Rache ist lavendelblau
das nur gut geht“, seufzte Annette am Nachhauseweg und Heidrun meinte nur „du bist ja skeptischer als ich.“
Die Sommernacht war lau und der Duft von Rosen lag in der Luft. Sie schlenderten über eine jener schmalen Straßen zurück, die in Villengegenden stets von üppigen Gärten hinter grünen Hecken begleitet werden. Wenige Autos standen am Straßenrand; hier verfügte man über ausreichend Garagenplätze,- auch für Gäste. Ein wartendes Taxi brummte.
„Komm noch mit auf ein Gläschen, bei meiner Schwiegertochter gab´s ja nichts Ordentliches.“
*
Die letzten Tage waren anstrengend gewesen. Heidrun hatte endlich einen Käufer für die Villa gefunden, einen englischen Geschäftsmann, der sich mit seiner Familie aus beruflichen Gründen hier niederlassen wolle. Dr. Angerbauer, der alte Vertraute, hatte die Abwicklung übernommen. Die Möbel und Wertsachen waren schon außer Haus und in Heidruns neues Heim übersiedelt. Es war ein Glückstreffer gewesen, den sie dem Anwalt und Notar zu verdanken hatte. Ein Penthouse mit herrlicher Aussicht bis zu den Alpen, großer Terrasse und zentral gelegen.
„Der Preis war ein bisserl happig, aber dafür habe ich soeben die viele Arbeit verkauft und viele Erinnerungen zurückgelassen, gute, wie böse“, meinte sie zu Annette, die sich mit Heidrun über deren neues, elegantes Heim über den Dächern der Stadt freute.
„Viel heller ist es hier als in der alten Villa, da kannst du im Wohnzimmer ein Sonnenbad nehmen.“
„Ich finde, die Bilder und Teppiche kommen hier erst richtig zur Geltung“, sagte Heidrun glückstrahlend und strich mit der Hand über einen alten Kelim, dessen warme Farben dem großen Raum schmeichelten. „Das Ochsenblutrot ist so sinnlich.“
Ob´s den Bazar in Sanandadj noch gibt? Glücklich waren wir dort, ich glaube, da haben wir Claus gezeugt, Conradin, du fehlst mir. Persepolis und dann das Zagrosgebirge. Wo habe ich den alten Kupferkessel? Mir war so übel am Weg zum Urmiasee. Das verschüttete Parfum im Koffer. Heidrun lächelte verklärt, so viele Erinnerungen, Tagträume, sie erschrak.
„Was haben deine Kinder gesagt?“
„Du glaubst es nicht, die haben sich richtig gefreut, als ich ihnen vom Verkauf der Villa erzählt habe. Anfangs hatte ich ein richtig schlechtes Gewissen. Schließlich war es viele Jahre auch ihr Zuhause gewesen, sie hatten ihre Kindheit und Jugend darin verbracht.“
„Vielleicht gerade deshalb? Sie verbinden das Haus mit Conradins Weggehen und seinem Tod“, antwortete Annette, die Heidruns anfängliche Bedenken nicht nachvollziehen konnte.
„In der nächsten Woche wollen sie vorbeikommen. Claus ist gerade in Berlin unabkömmlich, er betreut dort eine Baustelle, und Romana ist mit ihrem Freund irgendwo in der Weltgeschichte beim Golfen.“
*
Heidrun genoss ihr neues Heim, sie erfreute sich an ihren Bildern, den alten Teppichen und der kleinen, aber feinen Sammlung älterer Textilien hinter Glas, die sie an den Schlafzimmerwänden geschickt verteilt hatte. Im Vorzimmer hielt der prächtige Spiegel mit den Tropenholz- und Elfenbeinintarsien Hof, ein Mitbringsel aus Ägypten, darunter stand eine alte, chinesische Lacktruhe, die Conradin ihr zum Geschenk gemacht hatte. Der zehnte Hochzeitstag war es, Heidrun erinnerte sich genau. Im Vorraum hatte Heidrun auch den voluminösen, bauchigen Tontopf aus Ecuador platziert, der ihnen vor vielen Jahren die Ausreise aus Südamerika ziemlich erschwert hatte. Antiquität? Ausfuhrgenehmigung? Kulturgutschmuggel? Zu ihrem großen Glück hatte Conradin vorgesorgt, der Botschafter war ihnen gerade noch rechtzeitig zu Hilfe gekommen. „Ob der Topf echt ist? Oder doch eine Replik? Egal, traumhaft schön ist er allemal. Conradin hatte einen sicheren Geschmack in diesen Dingen“, sinnierte sie, seufzte und griff nach dem trockenen Lavendelgebinde, um es neu zu ordnen.
*
Desider
Desider Angerbauer war mit der Einladung zu einem gemeinsamen Abendessen vorstellig geworden.
„Wie geht es dir in deiner neuen Wohnung? Noch immer zufrieden? Heidrun, ich denke, dass das gefeiert gehört.“
Sie hatten den Abschluss des Geschäftes im Hotel „Steirischer Hof“ zelebriert, und es war ein wirklich reizender Abend geworden. „Der Mann hat Stil und Charme, auch wenn er nicht gerade ein Adonis ist.“ Heidrun verglich noch immer alle Männer mit Conradin, ihrem italienischen Schönling, der groß gewachsen, schlank, dunkelhaarig, mit graublauen Augen das Gegenteil ihres offensichtlich
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