Rache: Die Eingeschworenen 4
Freund von König Eirik, und Hakon war ihm im Kampf gegen Styrbjörn als Hilfe gerade recht.
Außerdem saß auf der Gästebank zum allgemeinen Erstaunen auch noch Sven, Blauzahns Sohn, der ebenfalls gegen Styrbjörn geholfen hatte, obwohl er selbst kaum älter war als dieser verwünschte Jüngling. Auf jeden Fall jung genug, um noch kein Barthaar zu haben, das ihm später seinen berühmten Namen Gabelbart einbringen sollte. Er war hier, um seinen Papa zu ärgern, denn er wollte bei den Angelegenheiten Dänemarks mitreden, und Blauzahn hatte nicht die Absicht, ihm das zu erlauben.
Dann war da noch Krähenbein, frisch über den Stimmbruch hinweg und fast ein Mann, der Königin Sigrid mit Hundeaugen verfolgte. Diese trug ein Gewand von einem Blau, das fast schwarz wirkte und mit weißem Wolfspelz besetzt war, dazu trug sie schweren Schmuck aus Bernstein und Silber. Sie war vom Scheitel bis zur Sohle eine Königin, stolz darauf, dem König einen Sohn geschenkt zu haben, und auch reifer geworden durch die Gefahren, die sie und das Kind durchgemacht hatten. Natürlich war es ein Glück, dass ihr Mann den kleinen Olaf akzeptierte, denn eigentlich hätte es sich gehört, dass er bei der Geburt selbst dabei gewesen wäre, was bei einem König besonders wichtig war.
Es war ihr auch bewusst, welche Wirkung sie auf den jungen Mann ausübte, der Krähenbein hieß, und sie genoss es, Macht über ihn zu haben und ihn gleichzeitig wie einen kleinen Jungen mit spitzen Bemerkungen zu verspotten, wann immer sie konnte.
Ein Händler hatte einen sprechenden Vogel aus Serkland mitgebracht, ein grünes Tier mit rotem Kopf, das Hakon gekauft hatte, um damit anzugeben. Der Vogel saß geduckt da; er hatte im kalten, dunklen Norden und durch falsches Futter einen Großteil seiner Federn verloren, denn die Kinder der Sklaven hatten versucht, ihn wie eine Möwe mit Fisch zu füttern.
» Er spricht«, rief Sven, der die Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte, » aber nur in der Sprache, die man in Serkland spricht.«
Dann wandte er sich mit einem schiefen kleinen Lächeln mir zu und rief, sodass man es über die ganze Länge der Tafel hören konnte: » Orm Bärentöter, du sprichst doch diese Sprache ein wenig. Was sagt er?«
Ich begrüßte den Vogel in der Sprache der Muselmänner, und er grüßte tatsächlich zurück. Er konnte auch Sätze sagen wie: » Gott ist groß«, und: » Es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist sein Prophet«, und die Leute riefen Oh und Ah, weil sie dachten, ich könne mich tatsächlich mit dem Vogel unterhalten. Ich war ja inzwischen ziemlich berühmt, aber jetzt wuchs die Bewunderung meiner Fähigkeiten noch mehr, und nach Svens finsterem Gesicht zu urteilen hatte er das nicht beabsichtigt. Wie es schien, war Hakon ebenfalls nicht sehr erfreut, aber der hatte mich wegen meiner engen Beziehung zu Krähenbein von Anfang an nicht gemocht. Ich konnte es ihm nicht einmal verdenken, schließlich war er König von Norwegen, und nur ein paar Bänke weiter saß der Junge, der den Anspruch erhob, der rechtmäßige Prinz dieses Landes zu sein.
» Vielleicht kann der Bärentöter ja mithilfe dieses Geschenks die Rückkehr seines Pflegesohnes Koll Brandsson befehlen«, sagte er mit hämischem Grinsen. Ich nahm es zur Kenntnis, reagierte aber nicht weiter darauf und fuhr fort, den Sklaven, die sich um den Vogel kümmern sollten, zu erklären, dass er Nüsse und Beeren brauche, warm gehalten und in die Sonne gesetzt werden müsse, falls sie denn mal scheinen sollte.
Dann schließlich sah ich ihn kurz an, ignorierte aber sein Grinsen und wandte mich an König Eirik.
» Ein prächtiger Vogel«, sagte ich. » Den sieht man selten hierzulande, und umso merkwürdiger ist es, dass ausgerechnet Jarl Hakon so etwas besitzt.«
» Merkwürdig?«, fragte Eirik.
» Ja«, sagte ich nachdenklich. » Ich weiß, dass Gunhild alt ist und aus Norwegen geflohen– aber ihr Seidr ist offenbar immer noch stark genug.«
Das Grinsen auf Hakons Gesicht verschwand; jetzt wechselten dort Panik und Furcht einander ab. Verunsichert sah er erst mich an, dann den Vogel, dann wieder mich. Er hatte vor fünf Jahren Gunhild und den letzten der Söhne von König Blutaxt aus Norwegen vertrieben– jetzt waren sie auf Orkney und stifteten dort Unheil–, aber er fürchtete die Hexenmutter der Könige immer noch. Man sagte ihr nach, sie komme in der Gestalt jedes beliebigen Vogels von weit her aus dem Anderreich geflogen, um überall Pläne und
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