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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmidt
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seinen Widersachern war rein persönlicher Art – soviel habe ich jedenfalls herausbekommen. Letzten Endes war ich froh darüber, dass mein Scheibenproblem ohne Polizei und Versicherung geklärt war. Am späten Nachmittag war meine neue Frontscheibe montiert. Im Anschluss an diesen handwerklichen Eingriff goss der Handwerksmeister zwei Eimer Wasser dagegen – die Scheibe war dicht! Alles geschah auf Kosten Hasans, weil er meinte, er stünde in meiner Schuld.
    Ich düste wieder nach Neukölln zurück, um meiner Reisetasche habhaft zu werden. Als ich die Markthalle betrat, war man gerade dabei, den Hallenfußboden zu reinigen. Draußen auf dem Vorplatz lag meine zerschlissene, halb verkohlte Reisetasche. Darin polterten die Bruchstücke meiner zertrampelten, einst so wertvollen Porzellan- und Glasteile. Um die Werkhalle herum sah es wie nach einem Bombenangriff aus. Das Gebäude innen ähnelte einer Räucherkammer. Da tauchte Hasan wieder auf. Ein breites Pflaster überdeckte seine linke Augenbraue. »In vierzehn Tagen sind wir wieder in Tiergarten – bist mit von der Partie, nicht?«, sagte er und gab mir zu verstehen, dass er sich mit seinem Widersacher und Attentäter gütlich geeinigt habe und sich ein derartiges Vorkommnisse, d.h., einen stinknormalen Flohmarkt zu sabotieren, keinesfalls wiederholen würde. »Wer‘s glaubt, wird selig!«, murmelte ich vor mich hin, doch Hasan hat mein Veto nicht mitbekommen.

Ohne Netz und doppelten Boden

    So hatte ich künftig mein Leben zu meistern! Ulli Mackenrodt’s Kontakt nach Leipzig riss mehr und mehr ab, auch der Kontakt zu mir. Mit einer weiteren Festanstellung war es erst einmal aus und vorbei. Weil Ulli Mackenrodt in Roswitha Spangenberg total verschossen war, hat er sie aus dem Rotlichtmilieu befreit und sie ins Berliner Alt-Moabit geholt. Dann unternahm er den Versuch, mit ihr eine Lebensgemeinschaft zu gründen. Diese Frau, oder besser gesagt ehemalige Mutter, die ihren Sohn Konrad auf mysteriöse Art und Weise verlor, fand bei Mackenrodt Obdach, Bleibe und Trost. Das Letztere hatte sie eigentlich nicht nötig, denn Roswitha Spangenberg war durch das Milieu geschmiedet, in dem sie sich bewegte, mit dem sie umging – sie war das Übel in sich selbst und für andere. Dass Mackenrodt dieses Individuum aus dem Dreck zog, sprach wiederum für ihn. Frau Spangenberg verkaufte sich für die beste Gefährtin der Welt und versprach, die Mackenrodt’sche Wirtschaft zu führen, den künftigen Hausherrn zu bekochen und natürlich in allen Lebenslagen als echte Freundin an seiner Seite zu stehen. Mackenrodt fiel auf dieses Geschwafel rein. Er warb wieder mal einen Vertreter für die Leipziger Außenstelle an und schleuste ihn ins Geschäft, als seine rechte Hand sozusagen, aber diese rechte Hand war ziemlich linkshändig, mit Verlaub zu sagen! Der neue Mann besaß zwar eine kaufmännische Ausbildung, verstand aber von der Materie oder besser gesagt vom Antiquitätenhandel nichts. Ein weiteres Handikap war, dass er mit den Leipziger Schlitzöhrchen partout nicht zurechtkam. Der in Leipzig etablierte Antiquitäten- und Trödelhandel landete mit Karacho am nächsten Baum – der neue Vertreter war in gewissem Sinn das Ebenbild des verstorbenen Konrad Spangenberg, dessen Mutter, also Roswitha Spangenberg, die Genickbrecherin Ullis wurde. Alles begann harmlos im stinknormalen Alltag. Um so zu tun als ob, steckte sich Rosi wieder mal ihre Haare nach oben, brannte sie sich einen Glimmstängel an und pflaumte sich in einen Sessel. Kurz darauf kam Ulli mit Blumen heim und überreichte sie feierlich unter der Maßgabe, er brauchte nur in bereitgestellte Pantinen zu kriechen und sich an einen gedeckten Tisch zu setzen. Das Abendmahl befand sich natürlich noch im Supermarkt – Ulli musste mit zwei Scheiben Brot Vorlieb nehmen, auf das ranziges Gänseschmalz gestrichen war. Rosi schmiss die Blumen achtlos auf die verschmutzte Küchenspüle und bewaffnete sich großschnäuzig mit Wischeimer, Schrubber und Scheuerlappen. Sie ließ dann doch alles stehen und liegen mit der Begründung, dass sie sich in der neuen Umgebung erst einmal akklimatisieren müsse. Einige Tage später nahm sie sich nun doch vor, Ullis Dreck im häuslichen Gefilde zu bekämpfen. Dabei ist es geblieben und der Dreck blieb wo er war. Ulli Mackenrodt sah über die Allüren seiner Rosi hinweg, denn das jetzige Verhältnis zu ihr war so gut wie brandneu und noch halbwegs interessant. Er verzieh ihr, dass in ihrem

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