher, aber zumindest wusste ich, dass er ihm auch nichts Gutes tun würde. Wenn Koll schon ein Spielstein war, dann sollte er wenigstens mir gehören. Als ich Leo das sagte, zuckte er die Schultern.
» Dann ist es also Verhandlungssache«, sagte er lächelnd. » Schließlich bist du nicht nur ein Bärentöter und Schatzsucher, sondern auch ein Händler.«
» Du hast aber nichts, womit du handeln könntest«, entgegnete ich.
» Ich habe den Jungen«, erwiderte er, worauf ich meinen Kopf auf die Seite legte und ihm sagte, da irre er sich.
» Mir scheint, du willst hier sterben«, sagte er so beiläufig, als begutachtete er den Zustand meiner Schuhe. » Was passiert dann mit deinen Leuten? Und mit dem Jungen?«
Darüber hatte ich noch nicht weiter nachgedacht, außer dass sie den Fluss hinabtreiben würden, bis sie in Sicherheit waren, und erst jetzt merkte ich, dass das zu kurz gedacht war. Leo wischte mit der einen Hand den Hals des Mannes ab, seine andere Hand lag ruhig da. Der kranke Mann atmete mühsam und rasselnd, sodass sein dicker Bauch bebte.
» Der schnellste Weg in die Sicherheit geht durch das Bulgarenland«, sagte Leo. » Ich bin dort so eine Art Gesandter des Kaisers. Und in der Großen Stadt könnte ich für die Überlebenden Hilfe organisieren.«
Er sah mich an, sein Gesicht war nicht mehr so rund wie der Mond, auch er war ziemlich abgemagert.
» Ich könnte dafür sorgen, dass der Junge aus der Großen Stadt wieder zu seinem Vater kommt.«
» Aber zu welchem Preis!«, fuhr ich ihn bitter an. Leo machte eine Bewegung mit der freien Hand, dann ließ er sie wieder auf seinen Oberschenkel fallen.
» Was kümmert es dich– du bist doch dann tot!«, sagte er schroff, und ich hörte, wie Bjaelfi unwillig knurrte.
» Ich werde den Jungen unversehrt seinem Vater übergeben«, fuhr er fort. » Und ich werde Jarl Brand auch sagen, dass du dafür gesorgt und damit dein Versprechen gehalten hast– wenn es darum geht. Ich weiß ja, wie wichtig euch diese Versprechen sind. Sollte es noch weitere Absprachen geben– na und? Auf jeden Fall wäre der Junge in Sicherheit und dein guter Ruf gerettet.«
Das Letzte sagte er so spöttisch, als bedeutete ihm das alles nichts– und da er es mit den Sitten und Gepflogenheiten der Großen Stadt hielt, war das wohl auch der Fall. Und trotzdem war an der Sache etwas dran, und als ich nicht gleich antwortete, wusste er, dass er mich geködert hatte.
» Und was wäre dein Preis?«, fragte ich, und wieder bewegte er lässig seine freie Hand.
» Wenig genug. Nur die Freiheit, zu gehen, wohin ich will. Wenn es so weit ist, sage deinen Männern, dass sie mir vertrauen sollen und ich sie führe, damit sie im Gegenzug mir und dem Jungen helfen.«
Ich dachte darüber nach.
» Natürlich«, fügte er hinzu, » bedeutet das auch, dass du deinen Plan nicht ausführen und mich töten kannst, sobald unsere Feinde das Tor aufbrechen.«
Er sah mich mit einem spöttischen Lächeln an. » Denn das hattest du doch geplant, oder?«
Nun, nicht ganz. Ich hatte vorgehabt, ihn zu fesseln und den Polanen zu überlassen, damit sie ihn für den Mord an Jasna und die Bedrohung von Königin Sigrid pfählen könnten. Befriedigt sah ich, wie er schluckte; und fast konnte ich spüren, wie sich allein bei dieser Vorstellung sein Arsch zusammenzog.
» Wie hast du diesen Mord begangen?«, fragte ich. Er erholte sich schnell wieder und
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