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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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stiegen inzwischen über ihre eigenen Toten, stellten immer wieder ihre Leitern an und wiederholten die immer gleiche Prozedur– es fühlte sich an wie seit Jahren.
    Und wir standen da, die letzten drei der alten Waffenbrüder, wir kämpften und rutschten und schwitzten und fluchten, während Uddolf und Kaelbjörn Rog und die anderen etwas weiter entfernt ihre eigenen Kämpfe ausfochten, denn inzwischen war unsere Verteidigungslinie nur noch ein grobmaschiges Netz.
    Der rote Njal schob sich hinter seinen Schild, tat einen tiefen und müden Seufzer und schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt.
    » Fürchte die Rache derer, denen du unrecht getan hast«, murmelte er, während er ein paar Schritte nach vorn ging. » Das sagte meine Großmutter, also muss es…«
    Der Speer kam aus dem Nichts, wie ein brutaler Dolchstoß, ausgeführt vom ersten Mann auf einer Leiter, den wir nicht bemerkt hatten. Er traf den roten Njal unter dem Arm, direkt in der Achselhöhle, sodass er mit einem Schmerzenslaut zurückzuckte. Die Spitze hatte Widerhaken und saß fest, und noch während wir ungläubig zu begreifen versuchten, fiel der Mann samt Leiter nach hinten um, nachdem Finn ihm den Godi in die Brust gestoßen hatte. Der rote Njal hing am Speer wie ein Fisch und wurde mit über den Zaun gezogen, ein stummes Bündel aus Metall und Leder.
    Ich war wie gelähmt, der Himmel stürzte ein, die Erde bebte unter meinen Füßen. Ich konnte mich vor Entsetzen nicht bewegen– aber Finn brüllte, und in seinem Bart hingen Speichelfäden, als er wie von Sinnen auf das Rudel Männer auf dem Pfad losging.
    Ich raffte mich auf, aber ich bewegte mich wie im Traum, voller Nebel und sehr langsam. Ich weiß, dass ich ihm zweimal den Rücken deckte und verhinderte, dass eine Klinge ihn traf, aber ich kehrte erst wieder in die Wirklichkeit zurück, als er mit wütendem Gebrüll den Kopf des letzten Mannes auf den Holzpfad aufschlug.
    » Wie heißt er?«, schrie er. Krach. Krach. » Dieser Ort hier? Wie heißt er?«
    Der Mann, dem Blut aus Mund, Nase und Ohren drang, stieß ein Wort aus, und Finn schien befriedigt, er hob ihn unter den Armen hoch und ließ ihn über den Zaun fallen.
    Wir duckten uns in den Gestank und den Windschatten der schwarzen Pfähle und starrten uns ungläubig an, während die Pfeile weiter schwirrten und sich ins Holz bohrten. Schließlich wischte Finn sich mit der blutigen Hand über den Bart.
    » Niedzie«, sagte er langsam, und mein verständnisloser Blick sagte ihm genug.
    » Der Name dieses Ortes«, erklärte er. » Ich dachte, wir sollten wenigstens wissen, wo wir sterben.«
    In dieser Nacht kletterten er, Kaelbjörn Rog und Ospak an geknoteten Seilen über die Palisaden, aber es war dunkel, und sie wagten nicht, eine Fackel anzuzünden, deshalb konnten sie den roten Njal in dem Haufen Toter auf der anderen Seite nicht finden.
    Sein Tod war das Runenzeichen, dass auch unser Ende nicht mehr weit war.
    Das Ende kam zwei Tage später, als achtzehn unserer Männer sich schweißnass auf ihrem Lager wälzten und fantasierten und weitere zwanzig tot waren, drei davon Opfer der roten Pocken. Und fast jeder hatte irgendeine Verwundung.
    Doch am schlimmsten war, dass auch Koll krank war. Am Morgen hatten sich die roten und weißen Pusteln unter seinen Armen und an den Oberschenkeln gezeigt, danach erschienen sie auf seinem weißen Gesicht. Am Abend sah er aus, als hätte jemand ihm eine Handvoll Maiskörner ins Gesicht geworfen, von denen jedes eine eiternde, stinkende Pustel war.
    Der Mönch saß bei ihm, wenn er sich nicht gerade um einen anderen Kranken kümmerte. Bjaelfi ging zwischen den Lagern umher und konnte sich vor Müdigkeit kaum aufrecht halten, hinter ihm, wie ein Schatten, Schwarzauge, die hier jemandem zu trinken gab oder dort einem Wimmernden den Schweiß abwischte.
    Die Dunkelheit stank nach Blut und Krankheit. Wir hatten uns um das Feuer versammelt, vor Dreck starrend, denn wir waren schon seit Langem viel zu erschöpft, um uns zu waschen. Meine Zöpfe waren verklebt von Blut und Schlamm, meine Kleider waren zerrissen und fleckig, aber so sahen wir alle aus.
    Wir trugen Koll ans Feuer. Niemand hatte etwas dagegen, denn es gab kein Entrinnen vor dieser Krankheit, und wenn die Nornen uns diesen roten Faden in unserem Lebensgewebe nicht ersparen konnten, dann mussten wir das wohl hinnehmen. Nur Styrbjörn verzog das Gesicht; er hielt es für besser, Abstand zu halten.
    Hinter uns brannten Fackeln auf

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