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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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hatte bereits gespürt, dass irgendetwas sie bedrückte. Wenn er auch nur ansatzweise witterte, dass ihrem Problem unangemessene Gefühle für einen verurteilten Päderasten zugrunde lagen …
    Nein, Ike kam nicht in Frage. Elvira erst recht nicht.
    Und auch kein Kollege.
    Sie wusste nur zu gut, was ihr jeder andere Psychiater raten würde. Informieren Sie die Behörden, damit die eine offizielle Ermittlung einleiten. Das Problem dabei war nur, dass Hadda dann als Erstes wieder in Gewahrsam genommen werden würde, ungeachtet dessen, was bei der Ermittlung auf lange Sicht herauskam. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihn in der Küche in Birkstane seinen starken schwarzen Kaffee trinken, ein prasselndes Feuer im Ofen, vor dem Sneck leise schnarcht, während der Winterwind peitschenden Hagel gegen die Fensterscheiben treibt …
    Gott! Jetzt malte sie sich schon kitschige Weihnachtskartenszenarien aus! Aber sie wusste, solange sie keine besseren Gründe hatte als bislang, würde sie es nicht verantworten können, ihn von dort wegschleifen zu lassen.
    Vor nicht allzu langer Zeit hätte sie vielleicht ein inoffizielles Gespräch mit Homewood in Erwägung gezogen, aber nachdem sie bereits Bekanntschaft mit seiner aufreizend besitzergreifenden Haltung gemacht hatte, die vermutlich durch seine neue häusliche Situation ausgelöst worden war, wollte sie ihn nicht zu noch vertraulicherem Umgang ermutigen.
    Außerdem war da noch immer die nagende Frage, wieso er offenbar Dinge wusste, die er unmöglich wissen konnte. Sie hatte sich das Gespräch wieder und wieder durch den Kopf gehen lassen und glaubte nun fast, etwas ziemlich Unbedeutendes einfach nur fehlinterpretiert zu haben.
    Dann sagte eine innere Stimme: Genau wie die Merkwürdigkeiten im Schloss Ulphingstone? Ja, klar!
    Mit wem also konnte sie reden?
    Es blieb nur ein Kandidat übrig, und mit dem war sie am Nachmittag verabredet!
    Pünktlich um vier Uhr klingelte sie an Childs’ Haustür. Wie immer begrüßte er sie mit einem Entzücken, das ihr schmeichelte.
    »Dr. Ozigbo, guten Tag. Hereinspaziert, hereinspaziert«, sagte er. »Wie schön, Sie zu sehen.«
    »Sie auch, Mr Childs«, sagte sie.
    Würde sich ihr Verhältnis zueinander je zu einer salopperen Form der Anrede weiterentwickeln? Nach über zwei Jahren bezweifelte sie das, und eigentlich störte es sie auch nicht. Seine freundliche Förmlichkeit hatte etwas angenehm Altmodisches. Sie implizierte die Nähe der Gleichwertigkeit ohne die Risiken der Intimität, obwohl sie der Trennlinie zwischen beidem gefährlich nahe kommen könnte, wenn sie ihn in dieser Sache um Rat fragte.
    »Gehen wir hinauf in mein Arbeitszimmer«, sagte er. »Ich finde immer, der Aufstieg nach oben ist so angenehm appetitanregend.«
    Während sie die Treppe hochgingen, sagte er: »Und? Was macht die Arbeit? Haben Sie sich wieder gut eingefunden?«
    Sie sagte: »Ja und nein. Ehrlich gesagt, es gibt da etwas, wozu ich gern Ihren Rat hören würde, falls es Ihnen nichts ausmacht, beim Tee über meine Probleme zu reden.«
    »Sie machen mich neugierig«, sagte er. »Und ein Gefallen verdient eine Gegenleistung. Bitte sehr, da wären wir.«
    Sie hatten den oberen Flur erreicht und betraten das Arbeitszimmer. Auf seinem Schreibtisch lag ein jungfräuliches Exemplar von Seelen heilen .
    »Vielleicht wären Sie so nett, es zu signieren, während ich den Tee hole«, schlug er vor. »Danach können wir uns zusammensetzen und über Ihr Problem nachdenken.«
    »Gern«, sagte sie. »Was soll ich denn reinschreiben?«
    »Ach, irgendetwas Aufmunterndes«, sagte er unbestimmt. »Ich weiß, er wird sich riesig über eine kleine Widmung von Ihnen und über Ihre Unterstützung freuen.«
    Sie hatte wohl etwas skeptisch dreingeblickt, denn er lächelte verschmitzt und fügte hinzu: »Ich bin sicher, er wird sich auch über den dicken Scheck freuen, den ich ihm zusammen mit dem Buch überreichen werde.«
    Alva lächelte zurück und sagte: »Ich bin froh, das zu hören. Universitäten sind voller Bücher, aber Bargeld ist stets Mangelware.«
    Sie setzte sich an den Schreibtisch, während er sich entschuldigte und wieder nach unten ging.
    In einem kleinen Behälter auf dem Schreibtisch steckte ein Kugelschreiber. Sie nahm ihn, schlug das Buch auf und versuchte, sich etwas Geistreiches einfallen zu lassen.
    Sie musste an einen Satz von R. D. Laing denken: Heutzutage sind nur wenige Bücher verzeihlich . Ja, das würde sich gut machen, gefolgt von: Ich hoffe, Sie

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