Rache ist lavendelblau
neuen Verehrers gewesen war. Obwohl Conradin über ein latentes Alkoholproblem verfügt und seiner Frau das Leben nicht gerade leicht gemacht hatte, war er noch immer ihr „Parademann“.
Angerbauer war ihr gegenüber gesessen, Maßanzug und Maßschuhe waren für ihn selbstverständlich. Er war nur ein klein wenig größer als Heidrun, schlank, nur trug er ein kleines, aber doch unübersehbares Bäuchlein vor sich her, das ihn als Gourmet auszeichnete. Eine dünne Haarsträhne war oftmals seinem lichten Haupthaar entglitten, der nur die Nickelbrille, die meist etwas schief auf seiner Nase saß, Einhalt geboten hatte. Die einzigen Unregelmäßigkeiten an seinem sonst so untadeligen Aussehen.
Nach einem üppigen Abendmahl waren sie in die Bar des Hauses gewechselt und Heidrun hatte bald gespürt, dass es zwischen ihnen ein wenig zu knistern begann.
„Sex möchte ich keinen mit ihm, jedenfalls heute noch nicht“, hatte sie sich vorgenommen aber gleichzeitig überlegt, wie er wohl im Bett sei. „Irgendwie sieht er viel älter als Conradin aus, das feine, graue Haar, die professorale Brille, eigentlich hab´ ich an einen Jüngeren gedacht.“ Wie wirke ich auf ihn? Sexy? Ob er scharf auf mich ist? Nein, ich kann nicht, oder doch? Schläft er mit seiner Frau oder vögelt er seine Sekretärin? Ich soll nichts mehr trinken.
„Heidrun, was ist mit dir? Woran denkst du?“ Desider war näher an sie herangerückt und hatte seinen Arm um sie gelegt. Der starke Rotwein und die Cocktails hatten sie müde gemacht und ihre Gedanken unkontrolliert zu purzeln begonnen. Ein Zustand, den sie nicht ausstehen konnte, der ihr stets Unbehagen bereitete.
„Entschuldige, ich bin müde, ich möchte ein Taxi nehmen.“
„Kommt nicht in Frage, ich bringe dich nachhause“, hatte Desider entschieden.
Heidrun war nicht wohl bei dem Gedanken gewesen, den Rest des Abends nicht alleine verbringen zu können. Sie war unsicher geworden. „Der Abend ist so schön gewesen, doch mehr?“
„Ich bringe dich noch hinauf.“
„Bitte nicht, ich möchte heute nicht, ich bin zu müde“, hatte sie ihm entgegnet und Angerbauer schien ein wenig enttäuscht, hatte er sich doch Hoffnungen auf eine Fortsetzung des schönen Abends gemacht.
„Darf ich morgen nach dir sehen?“
„Gerne, aber nicht vor sechs, ich komme morgen später aus der Schule heim.“
Die Tür - vom Hausmeister noch immer nicht repariert - war spätnachts unangenehm laut ins Schloss gefallen.
*
Heidrun erwachte mit Kopfschmerzen. Obwohl sie wusste, dass sie keinen Alkohol mehr vertrug, ließ sie sich doch hin und wieder zu einem Gläschen überreden. „Soll ich jedes Mal erklären, warum ich nicht trinken soll? Nein, das ist mir zu blöd!“, entschied sie. Die Erinnerungen an den vorhergegangenen Abend kamen plötzlich hoch, während sie die Kaffeemaschine in Betrieb nahm. Hab´ ich ihm Hoffnungen gemacht? Gar eine fixe Zusage?. Ich will einen jüngeren im Bett. Was wird Annette zu dem alten Knacker sagen? Gepflegt ist er, ist auch schon etwas, heutzutage. Ob ich noch gut aussehe? Am Abend sieht man meine Tränensäcke. Der Kaffee schmeckt schal. Conradin, muss ich ein schlechtes Gewissen haben? Nein! Du hast mich so oft beschissen!
*
Die ersten Schatten flatterten die gegenüberliegenden Häuserfronten entlang. Heidruns Terrasse lag im sanften Abendlicht.
„Ich werde mich um einige Blumentröge umsehen müssen, es ist noch so leer hier heroben“, sagte sie, wie um Nachsehen heischend.
„Heidrun, wenn du hier bist, kann es nicht leer sein.“ Desider Angerbauer beugte sich weit im Lehnstuhl vor, den sie zusammen aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse getragen hatten, griff nach Heidruns Hand und hauchte zärtlich einen Kuss darauf. Er lächelte sie liebevoll an. Den Anwalt, der auch als Notar fungierte, kannte sie seit „unendlich langer Zeit“, wie Heidrun einmal gegenüber ihren Kindern andeutete. Er hatte seinerzeit Romana beigestanden, war jetzt Heidrun beim Verkauf der Villa und beim Kauf des neuen Heimes kräftig zur Hand gegangen. „Der Angerbauer ist tüchtig und ein schlauer Fuchs“, hatte sie einmal Claus gegenüber angemerkt, „wenn du einmal Schwierigkeiten hast, greif auf ihn zurück.“
Desider nahm Heidrun das Weinglas aus der Hand, stellte es beiseite und zog sie zu sich heran. Mit einer Hand schob er ihr leichtes Wollkleid - zu warm für den lauen Abend - über ihre Knie hoch. Desider fasste gierig unter dem Kleid nach ihren Oberschenkeln. Seine Hand wanderte
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